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ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Die Westwood-Ateliers haben sich auf die Herstellung von Horrorfilmen spezialisiert, nicht wahr?«

      »Damit ist im Moment das große Geld zu verdienen«, antwortete Agatha Simpson. »Die einzelnen Gesellschaften produzieren am laufenden Band und versuchen, sich gegenseitig auszustechen.«

      »Welche Rolle spielen die Westwood-Ateliers in diesem Wettlauf?«

      »Sie sind einsame Spitze, haben die besten Schauspieler und die besten Gruseleffekte.« Lady Simpson nickte nachdrücklich. »Nun kommen Sie nur ja nicht auf den Gedanken, Superintendent, hier habe irgendeine konkurrierende Gesellschaft die Hand im Spiel und versuche, die Westwood-Ateliers aus dem Feld zu schlagen.«

      »Wäre das wirklich so ausgeschlossen?« Needle sah Agatha Simpson neugierig an.

      »Schnickschnack, Superintendent«, fuhr die Gesprächspartnerin ihm prompt über den Schnabel. »Ich würde nicht wagen, das als Romanstoff zu verwenden.«

      »Ich verstehe nicht recht, Mylady.«

      »Natürlich nicht, das würde mich auch sehr wundern.«

      Sie sah ihn verächtlich an. »Ich bin Künstlerin und habe ein Gespür für Zusammenhänge. Vor allen Dingen habe ich den Vampir gesehen, der mein Blut saugen wollte. Nein, nein, Superintendent, ob Sie es nun glauben oder nicht, hier mordet tatsächlich ein Vampir.«

      »Natürlich, Mylady«, antwortete Needle bedächtig wie zu einer Irren.

      »Unterlassen Sie diesen herablassenden Tonfall«, fauchte die streitbare Dame sofort. »Sie haben es nicht mit einer Schwachsinnigen zu tun.«

      »Ganz sicher nicht, Mylady.«

      »Ich bin auch nicht verschroben!«

      »Bestimmt nicht, Lady Simpson.«

      »Ich werde Ihnen diesen Vampir auf einem silbernen Tablett liefern, Superintendent«, versprach Lady Simpson grimmig, »und Mister Parker wird mir dabei helfen.«

      »Wie Mylady befehlen«, ließ Parker sich vernehmen.

      »Dann möchte ich nicht länger stören«, sagte Needle hastig. Er schien jetzt fest davon überzeugt, daß die Lady tatsächlich alt, verschroben und leicht schwachsinnig sei. Er ließ sich von Parker schnell aus dem großen Salon in die Wohnhalle des Stadthauses bringen.

      »Sie sind nicht gerade zu beneiden«, meinte er zu Parker, der ihm die Tür öffnete.

      »Wie darf ich diesen Satz interpretieren?« erkundigte sich der Butler.

      »Sie muß sehr anstrengend sein, wie?«

      »Außerordentlich, Sir«, antwortete Parker, ohne eine Miene zu verziehen. »Myladys Anforderungen an meine bescheidene Wenigkeit sind erstaunlich hoch und auch recht strapaziös.«

      »Ich werde Sie auf keinen Fall mehr belästigen«, versprach Needle in völliger Verkennung der Situation. »Soll sie ruhig ihr Steckenpferd reiten, sie wird bestimmt keinen Schaden anrichten.«

      »Wie Sie meinen, Sir.«

      »Unsinn, daß hier ein echter Vampir mordet!« Needle schmunzelte überlegen.

      »Sie gestatten, Sir, daß ich anderer Ansicht bin«, gab der Butler zurück. »Es ist noch nicht lange her, daß Mylady und meine bescheidene Wenigkeit Frankenstein stellten und der Gerechtigkeit überlieferten.«

      »Hm!« Needle war davon überzeugt, daß auch Parker ein wenig skurril sein mußte.

      »Ganz zu schweigen von dem Werwolf, den Mylady in der Heide von Sussex stellte«, redete Parker weiter. »Mir hingegen gelang es, Sir, einen Marsmenschen zu überführen, der in der Maske eines Liliputaners in einem Vergnügungspark arbeitete.«

      Needle sah den Butler fassungslos und entgeistert an, um dann schleunigst die Flucht zu ergreifen. Er war jetzt fest davon überzeugt, auf zwei relativ harmlose Irre gestoßen zu sein.

      »Haben Sie nicht etwas zu stark aufgetragen, Mister Parker?« fragte Lady Simpson wenig später, als ihr Butler das Gespräch wiedergegeben hatte.

      »Möglicherweise, Mylady«, antwortete der Butler steif und gemessen. »Es dürfte aber sicher sein, daß der Superintendent einen weiten Bogen um Mylady und um meine bescheidene Person machen wird. Das wird die Ermittlungsarbeiten ungemein erleichtern, wie ich vermute!«

      *

      Sie wohnte in einer kleinen, reizend eingerichteten Wohnung im Westen der Stadt und hatte sich förmlich verbarrikadiert. Sie hatte Angst vor dem Vampir, zitterte um ihr Leben und dachte immer wieder an den schrecklichen Tod ihres Kollegen Penwood.

      May Purgess hatte die Tür verschlossen und zusätzlich verriegelt. Sicherheitshalber hatte sie noch eine Kommode vor die Tür geschoben und sich vergewissert, daß die beiden Fenster zur Gasse fest verschlossen waren.

      Ein Telefonat mit Josuah Parker war nicht zustande gekommen. May war deshalb versucht, die Polizei zu verständigen, doch sie genierte sich davor. Die attraktive Schauspielerin dachte an die spöttischen Blicke der vernehmenden Beamten, die ihr wahrscheinlich kein Wort von dem abnahmen, was sie aussagte. Sie konnte die Kriminalbeamten sogar verstehen. Man lebte schließlich im 20. Jahrhundert, Vampire gab es nur in Schauerromanen und in entsprechenden Horrorfilmen. In Wirklichkeit existierten sie natürlich nicht.

      Bisher hatte die junge Schauspielerin kaum anders gedacht. Sie galt in Fachkreisen als die schönste Leiche vom Dienst und wurde immer wieder engagiert, in Horrorfilmen das unschuldige Opfer zu spielen. Ihre spitzen, gellenden Schreie der Angst und Panik waren Musik in den Ohren der späteren Zuschauer.

      May Purgess amüsierte sich darüber, doch inzwischen sah manches anders aus. Vielleicht gab es doch die schauerlichen Wesen, die aus ihren Gräbern stiegen und nach warmem Menschenblut lechzten? Waren diese unheimliche Wesen gerade durch die Horrorfilme erst wieder aktiviert worden? Sie wußte keine Antwort darauf, aber sie hatte Angst.

      Wie Rob Penwood hatte May Purgess sich über ihren gemeinsamen Manager und den Geldgeber an Lady Simpson und Josuah Parker gewandt, doch das seltsame Zweigespann schien in diesem Fall überhaupt nichts auszurichten. Gegen Vampire war wohl kein Kraut gewachsen.

      May Purgess zuckte wie unter einem Peitschenschlag zusammen, als das Telefon klingelte.

      Dann riß sie fast dankbar den Hörer aus der Gabel und meldete sich. Genau das brauchte sie jetzt, nämlich eine menschliche Stimme, die sie von ihren Ängsten ablenkte.

      »Ich werde kommen«, sagte jemand heiser und undeutlich, ein wenig außer Atem. »Ich komme bestimmt, meine Liebe, ich giere nach deinem Blut, nach deinem Leben. Erwarte mich, May Purgess erwarte mich!«

      May Purgess schnappte nach Luft, ließ den Hörer sinken und zu Boden fallen.

      Sie rang nach Fassung, schluchzte, rannte zur Tür, überprüfte, ob sie immer noch fest verschlossen war, eilte zu den Fenstern, kontrollierte die Riegel, lief zurück zum Telefon und hörte ein ersticktes, röchelndes Lachen, das aus einer Gruft zu kommen schien. Dann knackte es in der Leitung, die daraufhin tot war.

      May drückte den Kontakthebel und wählte in fliegender Hast die Nummer Butler Parkers. Auf der Gegenseite meldete sich nichts. Die Schauspielerin wollte die nächste Nummer wählen und merkte erst jetzt, daß die Leitung tot war. Die Leitung mußte vor ein paar Sekunden unterbrochen worden sein.

      Panische Angst überflutete sie. Was sollte sie tun? Die Wohnung verlassen und zur Polizei laufen? Oder wenigstens vor die Wohnungstür eines Nachbarn, um dann von dort aus zu telefonieren oder Schutz zu suchen? Aber dann verließ sie die schützende Wohnung und lief dem mörderischen Vampir vielleicht direkt in die Arme. Nein, dieses Risiko wollte sie auf keinen Fall eingehen. Da war es schon besser, hier in der Wohnung zu bleiben.

      Um ihre vibrierenden Nerven ein wenig zu beruhigen, mixte May sich einen Drink und nahm etwas mehr Whisky als sonst. Dann setzte sie sich so in einen Sessel, daß sie die Wohnungstür genau im Blickfeld hatte und auch die beiden Fenster kontrollieren konnte.

      Sie

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