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Blick der Frau gelassen stand, und ihre bebende Stimme, die verzweifelten Worte erst sagten ihm, wie tief er sie verletzt haben mußte.

      »Nein, die Menschheit stirbt nicht aus, Herr Olsen, da haben Sie recht. Aber das einzelne Menschenherz stirbt oft viele Male, bis es endlich seinen Frieden gefunden hat. Ich habe Frieden gefunden in meiner Arbeit. Bitte, zerstören Sie ihn mir nicht mit Worten, die Sie gar nicht ernsthaft so meinen können. Sie halten doch auch der Frau, die Sie einmal geliebt haben, bis über das Grab hinaus die Treue. Warum sonst würden Sie sich der Kinder so annehmen? Warum Kai und Heike gar adoptieren wollen? Sie sind da allerdings besser dran als ich. Ihnen bleibt etwas.«

      Das letzte kam tonlos, fast erstickt von Cornelias Lippen. Sie erhob sich nun rasch und schritt der Tür zu.

      »Warten Sie!« Olsen trat an ihre Seite und ergriff sie beim Arm. »Sehen Sie mich an!« befahl er heiser. Und als sie den Kopf zur Seite neigte, packte er ihn mit beiden Händen und zwang ihn zu sich herum. »Sehen Sie mich an!« brummte er zornig.

      In ihren Augen schimmerten Tränen, als sie den Blick nun qualvoll langsam zu ihm aufschlug.

      Seine Blicke sogen sich an ihrem Gesicht fest, schienen jede Linie zu durchforschen, tauchten endlich in ihre Augen, wobei er hervorstieß: »Lieben Sie die Kinder? Würden sie Ihnen fehlen? Oder verbindet sich Ihre Vorstellung von Mutterglück nur mit Horst Martinsen?«

      Ein jähes Erschrecken flog über ihre Miene, während ihre Lider sekundenlang unruhig flatterten.

      »Sie… Sie tun mir weh!« murmelte Cornelia.

      Olsens Lippen wurden ganz schmal, seine Hände lockerten sich schon, wollten Cornelia freigeben und hielten sie im nächsten Moment nur um so fester, während sein Mund sich ihren Lippen näherte.

      Seine Augen waren ganz dunkel, Cornelia glaubte darin zu ertrinken. Dann fühlte sie seine Lippen auf ihren. Zunächst sehr leicht, fragend und wartend auf ihre Reaktion.

      Aber sie konnte nicht so reagieren, wie er es anscheinend erwartete und sie zuerst auch vorgehabt hatte, nämlich ihn voller Empörung zurückzustoßen.

      Es war, als habe eine Lähmung ihre Glieder befallen. Sein warmer, fester Mund zwang sie in eine Willenlosigkeit, die Olsen nun spürte und: für sich auszunutzen wußte.

      Seine Hände glitten hinab zu ihren Schultern, während der Druck seiner Lippen fester wurde, fordernd zuletzt, mit einer Leidenschaft, die Cornelia die Sinne schwinden ließen.

      Durch den dünnen Stoff ihrer Bluse fühlte sie die Wärme seiner Hände, die nun über ihren Rücken wanderten.

      Flüchtig lösten sich seine Lippen von ihrem Mund. Er wollte ihr eine Atempause gönnen und betrachtete sie aus schmalen Augen intensiv.

      Auch Cornelia hob die Lider Sie blickte in ein fast wildes Männergesicht, spürte etwas von der Leidenschaft, die sie in Olsen geweckt haben mußte, und ehe sich seine Lippen erneut auf die ihren preßten, stammelten sie leise, fast erstickt: »Bitte!«

      Sofort war Olsen ernüchtert. Wohl blieben seine Hände noch einen Moment auf ihr ruhen, aber sein Gesicht zuckte zurück, und sein Blick traf suchend und eine Spur ärgerlich den ihren.

      Cornelia versuchte möglichst kühl zu erscheinen, was ihr halbwegs gelungen sein mußte, denn nun zog er auch seine Hände zurück und steckte sie in die Taschen seiner Strickjacke.

      Cornelia versuchte einige gelöste Haarsträhnen wieder in ihren Knoten hineinzuordnen, während sie scheinbar gelassen bemerkte: »Wir sollten nun besser schlafen gehen, Herr Olsen. Morgen um sechs Uhr ist ja großes Wecken. Außerdem sollte ich meinen Tee doch lieber ohne Rum trinken. Ich bin das nämlich gar nicht gewohnt, verstehen Sie?«

      Das klang wie um Verzeihung bittend, und Cornelias Augen sahen den Mann dabei voll an, versuchten seinem Blick standzuhalten – und wichen dann doch hilflos aus.

      Olsen lächelte und entgegnete mit gefährlich sanfter Stimme: »Ich verstehe sehr gut, Cornelia Krümel. Wissen Sie eigentlich, daß Sie eine zauberhafte Frau sein können, wenn Sie nur wollen?«

      Darauf gab Cornelia keine Antwort mehr. Sie drehte sich um und schritt zur Tür, tastete zweimal vergebens nach dem Griff und hörte noch sein leises Lachen.

      *

      Nach langem Nachdenken kam Cornelia zu dem Schluß, es sei das beste, Olsens Kuß einfach zu vergessen.

      Also tat sie am nächstenMorgen so, als sei überhaupt nichts geschehen.

      Die Kinder zappelten vor Ungeduld während des Frühstücks, an dem auch Old Henry teilnahm.

      Auch er gab sich wie stets am Morgen, eine Spur mürrisch und recht einsilbig. Das war nichts Neues bei ihm.

      »Du bist ein Morgenmuffel!« erklärte Kai seelenruhig. »Das hat auch Mutti immer gesagt.«

      »Soso! Hat sie das? Na, dann wird es wohl so sein. Meine beste Zeit kommt eben am späten Abend.«

      Dabei schaute Olsen über den Rand seiner Tasse in Cornelias Richtung. Was er da sah, schien ihn zu befriedigen.

      In Cornelias Wangen stieg schon wieder jenes verräterische Glühen, das er so gern an ihr sah.

      Sie ärgerte sich, das erkannte er nun auch.

      »Ich gehe schon voraus, Kinder«, meinte er daher, denn was hatte er schon von einer verärgerten Begleiterin auf großer Fahrt?

      »Nehmen Sie bitte den Picknickkorb mit?«

      Cornelia reichte ihm ein wahres Ungetüm, randvoll mit leckeren Sachen. Olsen hatte sie schon früh in der Küche rumoren gehört.

      Dennoch wirkte sie frisch und ausgeruht. Olsen betrachtete sie wohlgefällig.

      Die Jeans standen ihr ausgezeichnet, und der knappe Pulli unterstrich vorteilhaft ihre schlanke Figur. Nur ihre Frisur paßte nicht recht dazu.

      Da trafen sich ihre Blicke, und Olsen las Abwehr und einen fast strengen Ernst in Cornelias Augen.

      »War noch etwas, Herr Olsen?« fragte sie und hob den Korb leicht hoch.

      Schweigend nahm Olsen ihn aus Cornelias Hand und wandte sich zur Tür.

      Kai war schon fertig und trat neben ihn.

      »Ich komme mit, Old Henry! Komm, Bimbo! Heike trödelt ja immerzu.«

      Aber das ließ die Kleine nicht auf sich sitzen.

      »Bin ja schon fertig!« Sie trank hastig ihren Kakao und folgte Kai und dem Mann. Plötzlich jedoch erschien ihr Gesichtchen wieder in der Tür, und sie rief »Cornelia! Ich warte doch lieber auf Sie! Einer muß doch mit Ihnen gehen.«

      Gerührt packte Cornelia sich noch einige wärmere Sachen auf den Arm und ging dann zusammen mit Heike aus dem Haus.

      Während der Tage, da Heike das Bett nicht verlassen durfte, hatte sich zwischen ihnen beiden eine fast zärtliche Vertrautheit entwickelt.

      Jetzt schmiegte sich Heikes kleine Hand in ihre, und so schritten sie durch den Garten dem Bootssteg zu.

      Cornelia dachte an jenen Abend, da sie, von tausend Ängsten um die verschollenen Kinder geplagt, wieder einmal nach Lippoldsberg hinausgefahren war, in der stillen Hoffnung, Kai und Heike würden sich endlich auf dieses Haus hier besonnen haben und hergekommen sein.

      Wie gut, daß ich auf die Stimme in meinem Herzen gehört habe, sann Cornelia nun.

      Sie blickte lächelnd auf Heike hinunter, die mit lebhaften Worten von Old Henrys Boot erzählte.

      Sie war also vor dem Haus vorgefahren und hatte gesehen, daß nirgends Licht brannte.

      Schon hatte sie sich resignierend wieder zu ihrem Auto begeben wollen, denn Olsen schien ja auch nicht im Haus zu sein, da hörte sie das leise Weinen des Kindes, das droben in seinem Bett im Dunkeln lag und sich fürchtete.

      Onkel Henry sei fortgegangen, um Kai zurückzuholen, der mit Bimbo weggegangen sei, weil er nicht zurück

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