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Die beiden kämen in der Küche sicher sehr gut allein zurecht. Außerdem hätte sie das dann schon eher anbieten müssen, zum Beispiel beim Abräumen.

      Christine fühlte sich plötzlich unbehaglich. Sie wollte wissen, ob Daniel schon schlief oder ob er traurig war und sie vermißte. Diese Antwort würde sie von ihrer Mutter jedoch bestimmt nicht bekommen.

      »Ich glaube, ich sollte mich dann langsam verabschieden…«

      »Christine, es ist gerade zehn Uhr. Tobias und Viola wären beleidigt, wenn Sie jetzt schon gehen. Und ich wäre traurig. Ich hatte gehofft, daß wir später noch einen Schlummertrunk nehmen. Bei mir im Restaurant an der Bar…«

      »O nein, auf keinen Fall!«

      Sie stieß das so vehement hervor, daß er sie leicht verletzt musterte. Christine wurde rot.

      »Entschuldigen Sie, das habe ich nicht böse gemeint. Ich wollte nur sagen…, daß ich…, daß ich…«

      Was denn nun? Daß ich Angst habe, in Ihren Armen zu landen? Ja, das war es nämlich. Genau das. Sie spürte es schon vorweg und wußte, daß es ihr gefallen würde. Und genau das sollte nicht passieren. Nicht jetzt, nicht schon, nicht so schnell. Nicht, bevor mit Daniel alles wieder in Ordnung war.

      »Ich verstehe schon. Lassen wir uns Zeit.«

      Das war nun wieder sehr nett von ihm. Erleichtert lächelte Christine ebenfalls. Trotzdem mochte sie nicht mehr so nah neben ihm sitzen. Sie stand auf und ging zum Tisch, wo ihr Weinglas stand.

      »So, der Champagner hat jetzt genau die richtige Temperatur«, verkündete Tobias und schwenkte die Flasche leicht hin und her.

      »Und du wohl auch, was? Du hast noch Lippenstift auf der Wange.«

      Tobias grinste seinen Freund an und machte keinen Versuch, den Lippenstift seiner Verlobten abzuwischen. Statt dessen füllte er die Gläser und gab Christine ihres in die Hand.

      »Man muß die Gelegenheiten nutzen, die sich einem bieten.«

      Dabei sah er erst Adrian, dann Christine an. Sie tat so, als bemerkte sie die Anzüglichkeit nicht. Sicher war, daß Adrian keine Lippenstiftspuren trug.

      Als Viola und Tobias wieder im Raum waren, löste sich die Spannung, unter der Christine gestanden hatte, auf wohltuende Weise von selbst. Sie blieb noch weitere zwei Stunden, ließ sich dann aber nicht mehr davon abhalten, nach Hause zu fahren. Adrian bestand darauf, sie zum Wagen zu bringen.

      »Ich darf Sie anrufen, Christine?«

      »Ja. Das können Sie gern tun.«

      »Und Sie werden auch Zeit für mich haben?«

      »Wir werden sehen…«

      Er beugte sich blitzschnell vor und küßte sie auf den Mund. Christine hatte so etwas erwartet und zuckte nicht zurück. Eigentlich war es sehr schön…

      Ein letzter Händedruck, ein letzter Blick, dann saß sie im Wagen und fuhr nach Hause. In eine leere Wohnung, ohne Daniel… aber morgen konnte sie ihn abholen, dann könnte er sich nicht weigern, wieder mitzukommen. Sie würde das Mittagessen, zu dem ihre Mutter sie eingeladen hatte, schon irgendwie überstehen. Am Nachmittag wollte sie mit Daniel ins Kino gehen, hatte ihm aber noch nichts davon gesagt, um ihn zu überraschen. Oder – weil sie Angst hatte, daß er ablehnen könnte?

      *

      Ins Kino war er mitgekommen, aber ansonsten verhielt er sich genauso wie in der vergangenen Woche. Christine brauchte alle Geduld, derer sie fähig war, um nicht die Nerven zu verlieren und ihn anzuschreien.

      Um wenigstens ein Erfolgserlebnis herbeizuzwingen, rief sie am Montagabend bei Suse an. Ihre Freundin nahm sogar den Hörer ab.

      Wahrscheinlich hatte sie einen anderen Anruf erwartet.

      »Hallo, Suse, ich bin es. Kann ich mit dir sprechen?«

      »Was willst du?«

      Huh, das klang aber nicht gerade erfreut. Christine ärgerte sich bereits wieder, doch sie versuchte, ruhig zu bleiben.

      »Ich denke, wir haben etwas zu klären. Du tust so, als hätte ich dir einen Freund ausgespannt. Aber du weißt genau, daß es so nicht ist.«

      »Ist das alles?«

      »Mein Gott, sei doch nicht so stur! Erzähl mir nicht, daß du mich nicht vermißt. Ich habe gerade große Probleme mit Daniel, und ich dachte, daß ich wenigstens unseren Streit in Ordnung bringen könnte…«

      »Vielleicht kümmerst du dich zu wenig um deinen Sohn.«

      Das hätte ihre Mutter sagen können, und von dieser hätte es Christine auch nicht überrascht oder verletzt. Aber daß ihre beste Freundin ihr so etwas vorwarf, die es ja nun wirklich besser wissen mußte, kränkte Christine tief.

      »Entschuldige, es hat wohl doch keinen Sinn, mit dir zu sprechen. Wenn du dich wieder eingekriegt hast, weißt du ja, wo du mich erreichst.«

      Sie legte den Hörer auf, ohne eine Antwort abzuwarten, und begann zu weinen.

      Was passierte da mit ihrem Leben? Hatte sich denn alles gegen sie verschworen?

      »Mama? Mama, tut dir etwas weh?«

      Christine hatte gar nicht gemerkt, daß sie wohl ein wenig laut geschluchzt hatte. Jedenfalls stand Daniel in der Tür und sah sie betroffen an.

      »Komm her, Daniel…, komm her, und sag mir endlich, was mit dir los ist…, bitte…«

      Er zögerte, kam dann aber zumindest näher. Er setzte sich auf die Kante des Sessels und sah sie voller Unbehagen an.

      »Bitte, Daniel, ich verstehe dich überhaupt nicht mehr. Wir haben doch immer Vertrauen zueinander gehabt, oder nicht? Du hast mir immer alles sagen können, was dich bedrückte. Und jetzt bist du mir so fremd, als kenne ich dich gar nicht…«

      »Ich… hab nichts.«

      »O doch, du hast etwas. Das sagt auch Herr Wolf. Ich war nämlich am Freitag bei ihm. Er macht sich auch Sorgen um dich. Er hat dich gern, weißt du, deshalb möchte er, daß es dir gutgeht.«

      »Hmm.«

      »Daniel, bitte, komm zu mir. Setz dich hier neben mich, wie sonst auch. Und sag, was dich bedrückt. Hat jemand etwas zu dir gesagt oder… dir etwas getan?«

      »Du… hast mich doch gar nicht mehr lieb…«

      Christine konnte kaum verstehen, was er sagte, weil er so leise sprach. Und als sie den Worten nachlauschte, konnte sie nicht glauben, was sie gehört hatte.

      »Daniel! Wie kannst du so etwas sagen? Du bist das Wichtigste auf der Welt für mich!«

      »Ja, früher…«

      »Nein, jetzt und immer! Ich verstehe überhaupt nicht, wie du auf so einen Unsinn kommst. Erklär mir das bitte.«

      »Du… hast mir nicht gesagt, daß du… heiraten willst.«

      Wie bitte? Christine verschlug es die Sprache. Sie starrte Daniel so ungläubig an, daß er unsicher wurde. Ein schiefes Grinsen machte sich in seinem Gesicht breit, aber es sah nicht fröhlich aus, eher ängstlich und sehr… einsam.

      »Mein Daniel…, ich will nicht heiraten! Ich schwöre es, davon kann keine Rede sein! Wie kommst du nur auf so einen Unsinn?«

      »Aber Oma hat gesagt, daß du es ihr selbst erzählt hast. Diesen Mann…, diesen Mann mit dem Restaurant. Ist der das?«

      »Ich kenne ihn doch kaum, Daniel! Ich bin noch nie mit ihm allein gewesen. Warum sollte ich ihn heiraten? Wie kommt Oma nur dazu, so etwas zu behaupten? Was hat sie denn noch gesagt?«

      »Daß alles anders wird, wenn ich einen Stiefvater habe. Daß du dann nicht mehr soviel Zeit für mich hast. Daß ich dann doch lieber bei ihr sein soll, weil du ja sowieso bald ganze Tage arbeitest…«

      »Und das hast du alles so geglaubt? Du hast geglaubt, daß

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