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nicht, denn bis in unsere Tage ist die Frage der Fälschung nicht geklärt.

      Es war geradezu seltsam für einen so jungen Mann, dass er als er die Zwanzig kaum überschritten hatte, schon an seine sichtbare Präsenz nach seinem Tode dachte. Aber in Prag, wo er seinen Schwiegervater aufgesucht hatte, wahrscheinlich um neue Zugeständnisse zu erwirken, herrschte 1358 die Pest und das Memento mori war gleichsam an allen Ecken und Enden sichtbar. Sein Aufenthalt in der Stadt an der Moldau war nur kurz gewesen, anscheinend hatte das einst gute Verhältnis zwischen Schwiegervater und Schwiegersohn schon einen Riss bekommen, denn Karl, der in Rudolf eventuell seinen Nachfolger als Kaiser gesehen hatte, kamen nun doch Zweifel an seinen Vorstellungen für die Zukunft, vor allem als Rudolf den Wunsch äußerte, vom Kaiser den Titel eines Königs der Lombardei übertragen zu bekommen.

      Für die Position Rudolfs im Reich wäre diese Ehre eine ungewöhnliche Aufwertung gewesen, was natürlich auch Karl IV. bekannt war. Längst war aber seine Beziehung zu seinem Schwiegersohn dermaßen abgekühlt, dass er keine Veranlassung sah, Rudolf mit der eisernen Krone der Langobarden, die freilich eine Imitation war, die einst Heinrich VII. hatte herstellen lassen, zu krönen.

      Rudolf und der Kaiser schieden im Streit, etwas, das eigentlich nicht verwunderlich war, bedenkt man, dass beide äußerst dynamische Herrscher waren, von denen der jüngere als Herzog von Österreich gegenüber dem Kaiser freilich die schlechteren Karten haben musste. Daher versuchte jeder, seine Hausmacht durch Eheschließungen oder Bündnisse zu erweitern. Karl streckte seine Fühler nach Ungarn aus, verheiratete nicht nur seine erst dreijährige Tochter Margarete mit dem späteren Ludwig I. von Anjou, er selber reichte in seiner dritten Ehe der Schwester des ungarischen Königs die Hand für ein kurzes gemeinsames Leben. Karl wusste, was er tat, denn der ungarische König war nicht nur ein verlässlicher Partner im Osten Österreichs, er war auch Anwärter auf den polnischen Thron. Und sollte es das Schicksal wollen, so könnte es durchaus sein, dass sich das Luxemburger Einflussgebiet weit in den Osten hinein erstrecken würde …

      Rudolf hatte andere Pläne. Er hatte darüber nachgesonnen, auf welche Weise er dem Kaiser wirklich schaden konnte. Und da Fälschungen für ihn eine besondere Herzensangelegenheit waren, griff er auch in diesem Fall wieder zu einer List. Am 20. Juli 1359 tauchte plötzlich ein angeblich vom Freisinger Bischof Paul von Jägerndorf verfasster Brief an die römische Kurie auf, in der die Absetzung des Kaisers gefordert wurde und Ludwig von Ungarn zum Gegenkönig ausgerufen werden sollte, von dem sich Rudolf trotz der umgekehrten verwandtschaftlichen Beziehungen Vorteile erhoffte.

      Auch diese Sache verlief im Nichts, sodass Rudolf andere Ideen durch den Kopf gingen. Schon sein Vater hatte sich mit der leidigen Tiroler Angelegenheit befasst und versucht, von Papst Innozenz VI. die Lösung des Bannes, der über dem Tiroler Landesfürstenpaar schwebte, zu erreichen. Knapp vor dem Ziel starb Albrecht II. Sein Sohn Rudolf sprang für ihn sofort in die Bresche, denn immerhin konnte es sein, dass die Habsburger einmal die lachenden Erben Tirols sein würden, da Margarete Maultasch und ihrem zweiten Ehemann Ludwig von Brandenburg nur der ungewöhnlich schwächliche Sohn Meinhard beschert war, der mit einer Tochter von Herzog Albrecht II., also mit einer Schwester Rudolfs, verheiratet war. Daher war es für Rudolf unendlich wichtig, die Tiroler Angelegenheit so bald wie möglich unter Dach und Fach zu bringen. Er selbst ritt nach Salzburg, um Ludwig von Brandenburg zu treffen, als der Papst signalisiert hatte, dass er eventuell bereit war, den Bann zu lösen, wenn Margarete und Ludwig sich bereit erklärten, die Bedingungen die Innozenz in finanzieller und materieller Hinsicht stellte, zu erfüllen. Rudolf stellte sich als Bürge für die Einhaltung der Gelöbnisse zur Verfügung. Und nachdem in München die Ehe, die Margarete und Ludwig kirchenwidrig im Jahr 1342 geschlossen hatten, durch Kommissare getrennt wurde, fand am nächsten Tag in der Münchner Burg die neuerliche Trauung feierlich statt. Das Brautgeschenk war allerdings nicht für das Brautpaar bestimmt, Margarete unterzeichnete als Erbin Tirols eine Vermächtnisurkunde zugunsten der Habsburger! Ob und wie weit der Kanzler Rudolfs Johann Ribi von Lenzburg, Bischof von Gurk, die Hände mit im Spiel hatte und die Nachwelt wieder mit einer Fälschung konfrontierte, ist bis heute nicht bekannt.

      So lang und so oft sich Rudolf auf Reisen aufhielt, um die verschiedensten Angelegenheiten zu regeln, so viel gab es für ihn in Wien zu tun. Schon sein Vater Albrecht II. hatte mit dem Bau des Stephansdomes begonnen, jetzt war der Sohn an der Reihe, die große Aufgabe fortzuführen und wenn möglich zu vollenden. Und bereits zwei Jahre nach seinem Regierungsantritt konnte im Jahre 1340 mit einer feierlichen Zeremonie der Chor eingeweiht werden. Der Spatenstich zum Langhaus, das als Verbindung zu den schon bestehenden Teilen des Domes fungieren sollte, erfolgte allerdings erst 1359, weshalb Rudolf seine Vollendung nicht mehr erleben sollte. Der Bau schritt verhältnismäßig langsam voran, denn die Inschrift »Hic est sepultus dens dux Rudolfus fundator«, die nach dem frühen Tode des Herzogs in etwa zwei Metern Höhe in Rudolfs Geheimschrift angebracht war, deutet darauf hin.

      Der Stephansdom stellte für den zielstrebigen Herzog geradezu ein Prestigeobjekt dar, er wollte unter allen Umständen ein geistiges Zentrum schaffen, das von jeglichen äußeren Einflüssen unabhängig sein sollte. Vor allem durfte das Bistum Passau keine wie immer geartete Rolle mehr in Wien spielen. Deshalb beauftragte Rudolf mit beinah hellseherischen Fähigkeiten seine Brüder, nach seinem überraschenden Tod den Bau fertigzustellen. Er ruhte nicht, bis der neue Papst Urban V. sich endlich im Jahre 1364 herbeiließ, die Stephanskirche zur Kollegiatskirche zu erheben, wobei das Kapitel aus 24 Chorherren und 26 Kaplänen bestehen sollte. St. Stephan wurde ab dieser Zeit als »Tumkirche« also als Dom bezeichnet, dem ein Probst im Rang eines Fürsten vorstand. Rudolf selbst, aber auch seine Gemahlin Katharina, seine Schwester Katharina und sein Bruder Albrecht unterzeichneten die Stiftungsurkunde. Natürlich war der Bischof von Passau keineswegs erfreut über diese Entwicklung in Wien, entgingen den Passauern jährliche Einnahmen in nicht unbeträchtlicher Höhe. Aber es blieb ihm nichts anderes übrig, als gute Miene zum – wie er meinte – abgekarteten Spiel zu machen.

      Es war auch äußerst schwierig, sich dem dynamischen jungen Mann, der vor Ideen nur so sprühte, in den Weg zu stellen und der in seiner tiefen Religiosität eines der bedeutendsten Klöster in Österreich gründete, nämlich Melk an der Donau und es mit vielen Sonderrechten, welche es jahrhundertelang behalten sollte, ausstattete. Und mancher Zeitgenosse traute wahrscheinlich seinen Augen nicht, mit welcher Energie der junge Herzog alles vorantrieb und welcher persönliche Elan vor allem hinter der Bautätigkeit steckte. Dabei achtete Rudolf streng darauf, dass die Bauten, die im Entstehen waren, nicht nur zweckdienlich, sondern auch kunstvoll ausgestattet waren. Und damit er als Laie nicht alles akzeptieren musste, was ihm die Handwerker vorschlugen, ließ er sich angeblich in die Zunft der Steinmetzen und Bauleute aufnehmen. Der Herzog setzte alles daran, aus Wien eine Stadt zu machen, die in keinerlei Hinsicht Prag nachstand, wo die berühmtesten Meister ihrer Zeit, wie die bekannten Brüder Parler, im Auftrag des Schwiegervaters ihre Kunstwerke schufen. Aus der bisher einfachen, unansehnlichen Stadt schuf Rudolf eine Kunst- und Kulturstadt, in der sich über 35 Kirchen und 25 Hauskapellen befanden – ein enormer Schatz, hält man sich die bescheidene Größe des damaligen Wien vor Augen! Auch Dichter und Philosophen entdeckten Wien, denn hier, so merkte man bald, regierte ein Mann, der Kunst und Wissenschaft in jeder Hinsicht förderte, auch schon vor der Gründung der Universität.

      Dass es Rudolf IV. gelingen konnte, die nach ihm benannte Alma Mater ins Leben zu rufen, wurde von ihm gut vorbereitet. Denn die Voraussetzungen waren durch die zahlreichen »Vorschulen«, neben den kirchlichen Hauslehranstalten, die die Stadt beherbergte, auf alle Fälle gegeben. Nur durch sie konnten genügend Lehrer und Professoren für die Universität gefunden werden. Allerdings war sich Rudolf, der gewohnt war, sich eingehend zu informieren, darüber im Klaren, dass nicht nur sein Wille die Entscheidung herbeiführen würde, sondern auch der Papst einverstanden sein musste, da nur der Heilige Vater verschiedene Privilegien vergeben konnte. Da aber Papst Urban V. zu Ohren gekommen war, dass der junge Heißsporn auf dem österreichischen Herzogstuhl Steuerprivilegien des Klerus drastisch beschnitten hatte, war er nicht besonders gut auf Rudolf zu sprechen. Die Abgaben, die der Klerus in Hinkunft zu leisten hatte, empörten nicht nur den Heiligen Vater, auch die österreichische Geistlichkeit war dem Herzog keineswegs freundschaftlich gesinnt, ja man bezeichnete Rudolf sogar als »neuen Pharao«.

      Rudolf ließ allerdings nicht locker. Im September 1364

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