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möchte Mylady keineswegs vorgreifen«, antwortete Parker vorsichtig.

      »Ja, merken Sie denn nichts?« entrüstete sich Agatha Simpson.

      »Nicht direkt, Mylady.« Parker hütete sich, die Unternehmungslust seiner Herrin unnötig anzuheizen.

      »Dann kann ich Ihnen auch nicht helfen«, meinte Agatha Simpson und wirkte ein wenig enttäuscht. Sie hatte wohl gehofft, von Parker einen Tip geliefert zu bekommen.

      »Haben Mylady noch Wünsche?« erkundigte sich Parker, der sich zurückziehen wollte.

      »Natürlich! Fahren Sie in einer halben Stunde vor, Mister Parker! Ich muß mir dieses Flittchen aus der Nä-he ansehen.«

      »Wie Mylady befehlen«, sagte Parker nur. Er wußte aus Erfahrung, daß es völlig sinnlos war, Mylady um-stimmen zu wollen.

      »Ich weiß inzwischen, wem das Landhaus gehört«, schloß Agatha Simpson triumphierend. »Sagt Ihnen der Name Sir Robert Panham etwas, Mister Parker?«

      »Gewiß, Mylady. Sir Robert dürfte einer der bemerkenswertesten Shakespeare-Darsteller Englands sein, wenn ich nicht irre.«

      »Sie irren sich nicht, Mister Parker. Ich könnte mir vorstellen, daß er seinen Landsitz nicht gerade freiwil-lig vermietet hat. Aber lassen wir uns überraschen!«

      *

      Josuah Parker blieb am hochbeinigen Wagen zurück und beobachtete die Szene vor der Haustür des Land-sitzes.

      Agatha Simpson war zusammen mit ihrer Gesellschafterin hinüber zum Haus gegangen und lieferte ein in-teressantes Schauspiel. Nachdem die Tür geöffnet worden war, drückte sie einen Mann an die Seite und stürmte das Haus. Sie entwickelte dabei die Energie einer Dampfwalze, die einfach nicht aufzuhalten ist.

      Der Mann, der die Tür geöffnet hatte, starrte der Lady entgeistert nach, raffte sich dann aber auf und folgte ihr. Er vergaß nicht, vorher noch die Haustür zu schließen.

      Josuah Parker nutzte die inzwischen hereingebrochene Dunkelheit für seine Zwecke aus.

      Er schritt ein gutes Stück die Straße hinunter, bis er von der Straßenseite des Landhauses aus nicht mehr gesehen werden konnte. Erst jetzt kümmerte der Butler sich um eine kleine schmale Mauerpforte, die aller-dings verschlossen war.

      Was Josuah Parker überhaupt nichts ausmachte.

      Er bemühte sein kleines Besteck, das er für solche Zwecke stets mit sich führte. Es handelte sich um einige Spezialgeräte, die sich in einem schmalen Saffianetui befanden. Es dauerte noch nicht mal eine Minute, bis das Schloß sich fügte und jeden Widerstand aufgab.

      Bevor der Butler das Grundstück betrat, schaute er sich mißtrauisch nach allen Seiten um. Er konnte sich gut vorstellen, daß der Schutz der Dunkelheit auch von anderen Nachtwandlern geschätzt wurde. Parker wollte auf keinen Fall überrascht werden und in ein offenes Messer rennen.

      Die schmale Straße, die zu den wenigen großen Parks und Grundstücken führte, war menschenleer. Es handelte sich hier um eine ausgesprochen vornehme Wohngegend, in der Tradition und Kapital zu Hause waren.

      Parker betrat das Grundstück und drückte die Pforte zurück in den Rahmen. Dann lustwandelte er gemes-sen durch die Dunkelheit, über den gepflegten Rasen und über einen mit Steinplatten ausgelegten Weg Rich-tung Landsitz.

      Der parkähnliche Garten war zu den beiden benachbarten Grundstücken links und rechts durch halbhohe Mauern begrenzt, die allerdings kein Hindernis darstellten. Wer dieses Grundstück betreten wollte, brauchte nicht artistisch ausgebildet zu sein. Nach hinten grenzte der Park des Landsitzes an einen kleinen verschilften Bach. Jenseits dieses Wassers befanden sich Tennisplätze.

      Josuah Parker hatte inzwischen die Rückseite des Gebäudes erreicht und stand neben dem überdachten Swimming-pool. Von hier aus hatte er einen guten Blick auf die Terrasse, deren Türen allerdings geschlossen waren. Vorgezogene Vorhänge nahmen jede Sicht in das Innere des Hauses.

      Der Butler wollte sich gerade in Bewegung setzen und näher an das Haus herangehen, als ein scharfes Zi-schen zu hören war.

      Unwillkürlich und instinktiv zog er den Kopf zurück. Plötzlich sah er dann aus zusammengekniffenen Au-gen den armlangen Pfeil, der zitternd und federnd dicht vor ihm im Holz der Überdachung steckte.

      Das spärliche Außenlicht auf der Terrasse reichte vollkommen aus, um die Gefährlichkeit dieses Pfeils zu erkennen. Genauer gezielt, wäre er unbedingt tödlich gewesen.

      *

      »Ich konnte ja nicht wissen, meine Liebe, daß Sir Robert sein Haus vermietet hatte«, entschuldigte sich Agatha Simpson und spielte die leicht verwirrte, ältere Dame. »Es sollte eine Überraschung sein. Sie müssen wissen, daß Sir Robert und ich uns schon seit Kindheit kennen. Ein bemerkenswerter Mann! Sie kennen ihn?«

      Mandy Saxon wirkte hilflos.

      Sie war dieser Suada nicht gewachsen. Agatha Simpson redete ununterbrochen und war einfach nicht zu bremsen. Sie hatte bereits Platz genommen und musterte ungeniert den großen, modernen Arbeitstisch in der Nähe der Terrassentüren. Dieser Tisch paßte keineswegs in das Gesamtbild der Einrichtung, die aus alten, kostbaren Stilmöbeln bestand.

      Auf diesem Arbeitstisch stand beherrschend eine elektrische Schreibmaschine, die einen noch recht neuen Eindruck machte. Zu beiden Seiten dieser Maschine lagen Manuskriptblätter. Mandy Saxon schien tatsäch-lich an ihrem angekündigten Sex-Report zu arbeiten.

      »Sollte ich Sie nicht kennen, meine Liebe?« erkundigte sich Agatha Simpson inzwischen weiter. »Miß Por-ter … Geben Sie mir eine Hilfe! Ich weiß genau, daß ich unsere Gastgeberin schon mal gesehen habe.«

      »Das Foto in den Abendzeitungen«, erinnerte Kathy Porter prompt. »Auf Miß Saxon wurde ein Mordan-schlag verübt.«

      »Das ist es, Kindchen, das ist es!« Lady Agatha nickte ihrer Gesellschafterin dankbar zu. »Ein Mordan-schlag: Wie aufregend!«

      Mandy Saxon warf dem Mann an der Tür einen hilflosen Blick zu. Dieser Mann, der die Haustür geöffnet hatte, war etwa 35 Jahre alt, gut und gern 1,80 Meter groß, breitschultrig und wirkte ein wenig hölzern. Er wußte mit einer Frau wie Agatha Simpson offensichtlich nichts anzufangen.

      »Die Miß muß jetzt Weiterarbeiten«, schaltete er sich ein und deutete hinüber auf die Schreibmaschine.

      »Sie arbeiten?« staunte Agatha Simpson.

      »Miß Saxon ist Schriftstellerin«, schaltete Kathy Porter sich auf dieses Stichwort hin ein. »In den Abend-ausgaben der Zeitungen steht, daß Miß Saxon eine Art Lebensbeichte verfaßt.«

      »Nein, was muß ich hören? Wie interessant, meine Liebe!« Agatha Simpson war außerordentlich begeistert und stand auf. »Sie verfassen Ihre Memoiren? Sie müssen ja erstaunlich viel erlebt haben. Ich darf doch ge-wiß mal sehen.«

      Bevor Mandy Saxon es verhindern konnte, marschierte die Detektivin bereits schnell und energisch zum Arbeitstisch und baute sich vor der Schreibmaschine auf.

      Worauf Mandy Saxon und der Mann an der Tür in eine gelinde Panik gerieten.

      Sie beeilten sich, an den Arbeitstisch zu gelangen, und drängten Agatha Simpson ziemlich ungeniert ab.

      »Ich bin wohl zu neugierig«, stellte die Lady fest und räumte das Feld.

      »Verzeihen Sie einer alten Frau, meine Liebe! Ich denke, ich werde mich verabschieden müssen.«

      »Mister Hamlin wird Sie hinausbringen«, verkündete Mandy Saxon gespielt vornehm.

      »Ist das Ihr Leibwächter, meine Liebe?« erkundigte sich Lady Agatha völlig ungeniert und laut.

      »Wie bitte?« Mandy Saxon wurde von dieser Frage völlig überfahren.

      »Falls nicht, werden Sie aber bestimmt einen brauchen«, redete Lady Agatha ungeniert weiter, »es wird doch, nicht bei diesem einen Schuß bleiben.«

      Bevor

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