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ausgeführte Reparaturen – normales Tagesgeschäft eben. Ich meine, die Vorwürfe stimmten immer, aber ich habe trotzdem noch nie ein Fall verloren. Im Gegenteil, meistens hat der Schabowksi noch ein fetter Schadensersatz für mich rausgeholt wegen üble Nachrede oder so. Aber ob der sich mit Mörder auskennt, das weiß ich nicht. Außerdem hat der ein kleines Alkoholproblem. Ne Flasche Wodka zum Frühstück ist bei dem keine Seltenheit.“

      „Oha“, sagte Will, „ja gut. Aber ich kenn leider kein anderer Anwalt. Wenn ich Probleme mit fremde Leute habe, dann regel ich das immer auf meine Weise. Aber in diesem Fall hier komm ich nicht weiter. Der Dohmen hat mir klipp und klar gesagt, dass ich nicht an der Kleinheinz rankomme.“

      „Verstehe.“ Oellers rieb sich das Kinn. „Pass auf, ich schreib dir mal die Nummer von der Günther Schabowksi auf und dann versuchst du dein Glück. Die Kanzlei von dem ist in Kirchhoven. Ja, was heißt Kanzlei? Ich glaub, der wohnt da auch, seit dem vor zwei Jahre die Frau abgehauen ist. Bestell dem ein schöner Gruß von mir. Und lass oft klingeln. Der hat ein gesunder Schlaf, wenn der was getrunken hat.“

      Mit dem Zettel in der Hand verließ Will das Autohaus. Auf dem Vorplatz erblickte er Borowka, der gerade dabei war, Unkraut zu zupfen. Der mürrische Gesichtsausdruck des Mechanikers deutete darauf hin, dass es sich wohl um eine disziplinarische Maßnahme handelte. Plötzlich kam dem Landwirt eine Idee und er sprach seinen Hausnachbarn an. „Hör mal, Richard. Ich bräuchte mal dein Knau-hau.“

      Borowka knurrte, ohne aufzusehen: „Als was? Als Gärtner?“ Will lachte. „Nein. Als Einbrecher.“

      Borowka zuckte zusammen und sah dann doch auf. „Wie, als Einbrecher?! Bist du bekloppt?“

      Will musterte ihn kurz und sagte dann leise: „Du bist doch vor zwei Wochen in der Mainacht im Fußball-Vereinsheim eingebrochen, für ein Kasten Bier zu klauen. Richtig?!“

      An Borowkas Hals bildeten sich hektische rote Flecken. Er erhob sich und sah sich um. Unbehaglich entgegnete er: „Ja schon … aber, da war ich doch besoffen. Und – woher weißt du das überhaupt?“

      Will grinste ihn an. „Ich wusste es gar nicht. Aber jetzt weiß ich’s. Und du willst doch sicher nicht, dass ich das an die große Glocke hänge.“ Borowka schüttelte verlegen den Kopf und Will fuhr fort: „Zuerst mal muss ich dir ein Kompliment machen. Das war handwerklich eine super Leistung von dir, das Sicherheitsschloss zu öffnen. Und du hast überhaupt keine Spuren hinterlassen. Wir waren uns mit der Vorstand einstimmig einig, dass das nur eine Profitruppe aus Rumänien gewesen sein kann. Aber mich hat direkt stutzig gemacht, dass nur der Bierkasten gefehlt hat und die ganzen Computer und Laptops stehen geblieben waren. Die mussten wir nämlich alle selber wegschaffen, damit wir die der Versicherung melden konnten. Aber, wodrauf ich hinauswill: Wenn du das besoffen so gut hinbekommst, dann wirst du so was doch wohl auch nüchtern können, oder?“

      Borowka lächelte geschmeichelt. „Ja sicher. Überhaupt kein Thema. Was musst du denn aufgebrochen haben?“

      Will sah ihm verschwörerisch in die Augen und sagte: „Wir beide werden heute Abend in das versiegelte Mordhaus einsteigen.“

      Borowka erstarrte.

      7

      Erschöpft ließ Sabrina Nowak ihre Sporttasche im Flur fallen. Sie würde die verschwitzten Sachen später in den Keller bringen. Zuallererst brauchte sie jetzt ein Wasser. Heute hatte ihr Trainingsprogramm in einem neuen Fitnessstudio begonnen, das im Nachbardorf aufgemacht hatte. Schnell war Sabrina unter der Anleitung eines Fitnesscoachs an ihre Grenzen gestoßen, aber ihr Stolz war mächtiger gewesen und sie hatte tapfer durchgehalten. Der Lohn dafür dürfte ein Mörder-Muskelkater sein. Mit einem Glas Wasser ging sie ins Wohnzimmer. Fredi hatte es sich auf der Couch bequem gemacht. Seine Füße, die in abgetragenen, weißen Tennissocken steckten, lagen auf dem Tisch neben einer Flasche Bier und einer halbleeren Tüte Chips. Auf dem 65-Zoll-Plasma-Fernseher, den er bei der Einrichtung des gemeinsamen Hauses durchgesetzt hatte, lief eine DVD seiner Lieblingsserie „Die Simpsons“. Und zwar zum x-ten Mal seine Lieblingsfolge „24 Minuten“, eine Parodie auf seine andere Lieblingsserie „24“. Sabrina quittierte das mit einem langgezogenen Seufzer.

      „Hallo Schatz, wie war es beim Training?“, fragte Fredi und warf ihr einen flüchtigen Blick über seine Schulter zu.

      „Ziemlich anstrengend. Aber die haben Supergeräte da. Du kannst ja mal mitkommen.“ Sie setzte sich neben ihn auf die Couch und zog die Schuhe aus.

      Fredi gab ihr einen Kuss auf die Wange und sagte: „Nee, danke. Da laufen mir zu viele Poser rum. Mir reicht mein Fußballtraining einmal die Woche.“

      Sabrina sah ein paar Minuten mit ihm zusammen fern und stellte bestürzt fest, dass selbst sie schon einzelne Dialoge mitsprechen konnte. Leicht genervt fragte sie deshalb: „Sollen wir nicht mal ‚Hart aber fair‘ gucken?“

      Fredi verzog das Gesicht. „Warum das denn? Da wird doch bloß dumm rumgequatscht. Da haben wir doch wohl im Moment hier in Saffelen genug von.“

      „Ja gut, aber Talkshows sind immer noch besser als ein Zeichentrickfilm, den du schon hundertmal gesehen hast.“ Fredi verschluckte sich an seinem Bier. Verwirrt sah er seine Freundin an: „Moment mal. ‚Die Simpsons‘ sind doch kein Zeichentrickfilm.“

      „Hää? Was denn sonst?“

      Fredi stellte die Bierflasche zurück auf den Tisch und hob den Zeigefinger. „Ja okay, vielleicht ein Zeichentrickfilm, aber doch jetzt nicht so was wie ‚Wickie‘ oder ‚Biene Maja‘. ‚Die Simpsons‘, das ist was für Erwachsene. Für zum drüber nachdenken. Außerdem ist das saulustig, hier mit Homer und Marge und so. Und überhaupt. Ein ganzes Dorf, wo nur Bekloppte leben. Ich find das lustig.“

      „Ein Dorf voller Bekloppte. Das kommt mir irgendwie bekannt vor“, murmelte Sabrina, aber Fredi bekam die kleine Spitze gegen seine Heimat nicht mit, da er bereits wieder in der Handlung versunken war und leise in sich hineinkicherte. Eine Weile beobachtete Sabrina ihren Freund, als plötzlich ein kleines Baby von der Decke herabschwebte und genau in Fredis Arm fiel. Das Kind hatte genau wie er dickes, braunes Haar, das es vorne kurz und hinten lang trug. Die beiden schmiegten sich aneinander und giggelten gemeinsam über Bart Simpson, als der sich mit seinem Skateboard überschlug. Dann ein lauter Knall. Sabrina schreckte hoch und musste sich kurz sammeln. Im Fernseher war ein Atomkraftwerk explodiert. Zum Glück nur das von Springfield.

      „Alles klar?“, fragte Fredi leicht besorgt.

      „Ähm ja, ich bin wohl gerade kurz eingenickt.“

      „Kurz ist gut“, lachte Fredi, „du hast bestimmt zehn Minuten geratzt.“

      Sabrina dachte über ihren Tagtraum nach. Dann fasste sie sich ein Herz und schnitt noch einmal das Thema an, das sie offenbar mehr beschäftigte, als ihr lieb war und das am Morgen durch Borowkas Anruf jäh beendet worden war. „Sag mal, Schatz. Du hast noch gar nichts dazu gesagt, ob du dir vorstellen kannst, dass wir beide irgendwann vielleicht mal ein Kind haben.“

      Fredi hielt den Atem an. Unsicher griff er nach der Fernbedienung und stellte den Ton aus. Dann drehte er sich zu Sabrina.

      „Ach ja, richtig. Da hatten wir ja … da wollten wir noch mal drüber … Also, natürlich, klar, habe ich mir da auch schon mal Gedanken zu gemacht. Das habe ich dir ja quasi im Prinzip auch versprochen, dass ich mir dadrüber ...“

      „Und zu welchem Ergebnis bist du gekommen?“ Sabrina nahm Fredis Hand und streichelte sie.

      Er musste schlucken. „Ja, also, im Prinzip spricht ja nix dagegen. Obwohl ich jetzt nicht weiß, wie teuer …“

      Sabrina nahm Fredis Kopf in beide Hände und gab ihm einen feuchten Kuss auf den Mund. Dann flüsterte sie ihm ins Ohr: „Stell dir vor, wir sitzen hier auf der Couch mit einem Fredi im Miniaturformat zwischen uns und gucken gemeinsam ‚Die Simpsons‘.“

      Fredi schloss die Augen.

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