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bekommst du schönere Geschenke von deinem Vater.«

      »Nein. Er schickt Blumen, läßt Obst liefern oder bringt mir Kassetten mit seinem Bla-Bla-Tsching-Derassa-Bum!«

      »Mensch, Claudia!« ermahnte die Freundin sie. »Dein Vater und dann Bla-Bla!« Empört schüttelte sie den Kopf.

      »Macht doch nichts, Silke. Er kann ohne Mama nichts Nettes für mich tun. So ist er eben. Astrid sagt, Väter können ihre Liebe nicht immer so zeigen. Und sie sagt, er ist eben ein besonderer Mann und hat mich bestimmt schrecklich lieb. Sie meint auch, es dauert noch eine Zeit, bis er wieder einen Blick hat für mich und andere Menschen, die ihn brauchen.«

      Silke nickte. Was wußte sie schon vom Schmerz über den Tod eines geliebten Menschen. Claudia tat ihr unendlich leid.

      »Wer ist… denn diese Astrid? Auch eine Kranke?« fragte sie, weil sie wie alle Mädchen schrecklich neugierig war.

      »Astrid ist Ärztin und meine beste Freundin.«

      »Eine Ärztin? Oh, Gott! Ist sie nicht schrecklich alt?«

      »Klar, so alt wie meine Mama… war.«

      Silke neigte den Kopf, denn sie konnte nicht mit ansehen, wie Claudia sofort wieder tapfer gegen ein aufsteigendes Schluchzen kämpfte. Sie blickte zu dem Foto hinüber. Claudias Mama war eine so schöne Frau gewesen! Sie hatte sie als immer heiter und freundlich in Erinnerung. Warum nur konnte sie jetzt nicht die richtigen Trostworte für die arme Claudia finden?

      »Dein Vater hat deine Mama doch auch wahnsinnig geliebt. Wenn du wieder zu Hause bist, wird er bestimmt nicht mehr so viele Konzerte geben und viel Zeit für dich haben.«

      Claudia seufzte. »Das denkt Astrid auch. Aber nur, weil sie ihn echt toll findet, denkt sie auch nur Tolles von ihm.« Und dabei lächelte Claudia sogar unter ihren Tränen.

      »Ist die etwa in deinen Vater verknallt? Das wär ja übel, wo hier das Foto deiner Mama steht. Dann mußt du ihr sagen, daß das keinen Sinn hat, weil du doch bestimmt keine andere Mutter haben willst.«

      »Verknallt?« wiederholte Claudia, als habe sie nur die Hälfte mitbekommen. »Astrid in Papa…?« Ihr Gesicht veränderte sich. In ihren Augen schimmerten immer noch einige Tränen, aber sie leuchteten dabei auf, wie bei einem ganz gesunden Mädchen, das zum ersten Mal spürt, daß eine Liebe die Tür zu einer besseren Zukunft öffnen kann. Aber da schaute Schwester Gudrun herein.

      »Dr. Hoffmann läßt anfragen, ob wir für deinen Gast auch Kuchen und Kakao bringen sollen?«

      »Ja, ja, sollt ihr!« lachte Claudia auf und war wieder ganz die alte. »Silke, du bleibst doch?« Dann fügte sie tuschelnd hinzu. »Weißt du, Dr. Hoffmann… das ist meine Freundin Astrid.«

      »Was? Wahnsinn! Na, ist ja nett, wenn sie uns beiden Kuchen bringt.«

      »Ja, sie ist echt prima. Vielleicht guckt sie noch zu uns rein.«

      Zu Silkes Überraschung beugte Claudia sich blitzschnell zur Seite, nahm das Foto ihrer Mutter und schob es in die Lade des Tischchens. Als sie Silkes befremdeten Blick bemerkte, lächelte sie entschuldigend.

      »Dann haben wir mehr Platz für unseren Kuchen, Silke.«

      Und dann stellte Claudia eine Frage, die die Verwirrung der Freundin noch vergrößerte:

      »Versprichst du mir, ganz nett zu Astrid zu sein, wenn sie zu uns reinkommt?«

      »Ja«, hauchte Silke, aber seitdem das Foto in der Lade verschwunden war, fühlte sie sich unbehaglich. Sie nahm den Strauß und behauptete, eine Vase holen zu müssen. Dann stand sie eine Zeitlang auf dem Korridor und wußte nicht, wie sie sich verhalten sollte. Hatte Claudia ihre Mama denn nicht richtig liebgehabt? Aber das konnte sie doch nicht fragen!

      Ihr würde es ja schon schwer genug werden, ganz nett zu dieser Astrid zu sein. Sie kannte sie doch gar nicht. Und wie kam Claudia dazu, eine Ärztin ihre Freundin zu nennen?

      Silke hoffte, die Ärztin würde keine Zeit für eine Stipvisite in Claudias Zimmer finden. Oder wenigstens erst später, nachdem die Kuchenteller abgeräumt und das Foto von Claudias Mutter wieder aus der Schublade aufgetaucht war. Sonst bildete sich diese Astrid tatsächlich noch was ein!

      *

      Es war Oktober geworden. Und Astrid wußte schon weit vor Mitternacht, daß sie diesen Abend mit Fabian Ossiander nie vergessen würde. Sie erinnerte sich auch nicht, die Nähe eines Mannes jemals zuvor in ihrem Leben als so wohltuend empfunden zu haben. Dieses festliche, gemeinsame Essen, davon war sie überzeugt, war der Anfang einer wunderbaren Freundschaft, aus der eine große Liebe und für Claudia ein neues Glück entstehen mußte.

      Sie trug ein rostfarbenes Kostüm aus changierendem Stoff, und das Kerzenlicht auf dem Tisch umgab sie mit einem warmen Licht, so daß ihre hellen Augen ungewöhnlich leuchteten. Aber es war ja nicht nur das Licht und die Atmosphäre in diesem teuren Restaurant, der alles in einen märchenhaften Zauber hüllte.

      Es war Fabians Stimme, die tief und zärtlich klang, wenn er sie bat, aus ihrem Leben zu erzählen. Und es war der Blick seiner Augen, der ganz ohne Zweifel seinen geheimen Wunsch nach zärtlichen Berührungen verriet.

      Astrid verließ sich ja nicht nur auf ihr Gefühl, sie vertraute auch ihren fünf Sinnen. Und raunte ihr nicht alles, was sie sah, hörte, was sie schmeckte und roch, etwas zu? Und wurde dieses Raunen nicht zu einem Rausch, der sie für alles, was Fabians Blick verhieß, empfänglich machte?

      Schon Sekunden später nahm er ihre Hand. »Astrid, entschuldigen Sie mich einen Augenblick. Ich habe da hinten eine Bekannte entdeckt, die uns beide bereits gesehen hat. Ich möchte sie nur schnell begrüßen.«

      Sie stimmte mit einem Lächeln zu. Ein Mann wie er brauchte seine kleinen Freiheiten. Warum sollte sie sie ihm nicht gönnen? So ähnlich hätte sich Annalena gewiß auch verhalten.

      Fabian Ossiander entfernte sich an einigen Tischen vorbei. Ihre Blicke folgten ihm. Und sie bemerkte, wie man sich nach ihm umwandte. Es war ein seltsames Gefühl, wenn sie sich vorstellte, daß sie eines Tages zu ihm gehören würde und alle seine Fans sich für sie, seine zweite Frau, interessieren würden.

      »Hallo, Fabian«, begrüßte Wiebke Lohmer ihn, als er an ihren Tisch trat. Sie stellte ihm ihren Begleiter, einen Kollegen, vor und deutete dann mit einem Blick an ihm vorbei zu seinem Tisch.

      »Du ißt nicht allein? Soso, eine neue Flamme? Sehr hübsch, alle Achtung!«

      »Dr. Hoffmann ist die Ärztin von Claudia«, erwiderte er spröde. »Ich verdanke ihr unheimlich viel.«

      »Ich verstehe. Sie hilft deiner Tochter über den Verlust ihrer Mutter hinweg. Man sagt ja, Annalena sei eine vorbildliche Mutter gewesen. Du hast es leider nie erwähnt.«

      Sie deutete auf einen freien Stuhl, damit er sich zu ihnen setzte, aber Fabian schüttelte den Kopf. Wiebkes Bemerkung verdarb ihm gehörig die Stimmung.

      »Ich habe es nie erwähnt, weil ich erst jetzt begreife, was Annalena mir bedeutete, Wiebke. Vielen, die einen geliebten Menschen so plötzlich verlieren, geht es so.«

      »O nein, Fabian. Du bist nicht wie viele andere.« Sie hob den Blick und schaute ihn lange prüfend an. »Weiß diese Ärztin auch, was Annalena dir bedeutete? Sie sieht so jung und unbekümmert aus, als ob sie den Abend mit dir in vollen Zügen genießt.«

      Er zwang sich zu einem höflichen Lächeln. »Deshalb möchte ich Frau Dr. Hoffmann auch nicht lange warten lassen. Entschuldige mich, bitte. Ich wünsche einen schönen Abend.«

      Astrid sah ihm erwartungsvoll lächelnd entgegen, begriff aber sofort, daß er verstimmt war.

      »Frau Lohmer ist Juristin. Ich verdanke ihr viel. Sie hat sich ausgiebig nach Claudia erkundigt«, nuschelte er, als er sich wieder setzte.

      »Ja, und dabei haben wir heute abend noch gar nicht über Claudia gesprochen«, gab Astrid verlegen zu. »Das war nicht richtig. Haben Sie Ihrer Bekannten denn auch erzählt,

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