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würde.«

      »Sie müßten mir etwas mehr Zeit geben, Herr Rogner«, sagte Helmut Sommer, »so vierzehn Tage. Einen Ersatz für Herrn Bichler habe ich schon in Aussicht.«

      »Ich wollte aber Bichler haben. Er ist ein guter Mann«, sagte Rogner.

      »Aber er ist sehr krank.«

      »Tatsächlich? Er ist doch noch nicht so alt.«

      Als ob Alter etwas mit Krankheit zu tun hätte, dachte Helmut Sommer. Doch anscheinend war Krankheit für Herrn Rogner unbekannt.

      »Hoffentlich ist er gut versichert«, fuhr Rogner fort. »Nicht, daß Sie meinen, daß ich als Direktor einer Versicherungsgesellschaft jetzt Reklame machen möchte. In unserem Fall wäre es mir auch bedeutend lieber, wir würden uns unter der Hand einigen, Herr Sommer. Was meinen Sohn anbetrifft, regle ich lieber alles persönlich. Na ja, in dem Alter stellen Buben schon manches an. Er hat seine Abreibung bekommen, und ich werde nicht mehr so nachsichtig sein. Übrigens soll meine Tochter Tini nun doch das größere Zimmer bekommen. Geht es noch zu machen, daß da der hellere Teppichboden hineingelegt wird?«

      »Doch, das ist leicht zu ändern«, erwiderte Helmut Sommer grinsend, weil Achim nun doch anscheinend nicht mehr der King war. Für Lausbubenstreiche hatte er schon Verständnis, aber für diese Frechheit, die der Junge an den Tag gelegt hatte, war es nicht angebracht.

      »Mit dem Radfahren ist es auch vorbei«, sagte Rogner. »Er wird Manieren lernen müssen. Die Arztrechnung aber bitte an mich persönlich.«

      »Ich bin versichert, auf dem Bau passiert immer mal was«, sagte Helmut Sommer. »Sie lassen mir ein wenig Zeit, und inzwischen ist meine Hand wieder verheilt.«

      »Aber im Weihnachtsmonat möchte ich nicht gerade umziehen«, wandte Rogner ein.

      »Bis dahin ist noch Zeit. Anfang November ist bestimmt alles fertig.«

      »Man bekommt so schwer zuverlässige Leute. Es tut mir wirklich leid, daß Herr Bichler krank ist.«

      »Aber es ist nicht zu ändern. Sein Sohn wird einspringen.«

      »Sein Sohn? Der ist doch Ingenieur.«

      »Er versteht soviel wie sein Vater. Ich habe schon mit ihm telefoniert. In diesem Fall wird er die Installationen fertigstellen.«

      »Wegen Tini«, brummte Rogner.

      Ach, dahin läuft der Hase, dachte Helmut Sommer. »Der junge Bichler ist aber ein sehr netter Mensch«, sagte er.

      »Na ja, aber als Vater hat man doch gewisse Vorstellungen. Das wird Ihnen auch mal so gehen, wenn Sie Töchter haben, Herr Sommer.«

      »Ich kann auch einen anderen Installateur nehmen, aber dann dauert es noch länger.«

      »Nein, nein, das lassen Sie nur. Als Vater hat man ja sowieso nicht viel zu sagen, wenn die Mädchen mal neunzehn sind. Jetzt sind sie ja schon mit achtzehn mündig.«

      »Sie haben nette Töchter, Herr Rogner. Jetzt können Sie sich mehr um den Sohn kümmern.« Das konnte er sich doch nicht verkneifen, und Rogner schien verstanden zu haben.

      »Den werde ich mir noch mal vornehmen. Also, wir sind uns einig? Anfang November können wir einziehen?«

      »Bestimmt. Und es bleibt dabei, daß der helle Teppichboden in das große Zimmer kommt?«

      »Ja, dabei bleibt es.«

      Helmut Sommer atmete auf. Das war geschafft. Und nun wußte er auch, warum der junge Bichler selbst einspringen wollte, Tinis wegen!

      Er dachte zurück. Andrea war knapp achtzehn gewesen, als er sie kennenlernte. Für ihn hatte es gleich festgestanden, daß sie die richtige Frau für ihn sein würde. Vielleicht war es bei Rainer Bichler und Tini Rogner auch so.

      Wenn bloß mit dem Baby alles gutgeht, dachte er nun schon wieder besorgt.

      Und dann sprach er mit Andrea über Dr. Leitner. Sie war beruhigt, daß er mit Herrn Rogner keine Schwierigkeiten mehr hatte und deshalb zu jedem Zugeständnis bereit. Überhaupt war sie an diesem Abend ruhiger als sonst. Er fragte auch nicht dauernd, wie es ihr gehe. Ob das der Grund war?

      Wie gewohnt rief Sonja gegen neun Uhr an. Helmut bekam schon wieder das große Kribbeln, aber Andrea sagte sehr ruhig und bestimmt: »Es geht mir wirklich gut, Sonja. Wir wollen jetzt einen Film ansehen.«

      Das überraschte Helmut doch, denn der Fernseher war nicht eingeschaltet. Aber da Andrea Lügen und Ausflüchte haßte, schaltete sie ihn zur Beruhigung ihres Gewissens ein. Es war eine Unterhaltungssendung mit viel Tamtam, das sie beide nicht mochten, aber sie schauten es sich doch eine Weile an, bevor sie dann zu Bett gingen.

      »Was macht deine Hand, Helmut?« fragte Andrea.

      »Geht bestens«, erwiderte er, doch er dachte, wozu das alles gut gewesen sein mochte.

      Andrea schlief in dieser Nacht verhältnismäßig ruhig.

      *

      Dr. Norden war sehr erstaunt, als Helmut Sommer schon am nächsten Morgen anrief und ihn fragte, ob seine Frau zu ihm kommen könne.

      Ob es nicht besser sei, wenn sie gleich zu Dr. Leitner fahren würden, fragte er, aber Helmut erwiderte, daß sie lieber erst mit ihm sprechen möchte.

      Dann wäre es am besten, wenn sie gegen halb zwölf Uhr kommen würde, meinte Dr. Norden.

      Im Hause Rogner hatte der Tag wie jeder andere begonnen. Achim fand seinen Vater so friedfertig, daß er meinte, es sei bereits wieder alles vergessen. Ohne zu fragen, stieg er in den Keller, um sein Rad zu holen. Er fand es abgeschlossen und zusätzlich noch mit einer Kette an einem Rohr befestigt.

      Achim gab noch nicht auf. »Kann ich mein Rad haben, Papa?« fragte er.

      »Nein«, erwiderte Erwin Rogner. »Du läufst.«

      »Es ist aber schon so spät«, maulte der Junge.

      »Wenn du dich gleich auf den Weg machst, kommst du noch rechtzeitig«, erklärte sein Vater streng.

      »Du könntest ihn ja mitnehmen«, schlug Lucy Rogner versöhnlich vor.

      »Was ist denn eigentlich passiert?« fragte Tini.

      »Achim ist mal wieder durch die Gegend gerockert«, sagte die zwei Jahre jüngere Ulla.

      Das Wort »rockern« konnte Erwin Rogner nicht vertragen. Er knurrte etwas Unverständliches vor sich hin.

      »Eigentlich ist es mir schlecht«, versuchte es Achim nun auf andere Weise.

      »Komm mir nicht mit der Tour«, sagte sein Vater wütend, »sonst lernst du mich mal richtig kennen.«

      Lucy Rogner bewies diplomatisches Geschick, mit männlichen Familienmitgliedern fertig zu werden.

      »Dann rufe ich Dr. Norden. Er hat einen guten Eindruck gemacht.«

      Aber das wollte Achim doch nicht riskieren. Vor Dr. Norden hatte er einen höllischen Respekt, seit dieser ihn damals ordentlich ins Gebet genommen hatte.

      »So schlimm ist es nicht«, gab er klein bei.

      Erwin Rogner wollte in der Frühe seine Ruhe haben und Zeitung lesen. Aber an diesem Morgen wurde er von vielerlei Gedanken bewegt.

      »Der alte Bichler ist anscheinend sehr krank«, bemerkte er.

      »So alt ist er doch nicht«, warf Lucy ein.

      Tini blickte auf den Teller. »Er ist in der Klinik«, sagte sie leise.

      Irritiert blickte Lucy ihren Mann an, weil der sich nicht dazu äußerte.

      »Der junge Bichler wird die Installationen machen«, erklärte er beiläufig.

      »Tini geht mit ihm«, trumpfte Achim auf, damit auch seine Schwester eine Abreibung bekommen sollte. Aber die blieb aus.

      »Tini ist neunzehn«, sagte Erwin Rogner. »Sie ist mündig

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