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Stirn.

      »Haben Sie sich nicht so«, raunzte Lady Simpson.

      »Mein Kopf«, ächzte der Superintendent und stand mühsam auf. »Ich muß von einem auskeilenden Pferd erwischt worden sein.«

      »Sie können froh sein, Mister Needle, daß dieses Pferd keine edlen Teile getroffen hat«, stellte Lady Simpson fest. »Nun reißen Sie sich mal zusammen, junger Mann, Sie sind doch kein wehleidiges Kind mehr!«

      »Ich bin niedergeschlagen worden«, erinnerte sich der Superintendent und musterte seine Kontrahentin mißtrauisch.

      »Haben Sie wenigstens den Täter erkannt?« wollte Lady Simpson verständlicherweise wissen.

      »Nichts«, sagte Needle und schüttelte vorsichtig den Kopf. »Es traf mich ohne jede Vorbereitung.«

      »Das muß der Vampir gewesen sein.«

      »Sind Sie sicher, Mylady?«

      »Wer sonst?« fragte Agatha Simpson zurück, »oder wollen Sie etwa mich verdächtigen? Mich, eine arme, alte und äußerst schwache Frau?«

      »Natürlich nicht, Mylady«, gab Needle zurück. »Wo sind Sie denn gewesen? Wie kommen Sie überhaupt hierher?«

      »Haben Sie vergessen, daß Mister Parker und ich mich um die kleine May Purgess kümmern?«

      »Richtig, sie hat geschrien, das konnte man bis auf die Straße hören.«

      »Ihr ist nichts passiert«, beruhigte sie Needle, der automatisch zur Treppe wanken wollte, was ihm wegen seiner unsicheren Beine nicht so recht gelang. »Mister Parker und Miß Porter haben sich der Schauspielerin bereits angenommen.«

      »Wenn ich nur wüßte, wer mich niedergeschlagen hat«, sinnierte Needle halblaut und warf der älteren Dame erneut einen prüfenden und zugleich mißtrauischen Blick zu.

      »Der Vampir, an den Sie nicht glauben«, wiederholte Lady Simpson. »Hoffentlich sind Sie jetzt überzeugt, Superintendent. Fassen Sie nach der Stirnbeule, das beseitigt jeden Zweifel!«

      »So groß wie ein Taubenei«, stellte Needle fest, nachdem er auf den Vorschlag der resoluten Dame eingegangen war. »Dieser Vampir muß einen Hammer benutzt haben!«

      »Nun übertreiben Sie nicht schamlos«, entgegnete Agatha Simpson. »Sehen Sie sich in Zukunft etwas besser vor, Superintendent. Sie scheinen von Natur aus ein wenig leichtsinnig zu sein.«

      »Und Sie scheinen sich über mein Mißgeschick zu freuen, oder?«

      »Ich bedaure es nicht gerade übermäßig«, erwiderte Lady Simpson, »machen Sie sich nichts daraus!«

      »Wie geht es Miß Purgess?« fragte Needle, als Parker auf der Treppe erschien. Da das Licht im Treppenhaus eingeschaltet war, kam es zu keinen weiteren Mißdeutungen.

      »Ausgezeichnet, Sir«, antwortete der Butler und lüftete seine schwarze Melone. »Sie können völlig beruhigt sein.«

      »Ich möchte sie sofort sprechen.« Needle fingerte nach der dicken Beule auf seiner Stirn, war ansonsten aber wieder fit.

      »Das wird sich nicht umgehend machen lassen«, erklärte der Butler, »Miß May Purgess befindet sich in Lady Simpsons Stadthaus und dürfte schlafen.«

      »Ich – ich verstehe kein Wort. Mister Parker! Was soll das heißen?«

      »Das Pferd scheint sie doch recht empfindlich erwischt zu haben«, schickte Agatha Simpson voraus. »Natürlich haben wir das verfolgte Mädchen sicher untergebracht und dem Vampir ein Double vorgesetzt. Was halten Sie davon, wenn Sie bei uns ein paar Nachhilfestunden nehmen? Den Behörden sind wir immer gern gefällig, nicht wahr, Mister Parker?«

      *

      »Wenn Mylady gestatten, möchte ich mir die Freiheit nehmen, einige Fakten zu bündeln«, sagte der Butler eine Stunde später, als man sich wieder im Stadthaus seiner Herrin befand. Zusätzlich zu Kathy Porter, Agatha Simpson und Parker war noch die Schauspielerin May Purgess anwesend, die sich ängstlich zurückhielt. Sie hatte schließlich erfahren, daß der Vampir tatsächlich sie ins Jenseits befördern wollte.

      »Dann fassen Sie sich aber möglichst kurz«, fuhr Lady Simpson ihren Butler an. »Ich möchte schließlich noch ein paar Stunden schlafen.«

      »Mylady können sich voll und ganz darauf verlassen, daß ich mich bemühen werde, die Dinge möglichst konzentriert zu umreißen.«

      »Dann tun Sie’s doch endlich!« Sie sah ihn grimmig an, denn sie wußte um Parkers barocke Ausdruckweise.

      »Der Vampir, wenn ich bei diesem Ausdruck bleiben darf, hat sich konkretisiert«, führte der Butler nun gemessen aus, »es handelte sich, wie Miß Porter feststellen konnte, um ein Wesen aus Fleisch und Blut, das über offensichtlich bemerkenswerte Geschicklichkeit verfügt. Ich verweise in diesem Zusammenhang darauf, daß dieser Vampir sich vom Dach des Apartmenthauses auf den Balkon von Miß Purgess’ Wohnung abseilte.«

      »In meinem Drehbuch wäre das ein stellungsloser Artist, der sich rächen will«, meinte die ältere Dame verträumt. »Finden Sie nicht auch, Mister Parker, daß das eine gute Grundidee wäre?«

      »In der Tat, Mylady«, gab der Butler ungemein höflich zurück. »Ich werde nicht versäumen, eine entsprechende Aktennotiz für Mylady vorzubereiten.«

      »Ein Wesen aus Fleisch und Blut also«, schaltete sich Kathy Porter ein. Sie war aus der Maske der May Purgess geschlüpft und nun wieder sie selbst. »Welches Motiv könnte der Mann haben, der als Vampir und Mörder erscheint? So etwas macht doch kein Mensch aus Spaß.«

      »Ich habe schon wieder einen neuen Einfall«, ließ Lady Simpson sich zufrieden vernehmen. »Vielleicht wird in meinem Drehbuch der stellungslose Artist ein Geisteskranker. Oder noch besser, er ist ein geisteskranker, stellungsloser Artist. Wie finden Sie das, Mister Parker?«

      »Ungemein bemerkenswert, Mylady«, antwortete Josuah Parker, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen, »auch das werde ich notieren. Miß Purgess, ist es erlaubt, einige Fragen an sie zu richten?«

      »Natürlich«, erwiderte die attraktive Schauspielerin, »ich sage Ihnen gleich, daß ich nie an einen echten Vampir geglaubt habe.«

      »Hatte Mister Penwood Feinde?« erkundigte sich Parker.

      »Keine, die ihn umbringen wollten«, gab sie entschieden zurück, »und das trifft bestimmt auch für mich zu, Mister Parker.«

      »Wurden außer Mister Penwood und Ihnen noch weitere Kollegen von diesem Vampir belästigt und mit dem Tod bedroht?«

      »Ich weiß es nicht«, antwortete May Purgess und hob ratlos die Schultern. »Außer Rob hat kein Kollege mit mir über solche Dinge gesprochen.«

      »Ich habe schon wieder eine neue Idee«, ließ Agatha Simpson sich eifrig vernehmen, »gibt es da vielleicht Kolleginnen und Kollegen, die Mister Pendwoods und Ihre Rolle haben wollen?«

      »Das ist nicht auszuschließen, Lady Simpson«, erwiderte May Purgess. »Um Rollen dieser Art gibt es immer ein Gerangel unter den Kollegen. Sie werden gut bezahlt und haben große Publicity. Aber deshalb bringt man sich ja nicht gegenseitig um.«

      »Sagen Sie das nicht, Kindchen«, bemerkte die ältere Dame. »Konkurrenzneid ist ein gutes Motiv für einen Mord. Mister Parker, vergessen sie nicht, auch das in einer Aktennotiz festzuhalten!«

      »Gewiß, Mylady«, antwortete Parker, der einfach nicht aus der Ruhe zu bringen war. »Darf ich, wenn es gestattet ist, noch mal auf den Vampir zurückkommen?«

      »Kein Mensch unterbricht Sie«, schnarrte die Detektivin. »Sie selbst lenken ja immer wieder vom Thema ab.«

      Kathy Porter verbiß sich ein Schmunzeln. Sie amüsierte sich immer wieder um dieses skurrile Zweigespann Lady Simpson – Butler Parker. Sie war glücklich, diese beiden Menschen aus nächster Nähe beobachten zu können.

      »Der besagte Vampir dürfte kein Einzelgänger sein«, schickte Parker

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