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Wochen sterben wird.«

      Dr. Daniel runzelte die Stirn. »Ihr Sohn weiß von dieser Adoption?«

      Hedwig nickte. »Ich habe es ihm gesagt, als er achtzehn war.« Sie zuckte die Schultern. »Er liebt Conny, aber irgendwie hat er wohl gemerkt, daß sie nicht wirklich seine Schwester ist. Vielleicht hat er auch…« Sie winkte ab. »Das ist jetzt alles uninteressant.«

      Für Dr. Daniel war es das durchaus nicht, und er war überzeugt davon, daß er dieser Sache noch näher nachgehen würde, doch jetzt ging es in der Tat erst mal um Wichtigeres.

      »Franz Baumgartner hat nur eine Überlebenschance«, fuhr Dr. Daniel fort, »nämlich eine Knochenmarktransplantation, und der einzige Mensch, der als Spender in Frage kommt, ist seine Schwester.«

      Hedwig erschrak, dann schüttelte sie den Kopf. »Ich setzte Conny keiner Gefahr aus.«

      »Für Cornelia ist es nicht gefährlich«, versicherte Dr. Daniel. »Sie muß nur ihr Blut untersuchen lassen, damit festgestellt werden kann, ob ihr Gewebetyp dem ihres Bruders ähnlich ist. Sollte das der Fall sein, erfolgt ein kleiner Eingriff, von dem sie sich schnell wieder erholen wird. Für ihren Bruder könnte das aber ein zweites Leben bedeuten.«

      »Was ist mit Dieter?«

      Erschrocken blickten Dr. Daniel und Hedwig Krause auf. Cornelia stand in der geöffneten Tür, und es war klar, daß sie die letzten Worte gehört hatte. Dr. Daniel sah Hedwig an, doch sie schüttelte den Kopf.

      »Ich kann es nicht«, flüsterte sie.

      Da stand Dr. Daniel auf und ging zu dem jungen Mädchen. Fürsorglich nahm er es beim Arm.

      »Bitte, setzen Sie sich. Ihre Mutter hat Ihnen etwas sehr Wichtiges zu sagen.« Dann wandte er sich Hedwig zu und fügte leise hinzu: »Die Wahrheit kann der Liebe nichts anhaben, nur Lügen können sie zerstören.«

      *

      Völlig apathisch lag Franz Baumgartner im Bett. Seit zwei Tagen hatte er große Schmerzen, und er wußte, daß das der Anfang vom Ende war… einem unvermeidlichen Ende.

      Vor wenigen Stunden hatte Annemarie angerufen und gesagt, daß sie stationär in der Waldsee-Klinik lag und das Bett nicht verlassen dürfe, um ihr Baby nicht zu gefährden. Die drohende Fehlgeburt war nur um Haaresbreite verhindert worden. Annemarie hatte auch gesagt, daß sich Dr. Daniel um ihre Verlegung in die Thiersch-Klinik bemühen wolle, doch Franz hatte das Gefühl, als würde Annemarie nicht mehr rechtzeitig hierherkommen. Er würde dazu verurteilt sein, allein zu sterben.

      In diesem Moment klopfte es zaghaft an seiner Zimmertür, dann trat ein hübsches junges Mädchen ein. Franz richtete sich ein wenig auf.

      »Conny.« Er war sichtlich überrascht, die Schwester seines besten Freundes zu sehen. »Du besuchst mich?«

      Mit ernstem Gesicht trat sie an sein Bett, dann griff sie nach seiner Hand.

      »Franzl«, flüsterte sie. »Mutti… sie hat mir alles erzählt…«

      Verständnislos runzelte Franz die Stirn. »Was hat sie dir erzählt?«

      Sehr sanft berührte Cornelia sein schmales, blasses Gesicht. »Unsere Mutter konnte uns nicht ernähren, deshalb hat sie mich weggegeben und dir gesagt, ich wäre gestorben.« Sie beugte sich über ihn und küßte seine Wange. »Franzl, ich bin in Wahrheit nicht Dieters Schwester, sondern deine.«

      »Meine…«, stammelte Franz. »Conny… das ist… o mein Gott…«

      Sanft legten sich ihre Hände um sein Gesicht, dann lächelte sie.

      »Jetzt wird alles wieder gut«, versprach sie leise. »Professor Thiersch hat den Test schon gemacht. Ich werde dir das Knochenmark spenden, das du brauchst, um gesund zu werden. Du wirst leben, Franzl…«

      *

      Die Sprechstunde bei Dr. Daniel war zu Ende, doch er saß noch am Schreibtisch, um ein paar Dinge aufzuarbeiten, die den ganzen Tag über liegengeblieben waren. Ein leises Klopfen an der Tür schreckte ihn auf.

      »Ja, bitte!« rief er.

      Mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen traten Franz Baumgartner, seine Verlobte Annemarie und seine Schwester Cornelia ein.

      »Wir hätten es nicht gewagt, Sie so zu überfallen«, verwahrte sich Franz sofort. »Aber Ihre Frau hat gemeint, Sie würden sich freuen.«

      Rasch kam Dr. Daniel um seinen Schreibtisch herum. »Und wie ich mich freue! Seit wann sind Sie nicht mehr in der Klinik?«

      »Ich wurde heute entlassen«, antwortete Franz. »Professor Thiersch sagt, ich wäre gesund, und da meine Annemie jetzt auch nicht mehr die ganze Zeit im Bett liegen muß, haben sie und Conny mich abgeholt.«

      Dr. Daniel betrachtete das glückliche Trio. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie froh ich bin, daß alles so gut ausgegangen ist.« Er drohte Franz und Annemarie mit dem Finger. »Aber muten Sie sich ja noch nicht zuviel zu.«

      »Keine Sorge, Herr Doktor, ich werde auf die beiden gut aufpassen«, versprach Cornelia, schmiegte sich kurz an ihren Bruder und fuhr dann fort: »Bis zur Geburt von Annemaries Baby ziehe ich zu ihr, damit sie sich nicht überanstrengt. Und Mutti wird sich um Franz kümmern.« Ihr Gesicht wurde ernst. »Sie hat ja jetzt niemand mehr, weil Dieter doch im Gefängnis sitzt.«

      Dr. Daniel war sichtlich überrascht. »Davon weiß ich nichts.«

      Auch Franz war jetzt sehr ernst geworden. »Er hätte mich sterben lassen, obwohl er wußte, daß Conny meine Schwester ist und ich nur mit ihrer Hilfe gerettet werden konnte.« Er senkte den Kopf. »Sie können sich nicht vorstellen, wie tief mich das getroffen hat. Solange ich denken kann, hielt ich Dieter für meinen besten Freund. Plötzlich festzustellen, daß er in Wirklichkeit gar kein Freund war… daß er mir den Tod gewünscht hat, um mit Annemarie glücklich zu werden… nein, um mit dem Geld glücklich zu werden, das sie einmal bekommen wird…« Er konnte nicht weitersprechen.

      »Dafür hätte er nicht belangt werden können«, fuhr Annemarie fort. »Der Grund für seine Inhaftierung liegt in den zweifelhaften Geschäften, in denen er seine Finger hatte. Es ging um Betrug, Hehlerei und noch andere kriminelle Dinge.« Sie griff nach Franz’ Hand. »Nein, Dieter war leider nicht der Freund, für den wir alle ihn hielten.«

      Dr. Daniel war schockiert. Es war für ihn unbegreiflich, wie ein Mensch so etwas tun konnte. Doch als er sich wieder gefangen hatte, versuchte er auch die drei jungen Menschen wieder auf andere Gedanken zu bringen.

      »Wie wird es jetzt weitergehen?« wollte er wissen.

      »Mutti und ich ziehen nach Steinhausen«, antwortete Cornelia und strahlte dabei vor lauter Glück.

      »Annemie und ich werden auf das Baby warten und dann heiraten«, fügte Franz hinzu. »Wir wollen die Schwangerschaft nicht durch den Hochzeitsstreß gefährden.«

      »Wenn es soweit ist, möchten wir Sie gern als Taufpaten für unser Kind«, fuhr Annemarie fort.

      »Und Gerrit als Trauzeugen«, ergänzte Franz. »Ihnen beiden und Professor Thiersch verdanken wir so viel… ich sogar mein Leben.« Er lächelte. »Ich habe den Professor mit viel gutem Zureden soweit gebracht, zu unserer Hochzeit zu kommen.«

      Dr. Daniel schmunzelte, weil er sich lebhaft vorstellen konnte, wie vehement sich Professor Thiersch gegen diese Einladung gewehrt hatte.

      »Da können Sie sich glücklich schätzen«, meinte er. »Der Professor verabscheut jegliche Art Festlichkeit. Da gerät er nämlich immer in Gefahr, zuviel Herz zu zeigen.«

      Sie plauderten noch ein wenig, dann verabschiedeten sich Franz, Annemarie und Cornelia von Dr. Daniel, und als sie auf dem Patientenparkplatz ins Auto stiegen und losfuhren, sah der Arzt ihnen nach.

      Wie schlimm hatte alles für diese jungen Menschen ausgesehen. Doch jetzt lag das Leben in leuchtenden Farben vor ihnen, und Dr. Daniel konnte sich von ganzem Herzen mit ihnen freuen…

      –

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