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das Gespräch, das Sie heute nachmittag geführt haben, angedeutet.«

      »Ich hoffe, Sie sind nun nicht unschlüssig geworden, Fürst?« Spott klang nun unverhohlen aus Dianas Worten.

      Welch ein Theater spielten sie sich gegenseitig vor. Wie unwirklich war diese Welt, in der sie aufgewachsen und erzogen worden war.

      »Ich habe nie daran gezweifelt, dass Sie und ich Seite an Seite vor den Altar treten würden, Prinzessin«, erwiderte Friedrich.

      »Nie? Wirklich nie, Fürst?«

      »Diana«, wies ihr Vater sie zurecht.

      Der junge Fürst lächelte beschwichtigend.

      »Ich bin nicht wankelmütig. Diese Eigenschaft – zu einem Wort zu stehen und es auszufüllen – möchte ich Ihnen ein Leben lang beweisen.«

      Diana fröstelte.

      »Fürchten Sie sich nicht auch ein wenig vor dem Wort ›ein Leben lang‹, Fürst?«

      »Es ist ein beglückender Ausdruck. So wie alles Dauerhafte beglückend ist.«

      Diana sah ihren Vater an.

      »Vater, ich fühle mich noch immer ein wenig schwach. Würdest du und würden Sie, Fürst, mich entschuldigen, wenn ich mich auf mein Zimmer begebe?«

      »Sie fühlen sich nicht wohl, Diana?«, fragte Friedrich mit gespieltem Erschrecken.

      »Ich war krank. Hat mein Vater Ihnen das verschwiegen, Fürst?«

      Friedrich hüstelte.

      »Ich wusste nichts Genaues darüber. Selbstverständlich verstehe ich aber, dass Sie sich jetzt ausruhen wollen.«

      »Ich danke Ihnen für Ihr Verständnis, Fürst. Und Sie stimmen mir sicher zu, dass wir unsere Verlobung sobald wie möglich bekanntgeben sollten?«

      »Darin stimme ich völlig mit Ihnen überein. Morgen bitte ich meine Mutter, die Gästeliste zusammenzustellen und Ihre Gästeliste hinzuzufügen.«

      »Gute Nacht, Fürst, gute Nacht, Vater!«

      Die beiden Männer geleiteten Diana bis zum angrenzenden Salon und begaben sich dann wieder in die Bibliothek, um alles Geschäftliche zu besprechen, was mit einer derartigen Verbindung ihrer Geschlechter und deren Güter zusammenhing.

      *

      Die Verlobung Dianas von Buchenhain mit Fürst Friedrich von Großborn wurde vier Wochen später auf Schloss Großborn gefeiert.

      Über fünfzig Gäste waren geladen worden.

      Die alte Fürstin von Großborn beobachtete ihre zukünftige Schwiegertochter mit scharfen Vogelaugen. Sobald das junge Ding auf Großborn eingezogen sein würde, wollte sie sie in ihrem Sinne umerziehen.

      Diana war allzu eigenwillig, um eine wirklich gute Ehefrau sein zu können. In allem drückte sich dieser Eigensinn, diese Extravaganz, aus: In ihrer Art sich zu kleiden, der Freiheit ihres Benehmens.

      Nach der Meinung der alten Fürstin war es richtig, wenn eine Frau sich ihrem Mann unterordnete. Und ordnete sich Diana vielleicht ihrem zukünftigen Mann unter?

      Diana spürte, dass jede ihrer Bewegungen und jedes Wort aufgenommen und weitergegeben wurde. Nie hatte sie sich so unfrei gefühlt.

      Inmitten dieser Menschen gab es niemanden, zu dem sie Vertrauen hatte. Niemand, der sie ihrer selbst wegen lieben würde. Jeder sah in ihr die Fürstin, die Erbin zweier Schlösser. Keiner fragte danach, wie es in ihrem Herzen aussehen mochte.

      Noch nie hatte Diana so stark an ihre Mutter gedacht wie an diesem Tag. Vielleicht hätte ihre Mutter sie verstanden, nachdem sie doch ähnliches erlitten hatte.

      Diana spürte, dass ihr Vater, ihr zukünftiger Ehemann, die alte Fürstin von Großborn und die Gäste von ihr etwas erwarteten, was sie nicht aus ihrem Innern heraus geben und sein konnte.

      Ihre Unsicherheit wurde so stark, dass sie versuchte, vor ihrer Familie und ihren Gästen zu fliehen.

      Es war nach dem Abendessen, das in dem riesigen, kargen Saal stattgefunden hatte, als Diana Kopfschmerzen vorschützte und Friedrich angab, dass sie sich für ein paar Minuten in das ihr zugewiesene Gästezimmer begeben werde.

      »Warten Sie noch, Diana. Unsere Gäste könnten sich brüskiert fühlen«, raunte Friedrich ihr zu, während sie sich in das Musikzimmer begaben.

      »Bitte, Friedrich«, entgegnete Diana schwach.

      Die Lippen des jungen Fürsten wurden schmal. So dass niemand sie verstehen konnte, antwortete er leise: »Meine Mutter stand vor wenigen Jahren kurz vor einer schmerzhaften Kieferoperation. Die Schmerzen mussten unerträglich gewesen sein, und doch hatte sie ihre Pflichten als Hausherrin während einer Familienfeier erfüllt.«

      Diana sah zur alten Fürstin hinüber, die ein Diener in ihrem Rollstuhl ins Musikzimmer gefahren hatte. Der Blick der Fürstin war so hart, so unbarmherzig, dass Diana erschauernd die Augen niederschlug.

      Eine Kindheit und eine Jugend hindurch hatte sie sich vor ihrem Vater gefürchtet.

      Nun empfand sie Angst vor der Mutter ihres zukünftigen Mannes. Würde sie sich jemals von ihrer Furcht vor unbeugsamen Menschen befreien können?

      Diana blieb im Musikzimmer, bis die Sängerin ihre Schubert-Lieder beendet hatte.

      Erst danach gelang ihr die Flucht in den Park, wo sie wenigstens fünf Minuten hindurch allein sein konnte.

      Plötzlich hörte Diana Schritte hinter sich.

      »Warte, Diana!«

      Es war Friedrichs dünne Stimme.

      Das Mädchen blieb stehen. Es hatte keinen Sinn, weiter zu fliehen. Er würde sie immer und überall einholen. Sie war seine Gefangene, sein Eigentum. Und Diana war zu erschöpft, um weiterhin gegen ihn aufzubegehren.

      Sogleich war Friedrich bei ihr.

      »Diana, wo willst du hin?« Ein Hauch von Zärtlichkeit, mehr aber noch Anklage, schwangen in seiner Frage mit.

      »Ich weiß es nicht, frage mich nicht.«

      Friedrich entschied sich, Dianas Flucht als eine ihrer kleinen Launen zu betrachten. Eine von den Launen, die er ihr nach ihrer Hochzeit austreiben würde.

      »In wenigen Wochen sind wir Mann und Frau, Diana.«

      »Ja.«

      »Ich möchte, dass ich stolz auf Sie sein kann.«

      Sie antwortete nicht.

      Plötzlich und unerwartet presste Friedrich seine Lippen auf ihren Mund. Es war wie ein Überfall.

      Instinktiv wehrte Diana ihn ab.

      Er lächelte gezwungen. »Du küsst mich doch gern?«

      »Ich – ich weiß es nicht.«

      Sie hatte Angst, dass er sie noch einmal an sich pressen würde. Friedrich hatte seine Hände auf ihre bloßen Schultern gelegt. »Und ihn? Hast du ihn gern geküsst?«

      Diana fühlte, dass sie innerlich ganz starr wurde.

      »Hast du ihn gern geküsst?«, drang Friedrich weiter in sie. Hass klang jetzt aus seiner Stimme.

      »Sprich nicht von ihm. Ich habe ihn vergessen«, antwortete Diana zitternd.

      Niemals würde sie Friedrich etwas von dem preisgeben, was sie und Hubertus verbunden hatte. Sollte er denken, sie habe Hubertus wirklich vergessen. Sollte er denken, sie habe nur eine leichtsinnige Liebschaft erlebt.

      Dass die wenigen Tage mit Hubertus ihr mehr bedeuteten als ihr ganzes Leben, würde Friedrich niemals erfahren.

      »Wenn du ihn vergessen hast, weshalb zögerst du, mich zu küssen?«

      »Ich zögere nicht«, flüsterte Diana und neigte ihren Kopf.

      »Du

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