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haben Sie einfach Angst?« fragte Rander mitfühlend.

      »Wovor soll ich schon Angst haben?« meinte Jenkins wegwerfend. Er wollte noch etwas sagen, als sich die Tür zum Flur öffnete. Sie flog auf, dann kam erst mal nichts, dann jedoch ein chromblitzender Rollstuhl neuester Bauart in dem ein Junge von etwa fünfzehn Jahren saß.

      »Daddy«, rief der Junge, »ich fahr mal … Hallo, Besuch?«

      »Mein Junge – Neal …«, stellte Jenkins vor.

      Neal nickte Rander und Parker zu, wendete etwas unbeholfen den Wagen und fuhr dann zurück in den Flur. Dabei schrammte er gegen die Türfüllung.

      »Wir wollen nicht länger stören«, sagte Rander.

      »Ich erlaube mir, auch im Namen von Mister Rander einen guten Tag zu wünschen«, verabschiedete sich Parker und lüftete seine schwarze Melone.

      *

      Als Parker und Rander zurück zum hochbeinigen Wagen des Butler gekommen waren, stießen sie auf einen Mann, den der Butler bereits kannte. Es handelte sich um den Stämmigen, der zusammen mit Linton den Landstreicher Shrimp gehetzt hatte. Mike Crampel erinnerte sich natürlich ebenfalls und maß den Butler mit dolchbewehrten Blicken. Er unternahm jedoch nichts, sondern blieb neben dem Jeep stehen, der vor dem Büro des Sheriffs stand.

      Er stand dort nicht allein.

      Es gab nach wie vor Neugierige, die das Office belagerten. Wahrscheinlich warteten die Zuschauer auf die Fortsetzung der Tanzdarbietungen. Woran aber im Augenblick zu zweifeln war, denn aus dem Büro drang die Stimme von John Malone nach draußen. Er unterhielt sich lautstark mit den Tanzsolisten, von denen nichts zu hören war.

      Als Parker zur Tür des Office ging, verstellte Crampel, der Leibwächter von Malone, ihm den Weg. Doch nur für Sekunden, denn als er Parkers Augen sah, zog er den Kopf ein und schob sich zur Seite. Worauf Parker als höflicher Mensch seine Melone lüftete.

      Rander gab seinem Butler eine mögliche Rückendeckung und blieb vor dem Büro. Er ließ Mike Crampel nicht aus den Augen. In dieser Stadt mußte man mit Überraschungen rechnen.

      Malone hörte nicht, daß sich hinter ihm die Tür öffnete. Und wenn er es gehört hatte, dachte er wohl, Crampel sei hereingekommen. John Malone, der Mann, der wie der Heldenvater einer Fernseh-Western-Serie aussah, hatte sich vor Banding aufgebaut, der erschöpft und total betrunken in einem Sessel hing.

      »So was hab ich nun zum Sheriff gemacht«, schnautzte Malone, dessen Stimme jetzt verhaltener und leiser klang, »läßt sich von zwei Stadttypen total aufs Kreuz legen.«

      Banding versuchte sich aufzurichten, doch der Alkohol in seinem Blut spielte nicht mit und war dagegen.

      »War ’ne Panne, Boß«, murmelte er stockend, »war aber Widerstand gegen die Staatsgewalt …«

      »So was sagt ein Besoffener«, meinte Malone verächtlich, »wie wollen Sie in dem Zustand etwas beweisen, he? Ich werde Sie aus der Stadt jagen, Banding!«

      »Nicht mit mir!« reagierte Banding und wurde etwas lauter, »noch habe ich die Trümpfe in der Hand. Denken Sie daran, Boß … Nicht mit mir …!«

      »Abwarten«, sagte Malone gereizt und drehte sich um. Als er Parker erkannte, nahm sein Gesicht eine dunkelrote Farbe an. Er sog scharf die Luft ein und kam mit schweren, stampfenden Schritten auf den Butler zu.

      »Einen wunderschönen Tag erlaube ich mir zu wünschen«, grüßte Parker und lüftete seine schwarze Melone. »Darf ich übrigens beiläufig und warnend feststellen, daß Ihre Gesichtsfarbe Anzeichen dafür liefert, daß Sie wahrscheinlich erhöhten Blutdruck haben?«

      John Malone ballte die Fäuste und hob sie auch bis in Hüfthöhe, doch erstaunlicherweise schlug er nicht zu, was eigentlich zu ihm gepaßt hätte. Er ließ die Fäuste wieder tief sinken.

      »Alkohol …!?«, wunderte sich Parker laut und deutete dann diskret auf Banding, der sich erheben wollte, aber wieder zurück in seinen Sesel sackte und dazu wenig fein rülpste.

      »Auch die beiden Hilfssheriffs?« wunderte sich Parker und deutete auf Noldans und Folders, die, vom Pas de Deux erschöpft, auf dem Fußboden lagen und schnarchten.

      »Wer das hier inszeniert hat, weiß ich verdammt genau«, sagte John Malone und atmete schwer.

      »Teufel Alkohol«, stellte Parker fest, »man riecht es deutlich, wenn ich mich derart vulgär ausdrücken darf.«

      »Sie wissen genau, wen ich meine«, schnauzte Malone, »aber Sie werden sich das Genick noch brechen, Parker. Mein Wort darauf! In dieser Stadt bin ich der Boß, haben Sie kapiert?«

      »Irgendwann, Mister Malone, erschöpft sich auch die Kaufkraft gewisser Gelder«, erwiderte der Butler höflich, »ich bin sicher, Ihnen das beweisen zu können.«

      »Wir werden ja sehen!« Malone rang sich ein spöttisches Lächeln ab.

      »Irgendwann, Mister Malone, hört jede Korruption auf«, meinte der Butler kühl, »wahrscheinlich warten die Bewohner dieser kleinen Stadt nur darauf, sich von ihnen befreien zu können. Was in meinen bescheidenen Kräften steht, soll dazu geschehen!«

      *

      Mike Rander stand am Fenster seines Hotelzimmers und sah durch das Fernglas nach draußen. Es war ein glücklicher Zufall, daß man vom Fenster aus in das erste Drittel jener kleinen Querstraße sehen konnte, in der sich Mr. Jenkins’ Geschäft befand.

      »Genieren Sie sich nicht, Parker«, sagte Rander, »ich weiß doch, daß Sie Ihre Theorie loswerden wollen.«

      »Sie bewegt sich in sehr einfachen Bahnen«, antwortete der Butler, der Randers Rock ausbürstete. »Mister Malone ist bis zum jetzigen Zeitpunkt der Boß dieser Stadt, wie die Bevölkerung es ausdrückt. Er scheint mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Sheriff Banding gekauft und lanciert zu haben. Mister Malone erwarb und erwirbt laut Mister Ritchel ein Grundstück nach dem anderen, um hier später ein modernes Ferienzentrum zu errichten.«

      »Wogegen erst mal nichts einzuwenden ist, Parker.«

      »In der Tat, Sir«, räumte Parker ein, »wenn man allerdings an die Methoden dieses Großeinkaufs denkt, wird dieser Massenerwerb sehr bedenklich. Mister Malone setzt die jeweiligen Besitzer der Grundstücke unter Druck und zwingt sie, zu Preisen zu verkaufen, die man nur als erbärmlich bezeichnen kann.«

      »Weiter, Parker, das ist die Vorgeschichte!« Rander setzte für einen Moment das Glas ab und drehte sich zu seinem Butler um.

      »Wenn Mister Ritchel uns nicht zu einem Besuch eingeladen hätte, Sir, könnte Mister Malone ungestraft weitermachen.«

      »Richtig, Parker! Die Schwierigkeit ist nur, Malone das alles nachzuweisen. Wer wird schon den Mut haben, gegen ihn auszusagen? Da ist erst mal die Angst vor Banding, dann aber vor Malone und dessen Schlägern.«

      »Mister Ritchel.«

      »Wird allein nicht reichen …« Rander drehte sich um und beobachtete wieder durch das Fernglas die Quergasse.

      »Man sollte nicht übersehen, daß Mister Malone bereits einige Niederlagen einstecken mußte«, redete der Butler weiter. »Dies wird ihn mit Sicherheit nervös machen. Diese Nervosität könnte man vielleicht noch etwas steigern.«

      »Dagegen habe ich in diesem Fall nichts einzuwenden. Sagten Sie nicht, daß Lächerlichkeit tötet?«

      »Dies gehört zu meinen bescheidenen Maximen, Sir.«

      »Dann halten Sie sich daran, Parker! Glauben Sie wirklich, daß unser Besuch bei Jenkins bemerkt worden ist?«

      »Mit letzter Sicherheit, Sir!«

      »Haben Sie den nagelneuen Rollstuhl dieses Jungen bemerkt?«

      »Gewiß, Sir. Und ebenfalls die Tatsache, daß dieser Junge den Rollstuhl noch nicht lange besitzt.«

      »Wieso?«

      »Die

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