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Der kleine Fürst Staffel 12 – Adelsroman. Viola Maybach
Читать онлайн.Название Der kleine Fürst Staffel 12 – Adelsroman
Год выпуска 0
isbn 9783740970284
Автор произведения Viola Maybach
Жанр Языкознание
Серия Der kleine Fürst Staffel
Издательство Bookwire
»Aber weißt du, Sonja, manchmal kommt es nur darauf an, auf der Spur zu bleiben. Manchmal muss man den Weg einfach zu Ende gehen. Manchmal darf man nicht an sich denken, sondern man muss tun, was für alle am besten ist.«
*
Das Flugzeug zog noch eine Schleife über Wien, so, als wollte es Touristen wie Heimkehrern zeigen, wie schön diese Stadt war. Die Teichanlagen um das Schloss Schönbrunn glitzerten in der Abendsonne. Minuten später setzte es auf der Landebahn auf. Markus streckte sich und schnappte seinen Koffer. Die Anschnallzeichen erloschen. Endlich zuhause!
Müde war er, unrasiert und erschöpft. Aber er wollte nicht erst in seine Wohnung fahren, um sich frisch zu machen, nein, er wollte sofort die Aussprache mit Verena suchen.
Rasch winkte er ein Taxi herbei und ließ sich bis in den Stadtteil Sievering fahren.
Dort schaffte er es bis in den Vorraum der alten Villa. Dann aber wurde er von gleich zwei Drachen abgewimmelt. Der erste, die Haushälterin Anna, sagte, Verena sei nicht zuhause. Der andere, viel schlimmere Zerberus, folgte gleich darauf: Als wollte sie ihre Paraderolle der Lady Macbeth wiederholen, schritt Lilo Benedikt auf ihn zu: Mit erhobenem Kopf, eiskaltem Blick und weit ausgestreckter Hand wies sie den Eindringling zurück. »Halt! Sie haben hier nichts zu suchen, Herr Graf!«, donnerte ihre Stimme. »Sie haben schon genug angerichtet. Lassen Sie das arme Mädel in Ruhe.«
»Aber ich … ich möchte nur mit Verena reden. Ich will ihr nur erklären, dass …«
»Hier gibt es nichts zu erklären. Alles wurde schon gesagt. Gehen Sie bitte wieder.«
Von oben, aus dem Mansardenzimmer, war ein Poltern zu vernehmen. Markus hob hoffnungsvoll den Kopf. Er wollte Verena doch nur sehen!
»Sie hat eine Ausstellung angeboten bekommen und jede Menge zu tun. Lassen Sie sie also in Ruhe arbeiten. Verena ist hierher gekommen, um neu anzufangen, zerstören Sie ihr das nicht!« Lilo Benedikt appellierte nun an seine Anständigkeit. Auch diese Rolle stand der alten Dame hervorragend, und Schritt für Schritt drängte sie ihn zur Tür. Markus seufzte. So einfach würde er sich nicht geschlagen geben! Gerade an diesem Vormittag hatte er die endgültige Zusage des Scheichs von Fudschaira bekommen: Er, Markus Graf von Bäumler würde als Chefdesigner die komplette Innenausstattung des hochherrschaftlichen Palastes planen. Nein, er war kein Verlierer, und deshalb gab er sich auch nicht so leicht geschlagen. Er wollte alles. Und alles, das hieß auch die Frau, die er liebte. Aber was sollte er bloß sagen? Er hob seinen Kopf und sah zur Stiege hinauf. »Verena!«, rief er laut.
Nach seinem dritten Ruf öffnete sich oben die Tür. Die Treppe knackte, und die Geliebte kam tatsächlich herunter. Blass war sie, obwohl ihr Gesicht von Farben bunt gesprenkelt war. Verena sah wunderschön aus – am liebsten hätte er sie in seine Arme geschlossen.
»Verena …«, begann Markus. »Lass mich dir bitte erklären …«
»Hier gibt es nichts zu erklären, Markus. Es wurde alles gesagt, glaub mir. Deine Schwester hat das schon erledigt. Ich weiß nun endlich Bescheid.«2
»Nun, so weißt du es eben. Aber daran ist doch nichts Schlimmes. Das ist doch ganz normal!« Markus verstand die Welt nicht mehr. Was konnte schon ein Adelstitel ausmachen. Ein Name! Er hatte es sich doch nicht ausgesucht, als Graf geboren zu werden. Wie konnte sie so unbarmherzig sein!
Doch die junge Frau sah ihm entschlossen ins Gesicht. »Ich kann damit nicht leben, und du musst das bitte akzeptieren.« Abrupt drehte sie sich um und stapfte die Treppe wieder hinauf. Unten blieb Markus zurück und verstand die Welt nicht mehr. Nur der dicke Herr Franz war auf seiner Seite. Schwanzwedelnd sah er zu seinem menschlichen Freund empor.
*
Als sie die Zimmertür hinter sich schloss, als sie hörte, wie unten endlich die Eingangstür zufiel, brach Verena neuerlich in Tränen aus. Wie stellte Markus sich das bloß vor? Er war verlobt, er würde heiraten! Wollte er ihr tatsächlich die Rolle der Mätresse anbieten? Stand ihr nicht mehr zu? Nur weil sie keine Adelige war? –
Wie betäubt ging Graf Markus hinaus. Er ließ den Autobus vorüber fahren und stolperte mit gesenktem Kopf durch die Straßen von Wien. Plötzlich war er in der Josefstadt und fand sich vor einem vertrauten Haus wieder. Ohne darüber nachzudenken, hatte er sich von seinen Beinen hierher hielten lassen. Er sah an dem einstigen Vorstadthaus mit der hellgrünen Fassade empor. Kurz entschlossen drückte er den Klingelknopf der Sprechanlage. Sonja war zu Hause.
Der Lift brachte ihn in den fünften Stock. Sie öffnete die Tür.
Es war ein trotziges Gefühl, das Graf Markus ergriffen hatte. Wenn er schon die Liebe seines Lebens nicht bekommen sollte, so konnte er doch gleich seine Eltern glücklich machen und tun, was das Leben von ihm verlangte! Hier stand sie, Sonja Rütter, und sah ihn schüchtern an. Wie immer hatte sie ihre blonden Haare in lange geflochtene Zöpfe gefasst, doch sie sah trotzdem nicht aus wie ein kleines Mädchen, sondern wie eine erwachsene Frau. Noch nie hatte er sie so wahrgenommen. Immer war sie nur die kleine Freundin seiner Schwester gewesen, das treue Anhängsel, das wie ein kleines Hündchen hinter Gabriela her trottete. Doch das galt nicht mehr für die junge Frau, die ihn aus ihren hellen Augen fragend ansah. Sonja trug ein altmodisches Schürzenkleid und Flip-Flops, in der Hand hielt sie ein Manuskript. Er hatte sie wohl gerade beim Textlernen gestört, was auch ihren verwirrten Blick erklärte. In welcher Welt sie sich wohl gerade befand?
Allmählich schien Sonja jetzt in die Wirklichkeit zurückzukehren, und sofort zog in ihre Wangen eine vertraute Röte. Markus musste lächeln. Er hatte sie schon in verschiedensten Rollen auf der Bühne der Schauspielschule gesehen. Ob wunderschön oder hässlich, Sonja gab immer genau das, was ihre Rolle von ihr verlangte. Doch im wirklichen Leben war sie schüchtern und zurückhaltend, oft brachte sie vor Nervosität keinen ganzen Satz hervor. Eine Welle der Zuneigung erfasste ihn.
»Sonja. Willst du mich heiraten?«
Es war nicht so romantisch wie im Film. Er warf sich nicht auf die Knie, er zog keinen funkelnden Ring aus der Tasche, sie brach nicht in Tränen aus. Lange sah sie ihn nur an, dann nickte sie entschlossen.
»Gut, Markus. Ja, heiraten wir.« Es war der Moment, in dem andere Paare sich in die Arme sinken und die Welt um sich herum vergessen. Doch das neue Brautpaar schaute sich nur still in die Augen. »Ich liebe sie nicht, aber ich werde sie glücklich machen«, beschloss Markus.
»Ich liebe ihn nicht, aber ich werde ihn glücklich machen«, nahm Sonja sich vor. Still reichten sie einander die Hände.
*
Lilo Benedikt streckte den Kopf in die Küche, wo die Haushälterin Anna laut klappernd das Frühstücksgeschirr wegräumte.
»Sie hat endlich wieder ordentlich gegessen!«
»Zwei Semmeln und ein ganzes Ei!«, jubelte Anna. »Es geht wieder bergauf.«
Die beiden Frauen zwinkerten sich zu. In der Sorge um die junge Untermieterin waren sie einander noch näher gekommen. Lilo kehrte in den Salon zurück, wo Verena die Morgenzeitung vor sich ausgebreitet hatte.
»Suchst du was Bestimmtes?«
»Ja. Die Ausstellung müsste ab heute angekündigt sein.«
»Richtig. Sind ja nur noch zehn Tage bis zur Vernissage. Nun, dann lass uns mal sehen!«
Gemeinsam blätterten die beiden Frauen den Kulturteil durch. Plötzlich hielt Verena inne. Eine Nachricht fesselte ihre Aufmerksamkeit. Lilo gelang es nicht mehr, sie abzulenken. Fassungslos starrte Verena auf die Verlobungsanzeige…
Graf Carl von Bäumler und seine Gemahlin, Gräfin Gerlinde von Bäumler, freuen sich, die Verlobung ihres Sohnes Markus mit Sonja Rütter bekannt zu geben … Ein