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      Inhalt

       So nicht,Frau Dr. Merz

       Wettlauf mit der Zeit

       Im Auge des Sturms

       Die unbekannte Tochter

       Eifersucht ist eine Sucht

       Es geht um ein Leben!

Dr. Norden (ab 600) – Jubiläumsbox 6 –
So nicht,Frau Dr. Merz

      »Nanu, was haben wir denn da?« Felicitas Norden saß im Wohnzimmer auf der Couch neben ihrem Mann und bohrte ihm den Zeigefinger in das Speckröllchen, das sich gut sichtbar unter seinem T-Shirt vorwölbte. Sie amüsierte sich sichtlich. »Seit wann hast du denn einen Schwimmreifen?«

      Augenblicklich setzte sich Daniel kerzengerade auf und zog den Bauch ein.

      »Wo? Wie? Ich weiß gar nicht, was du meinst.« Er schickte einen prüfenden Blick hinunter zu seiner Leibesmitte. Doch es nützte alles nichts. Er konnte nicht leugnen, dass seine körperliche Verfassung in letzter Zeit gelitten hatte. Seufzend lehnte er sich wieder zurück. »Das liegt daran, dass momentan in der Praxis so viel zu tun ist. Da bleibt einfach keine Zeit für Sport.«

      »Was ist denn mit der Laufrunde, die du mit Danny und Janine einmal ins Leben gerufen hast?«, erinnerte sich Fee an das ambitionierte Projekt.

      Sie beugte sich vor und griff gedankenverloren in die Schale mit Salznüssen, die auf dem Couchtisch stand. Als Ärztin auf der Kinderstation der Behnisch-Klinik war sie viel auf den Beinen und konnte sich solche Extrakalorien ohne schlechtes Gewissen erlauben.

      »Keine Chance. Sogar die Mittagspausen gehen im Augenblick für Klinikbesuche oder Besprechungen mit Danny drauf.«

      »Du könntest mit dem Fahrrad in die Praxis fahren.« Wie immer sann Felicitas in ihrer praktischen Art sofort über eine Lösung nach.

      Unwillig schüttelte Daniel den Kopf.

      »Geht nicht. Ich brauche tagsüber ein Auto. Stell dir nur mal vor, ich werde zu einem Notfall gerufen und kann nicht fahren, weil Danny bei einem Hausbesuch oder in der Klinik ist.« Er hielt inne und lauschte auf die harmonischen Klänge aus den Lautsprechern. Die Rockballaden erinnerten ihn an längst vergangene Zeiten, in denen seine Liebe zu seiner Frau noch jung gewesen war. »Hör mal!«, machte er Fee aufmerksam. »Dazu haben wir unseren ersten Stehblues getanzt. Erinnerst du dich?«

      »Wie könnte ich das je vergessen?« Mit zärtlicher Miene streckte Fee die Hand aus und streichelte über die Wange ihres Mannes. Der Ausdruck in ihren Augen war verklärt, und auch sie gönnte sich einen versonnenen Moment, ehe sie in die raue Wirklichkeit zurückkehrte. »Damals warst du auch ohne Sport noch rank und schlank wie eine Pappel.« Ihre ungewöhnlich violetten Augen blitzten schelmisch.

      Daniel traute seinen Ohren kaum.

      »Manchmal bist du ein richtiges Satansweib!«, knurrte er und streckte die Arme nach ihr aus. »Das kann ich nicht durchgehen lassen.«

      Lachend setzte sich Fee zur Wehr, und ein paar Minuten ran­gelten sie ausgelassen wie die Kinder, bis sie schließlich atemlos innehielten und sich tief in die Augen sahen.

      »Wenn ich mich recht erinnere, magst du es manchmal diabolisch«, gurrte sie.

      Ihre Gesichter waren nur Zentimeter voneinander entfernt, und ihr warmer Atem streichelte sein Gesicht.

      »Das stimmt allerdings«, raunte er ihr heiser zu, ehe er sie an sich zog und sie leidenschaftlich küsste.

      Vergessen waren Speckröllchen und Sportprogramme, und verlangend glitt Fees Hand unter Daniels T-Shirt, als die Haustür laut ins Schloss fiel. Eines der Kinder war nach Hause gekommen, und bedauernd löste sich das Ehepaar voneinander.

      »Das Ablenkungsmanöver war wirklich gut«, lächelte Fee, während sie ihren dünnen Pullover glatt strich. »Trotzdem haben wir das Problem noch nicht gelöst. Ich denke, ich werde mit Lenni sprechen. Wenn du schon im Augenblick nicht dazu kommst, dich genug zu bewegen, solltest du dich ausgewogen und vitaminreich ernähren.«

      »Du willst mich auf Diät setzen«, entschlüsselte Daniel die versteckte Botschaft seiner Frau sofort.

      »Wie, Diät?« Felix’ Kopf tauchte in der Tür auf. Das blanke Entsetzen stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Nie mehr Nudeln mit Käsesauce? Pizza? Pommes mit Majo? Das könnt ihr mir nicht antun.«

      »Das hat ja kein Mensch gesagt, dass du ganz darauf verzichten musst«, lachte Fee, nachdem sie ihren zweitältesten Sohn gut gelaunt begrüßt hatte. »Aber alles in Maßen und dazu ein bisschen Sport. Was meint ihr? Sollten wir uns einen Heimtrainer anschaffen?«

      »Heimtrainer klingt gut.« Frech grinsend ging Felix zum Tisch und griff in die Schale mit den Erdnüssen. »Aber hast du eine Ahnung, wie lange man den braten muss, bis er schön kross ist?«

      Einen Moment lang starrten die Eltern ihren Sohn an. Dann brachen sie gleichzeitig in schallendes Gelächter aus.

      »Du bist einfach unbezahlbar!«, erklärte Daniel endlich und wischte sich eine Lachträne aus dem Gesicht. »Bis wir herausgefunden haben, wie man so einen Heimtrainer zubereitet, können wir uns ruhig noch ein Stück Schokolade gönnen. Was meinst du?«

      Mit diesem Vorschlag war sogar Fee einverstanden, und gleich darauf konnte man durch das Wohnzimmerfenster beobachten, wie sich drei hungrige Gestalten über eine große Tafel Schokolade hermachten, ohne auch nur einen Augenblick an Kalorien und Sport zu denken.

      *

      »Ich wusste es!« Ein Korken knallte gegen die Decke der Drei-Zimmer-Wohnung, und der Sekt schäumte aus der Flasche und tropfte auf Laura Merz’ Wohnzimmerteppich. Der Mann, mit dem sie seit ein paar Jahren liiert war, lachte und schenkte den Schaumwein in die beiden Gläser, die Laura ihm hinhielt. »Du bist eine ewige Zweiflerin. Aber mir war klar, dass du die Stelle in der Bendisch-Klinik bekommst.«

      »Behnisch-Klinik!«, korrigierte Laura ihn zum wohl zehnten Mal. »Sie heißt Behnisch-Klinik.«

      »Bendisch? Behnisch? Was spielt das für eine Rolle?«, fragte Achim und stieß mit der Frauenärztin an. »Hauptsache, du hast den Job.« Die Gläser klangen aneinander. Während Laura nur an ihrem Sekt nippte, leerte Achim seines in einem Zug und schenkte sich gleich nach. »Und morgen fängst du schon an. Dann kannst du gleich mal nachschauen, ob du an meinen Seelentröster rankommst.«

      Als Laura das hörte, verschluckte sie sich prompt und hustete, bis sie keine Luft mehr bekam.

      »Was denn, was denn?« Gutmütig lachend klopfte ihr Freund ihr auf den Rücken. »Schmeckt dir etwa mein Sekt nicht?« Er nahm die Flasche zur Hand und tat so, als würde er intensiv das Etikett studieren. »Dabei hab ich ein besonders feines Tröpfchen ausgesucht.«

      Doch Lauras Augen waren schmal geworden. Sie setzte sich an den runden Esstisch, der mangels Esszimmer in einer Ecke des Wohnzimmers stand, und starrte Achim argwöhnisch an.

      »Was soll das heißen? Ich dachte, du hättest mit dem Zeug aufgehört.« Ihre Stimme zitterte.

      Abwehrend hob Achim eine Hand vor den Oberkörper.

      »Jetzt reg dich mal nicht gleich auf! Ich hab dir doch gesagt, dass ich nur noch ab und zu was brauche. Von heute auf morgen aufhören ist nicht so einfach.«

      »Nach der Hausdurchsuchung bei dir hast du mir versprochen, dass du aufhörst mit dem Zeug«, erinnerte Laura ihn an die unabänderlichen Tatsachen. Auf den Schreck brauchte auch sie einen Schluck Alkohol und leerte ihr Glas in einem Zug. »Das ist jetzt zwei Wochen her.«

      Achim

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