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Clancy lagen gut neuneinhalb Schritt. Sie arbeiteten auf der obersten Plattform und nur wenig unter der Oberkante der Lava. Beide Posten, die auf der Oberkante in einiger Entfernung standen, konnten jede Einzelgruppe sehen und überwachen. Ihnen fiel die kleinste Bewegung, die nicht zur Arbeit gehörte, sofort auf.

      Links neben Clancy arbeiteten zwei andere Sträflinge, sie waren keine drei Schritt entfernt.

      »Ssst!« zischte Clancy. »Paß auf, nimm die Spitzhacke. Und dann...«

      Er wechselte einen kurzen Blick mit Floyd. Einen Moment fürchtete sich Clancy vor dem, was jetzt kommen mußte. Wenn sich Floyd nicht beherrschen konnte oder irgendeine Spur von Unruhe zeigte, war alles vorbei.

      Floyd sah ihn jedoch kalt und gelassen an. Ihm war nichts anzumerken, als er den letzten Schlag mit dem schweren Hammer tat. Danach legte er den Hammer auf die Bohle und griff zur Spitzhacke. In der Lava klaffte jener zackige kleine Riß, der sich beim ersten Platzen des Gesteins immer zeigte.

      »Ich wußte«, sagte Clancy laut. »Schlag genau in den Riß, dann bricht die Platte aus. Vorsicht, da unten!«

      Vier Mann waren unter dem Gestell. Sie sammelten die herabfallenden Brocken auf und brachten sie weg. Als Clancy seine Warnung rief, traten sie einen Schritt zurück.

      Im nächsten Moment schlug Floyd mit aller Gewalt zu. Die breite Schneide der Spitzhacke fuhr knirschend in den Riß hinein. Und dann fraß sie sich fest.

      Es war genau das, was Clancy geplant hatte. Floyd hatte mit derartiger Gewalt zugeschlagen, daß sich die Scheide festkeilen mußte. Der Riß verbreiterte sich etwas, aber die Platte brach nicht aus. Auch das hatte Clancy sich ausgerechnet.

      »Hölle!« knurrte Floyd, scheinbar verstört. »Die Hacke sitzt fest, Clancy. Mann, ich zieh mal.«

      Er bückte sich, stemmte die Arme unter den Hackenstiel und krümmte den Rücken. Sein breiter Rücken, nur von einem alten Armeehemd bedeckt, zeigte bereits einige Schweißflecken.

      Es war nur ein Ruck, mit dem Reegans Oberkörper in die Höhe zuckte. Im nächsten Moment knackte es häßlich. Der glattgewachsene, langadrige Stiel der Hacke brach genau hinter dem Hackenmaul ab.

      Floyd schoß mit dem Ruck nach vorn.

      Er blieb nach einem heiseren Schreckenslaut mit der Brust über der Lavakante liegen, aber er hatte den Stiel in der Faust.

      »He, was habt ihr denn?« knurrte Gates, der eine Posten, mürrisch. »Schon wieder was zerbrochen? Mensch, Reegan, kannst du deine Kräfte nicht woanders lassen? Der Kerl zerbricht einfach alles!«

      »Ich – ich konnte nichts dafür«, stotterte Floyd und stemmte sich hoch. »Tut mir mächtig leid, Mr. Gates. Das verdammte Ding! Wie konnte es abbrechen!«

      Jetzt kam es, und Clancy beobachtete mit angehaltenem Atem, wie Floyd wütend mit dem dicken Stiel der Hacke ausholte. Dann sauste der Stiel herunter.

      Er krachte mit der breiten Fläche, also quergehalten, auf die Vierkantspitze der Hacke. Der Stahl splitterte den Stiel haargenau in der Mitte auf, aber der Spalt führte nicht bis zum Stielende durch.

      Nur ein klaffendes Stück, das Ähnlichkeit mit einer riesengroßen Wäscheklammer hatte, öffnete sich.

      Oh, verflucht, dachte Clancy und atmete aus, der Junge kann zuschlagen – auf den Zentimeter genau.

      »Du verdammter Idiot, jetzt hast du den Stiel ganz verdorben!« fluchte

      Gates bissig. »Jetzt kann man nicht mal mehr einen Hammerstiel aus ihm machen. Wo du mit deinen Kräften hinlangst, du Totschläger, bricht alles entzwei, was? Perry, he – hol eine neue Hacke her! Dieser Gorilla hat eine zerschlagen!«

      Perry, der einzige Mann, der sich allein bewegen konnte, dafür aber an den Händen gekettet war, ging unten los.

      »Tut mir leid. Sir, ehrlich leid«, versicherte Floyd zerknirscht. »Ich wollt’ bestimmt nichts kaputtmachen, ehrlich nicht, Sir.«

      »Los, ihr Narren, nehmt einen Keil und bringt die Hacke irgendwie raus!« fluchte Gates barsch. »Paß nächstens auf, du nachgemachter Mensch!«

      Danach ging er zurück, während Floyd sich bückte und den Stiel neben sich auf die Bohle legte. Im Aufrichten griff er nach dem schweren Hammer und einem anderen Keil. Sein kurzer Blick traf Clancy. In Floyds braunen Augen stand ein Funkeln.

      Der erste Teil von Clancys Plan war erfüllt. Er hatte jetzt eine überdimensionale Wäscheklammer.

      Hinter der Blockhütte unten lagen mehrere zerbrochene Stiele, aber keiner war so gesplittert wie dieser hier. Andere waren wegen der Schrägmaserung wie Dolche abgebrochen. Einige hatten einen kurzen, schrägen Bruch, der handlange Splitter abgefetzt hatte. Einen dieser Splitter hatte Clancy bereits gestern beiseitegeschafft. Außerdem besaß er Hosenriemen.

      Diese drei Dinge brauchte er, um sich das zu besorgen, was die nächste Stufe des Planes bedeutete. Eine riesengroße Wäscheklammer, ein Hosenriemen und ein handlanges Splitterstück von einem anderen Stiel.

      Niemand hätte hinter diesen drei Dingen den Beginn eines Fluchtversuches vermuten können. Und doch, er war es!

      *

      Kinseys dunkle Augen hefteten sich auf den zusammengekrümmt auf einem Lavabrocken kauernden Clancy. Auch Beecham, der Küchenfahrer, der ihnen jeden Tag das Essen herausbrachte, glotzte zu Clancy herüber.

      Clancy würgte so laut, daß es auffallen mußte.

      »Was hast du denn, he?« fragte Kinsey schmatzend.

      Es gab Suppe mit Schaffleisch. Aber während die Sträflinge die dünne Brühe erhalten hatten, löffelten die vier Posten das Dicke.

      »Mir is’ schlecht«, brachte Clancy mühsam heraus und würgte stöhnend.

      Er stellte den Blechtopf zur Seite. Neben ihm saß Quinton, ein dicker, großer Mann, Sträfling wie die anderen. Clancy sackte noch mehr zusammen. Beide Hände auf den Bauch gepreßt, schien er nach vorn kippen zu wollen.

      »Ich – ich glaube, ich muß mal!« ächzte er.

      »Was ist?« brummte Gates, in dessen Gruppe sie arbeiteten. »Mensch, kann man nicht mal in Ruhe essen?«

      »Laß ihn sich doch die Hose vollmachen«, brüllte Kinsey und lachte tosend los. »Stell dir vor, wenn er so arbeiten muß, hähähähä!«

      Sie lachten nun alle. Nur Gates fluchte, stand auf, als Clancy stöhnte und kam zu ihm. Er brachte seinen Fußschellenschlüssel mit.

      »Los, steh auf, Mensch!« sagte er barsch. »Geh schon, Mann.«

      »Tut mir leid, mächtig leid, Sir«, ächzte Clancy. »Mir ist so schlecht... Die Schmierwurst gestern...«

      Er stand auf, hob das Bein an, und Gates schloß ihn los. Kinsey beobachtete ihn mit halbgeschlossenen Lidern. Die Latrine, ein Bretterhäuschen, war hinter der Hütte. Die Wächter saßen vor der Hütte auf der Bank, und dort stand auch Gates’ Eßnapf.

      »He, Gates«, knurrte Kinsey scharf. »Geh mit!«

      Gates holte fluchend seinen Eßnapf, nahm sein Gewehr und folgte Clancy, der schon das Bretterhäuschen erreicht hatte. Clancy setzte sich stöhnend auf die Brille. Er hatte die Tür halb geöffnet, und er konnte Gates beobachten. Gates hockte sich mit dem Gewehr zwischen den Knien auf ein paar Lavahöcker.Von den übrigen Sträflingen war nichts zu sehen.

      Verdammte Geschichte, fuhr es Clancy durch den Kopf. Das geht nicht gut. Gates sitzt hart links neben der Ecke der Hütte. Wenn er doch zwei Schritt machen würde, dann könnte er mich nicht mehr sehen. Floyd muß anfangen. Oder verpatzt uns auch Quinton das Spiel?

      Floyd Reegan hockte mit gesenktem Kopf auf dem Lavavorsprung. Wenn er auch in seinen Napf zu blicken schien, so schielte er doch zu dem von Clancy abgestellten Topf hinüber.

      Einen Moment begann der große blonde Floyd Reegan zu frieren. Es war unheimlich,

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