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50 Pfennige weniger pro Kilogramm. Dabei hat es weniger Fett und schmeckt viel besser als dieses Zuchtschweinefleisch. Und als Ausrede hören wir vom Schlachthof, die schwarzen Borsten seien das Problem. Dass ich nicht lache.«

      Dem Journalisten wurde klar, warum Bauer vorhin so lange über Afrika und die dortigen Probleme geredet hatte. Damit konnte er einen genialen Bogen zu den Bauern im Hohenlohischen schlagen. Ihre Situation war somit eindeutig. Bei dem angeborenen Stolz der Menschen dieses Landstriches würde dies nur noch mehr Zustimmung hervorrufen.

      Ein Bauer beklagte sich über den ruinösen Preiskampf der Kollegen.

      »Wenn es ein gutes Jahr ist, fallen die Preise. Und wenn es danach ein schlechtes Jahr gibt, und wir wenig Ferkel zu verkaufen haben, dann bleibt der Preis genauso niedrig. Ich verstehe das nicht.«

      Mehrere Wortbeiträge wechselten sich ab, wobei der Groll und der Ärger über die ›Wirtschaftsmafia‹, wie die Landwirte es drastisch ausdrückten, immer größer wurde. Bauer gab eine Flasche selbst gebrannten Schnaps aus, wovon sofort reichlich Gebrauch gemacht wurde.

      Schranz verhielt sich ruhig und machte sich nur wenige Notizen. Er behielt Bauer stets im Auge. Dieser blieb gelassen, hatte gerade mal ein Bier und einen Schnaps getrunken, er schien sich auf sein Finale vorzubereiten.

      »Männer, ich schlage Folgendes vor.«

      Die folgende rhetorische Pause von Bauer nutzten die meisten, um noch einmal einen tiefen Schluck aus ihrem Bierglas zu nehmen.

      »Wir sind alle einer Meinung. Wir müssen etwas tun, sonst bleiben wir abhängig von diesen anderen Mitstreitern auf dem Schweinemarkt. Ich halte unser Schwäbisch-Hällisches Landschwein für sehr gut geeignet, Fleisch von überragender Qualität zu liefern. Geschmackvoll, mit wenig Fett. Seit Jahrhunderten ist dieses Schwein bei uns in Hohenlohe zu Hause, es ist wenig stressanfällig und vermehrt sich gut. Was uns fehlt, ist der Markt dafür. Und den wird niemand für uns schaffen, den müssen wir, ja, Männer, wir müssen uns diesen Markt selber aufbauen.«

      Stille breitete sich aus. Sie sahen sich alle als Landwirte, konnten sich aber nicht vorstellen, wie das gehen sollte.

      »Ich habe jetzt jahrelang am Aufbau von Vermarktungsorganisationen in Entwicklungsländern gearbeitet. So wie ich es einschätze, lässt sich das auch auf uns hier und das SHL übertragen. Lasst uns in vier Wochen nochmals zusammenkommen, ich überlege mir ein Konzept. Wer von euch könnte sich das vorstellen?«

      Bauer blickte in die Runde, die Gesichter schienen verschlossen und in sich gekehrt. Und trotzdem war in ihnen eine gewisse Anspannung zu erkennen. Irgendwie schien Bauer mit dieser Reaktion gerechnet zu haben, trotzdem war Schranz einigermaßen überrascht von den abschließenden Worten:

      »Wie ich sehe, könntet ihr euch alle so eine Landwirtschaft vorstellen. Und schon als Kind habe ich doch auf euren Höfen diese schwarz-weißen Sauen mit den schönen Sätteln gesehen.«

      Bauers Stimme nahm einen fast liebevollen Klang an, seine Gesichtszüge wirkten rund, ehrlich und vertrauensvoll. Und auch die Gesichter der Männer entspannten sich zusehends.

      »Sie liefen frei auf euren Weiden herum. Jeder von euch hatte genug Umsatz mit seinen Ferkeln, konnte seine Familie ernähren und den Hof über Wasser halten. So soll es wieder werden.«

      Jetzt setzte der Redner sich auf den einzigen noch freien Platz. Bisher war er wie ein Löwe von einer Ecke des Stammtisches in die andere Ecke gelaufen, nur unterbrochen von kurzen Ruhephasen. Nun nahm auch Heinrich Bauer einen tiefen Schluck aus seinem Bierglas. Kurz danach entfuhr ihm ein tiefer Rülpser und zur Freude aller übernahm er als Einstand die gesamte Zeche.

      Die Landwirte hatten sich schnell verabschiedet und sich auf den Nachhauseweg gemacht. Die Arbeit im Stall wartete. Der Journalist nutzte die Chance und wandte sich an Bauer.

      »Verlief alles so, wie Sie es sich gedacht hatten?«

      »Komische Frage, ich dachte, Sie waren dabei?«

      Mit den manchmal etwas ruppigen Umgangsformen vieler Hohenloher kam Schranz noch nicht zurecht, aber er lebte nun schon eine Weile hier und würde sich mit der Zeit daran gewöhnen.

      »Sie haben einen souveränen Eindruck gemacht.«

      Schranz wandte seine alte Taktik an, am Anfang ein paar lobende Worte zu sagen, um einen guten Gesprächseinstieg zu haben.

      »Ja, ich kenne viele schon von Kindesbeinen an. Während meiner Abwesenheit hat sich einiges nachteilig entwickelt. Vor allem, was das Finanzielle betrifft. Der Ertrag pro Hofstelle ist während der letzten sechs Jahre um mehr als 20 Prozent gesunken. Rationalisiert wurde, soviel es ging, trotzdem sind auch die Erträge um praktisch diesen Prozentsatz zurückgegangen. Das kann nicht mehr aufgefangen werden, das spürt jeder am eigenen Geldbeutel. Und unser Hof gehört dazu.«

      Das hätten auch die Worte des Vorstandsvorsitzenden eines Industrieunternehmens sein können, von idyllischer Landwirtschaft und auf dem Feld arbeitenden Männern mit Strohhut war überhaupt nichts zu spüren.

      »Das Hauptproblem ist auf jeden Fall diese Wirtschaftsmafia. Billig einkaufen, nur beim Landwirt in der Produktion soll gespart werden. Und dann wird teuer weiterverkauft. Diesen Teufelskreis müssen wir durchbrechen.«

      Als Schranz auf der Bundesstraße wieder Richtung Crailsheim und von dort aus weiter nach Bernau fuhr, war er sichtlich erschöpft. Was sollte er jetzt bloß schreiben? Dass in vier Wochen das nächste Treffen von irgendwelchen Landwirten sein würde, die sich gegen eine dubiose, bisher für ihn nicht greifbare Wirtschaftsmafia auflehnen wollten?

      Martens würde ihn trotz seiner gewohnten Großzügigkeit sofort ins Büro zitieren, obwohl er freie Berichterstattungen mochte. Eine kleine Serie, die über diverse Höfe hier in der Gegend berichten würde, wäre eine gute Sache. Das Alter der Höfe, welche Kulturen früher dominiert hatten, wie es heute aussah usw. Dies würde das Thema allgemein halten, und er könnte die Kontakte dieses Abends nutzen.

      Die hiesige Gegend lebte von der Landwirtschaft und war Westdeutschlands Zentrum der Ferkelproduktion. Bei einer einseitigen Berichterstattung war großer Ärger vorprogrammiert.

      Aber irgendetwas musste er schreiben. Als freier Mitarbeiter wurde er nach Zeilen entlohnt. Eine Zeile brachte rund 50 Pfennige, also sollten es heute nach Möglichkeit zwischen 80 und 100 Zeilen sein.

      Von Bauer hatte er ein Bild gemacht, wie er eindringlich gestikulierend vor seinen Kollegen stand. Er würde den Film morgen früh zum Entwickeln bringen, damit der Artikel am Abend vom Setzer übernommen werden konnte. Ihm war nur noch nicht klar, wie er die Zeilen zusammenbringen sollte. Aber jetzt freute er sich auf den Feierabend.

      Schranz bog rechts ab und fuhr die schmale Auffahrt zu seinem gemieteten Bauernhaus hinauf. Oben, auf der anderen Seite des schmalen Schottersträßchens, schraubte sein Nachbar Franz Hirsch an einer alten Baumaschine herum.

      Er war noch braungebrannter als die meisten anderen Landwirte, und seine beiden Knie mussten bereits mit künstlichen Gelenken ausgestattet werden. So wie Franz sagte, lag dies an seiner jahrzehntelangen Tätigkeit auf Baustellen in ganz Baden-Württemberg. Wobei genau dies ihn wohl auch so kameradschaftlich hatte werden lassen; stets hatte er ein nettes Wort für seine Nachbarn übrig, und war ebenso hilfsbereit, wenn irgendwo Not am Mann war.

      Wie immer begrüßten sich die beiden Männer freundschaftlich.

      »Na Franz, wie war dein Tag?«

      »Gut. Danke. Wir waren heute auf der A 7, du kennst die Dauerbaustelle. Seit nunmehr fast einem Jahr arbeiten wir dort. Mein Bagger lief heute gut, ich hatte den 18-Tonner dabei und wir haben ordentlich was weggeschafft.«

      »Und was machst du jetzt?«

      »Diese alte Rüttelplatte will einfach nicht mehr anspringen. Ich zerlege sie und in ein paar Tagen werden wir sehen, woran es liegt.«

      Schranz war immer noch dankbar, dass die Nachbarn ihm freundschaftlich begegneten. Dies schien

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