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an Sex denken können und nicht daran, wie mein Bauch aussieht, die Brüste, das Doppelkinn, dann vergessen Sie es. Wenn Sie das mit zehn Kilo mehr nicht schaffen, wird es Ihnen auch mit zehn Kilo weniger nicht gelingen, alles an Ihnen so weit in Ordnung zu finden. Mehr als ausreichend jedenfalls, um fantastischen Sex zu haben.

      »Die anderen tun es doch auch …«

      Das sagen Männer manchmal, wenn sie etwas wollen, für das man sich so gar nicht erwärmen kann. Dann sagen sie vielleicht noch, dass es einem ganz sicher auch Spaß machen wird und man es schon der erotischen Horizonterweiterung wegen tun sollte. Also praktisch als Weiterbildungsmaßnahme. In einem solchen Moment könnten wir uns doch glatt an unsere Mütter erinnert fühlen, die früher sagten: »Und wenn Carla aus dem fünften Stock springen würde, würdest du es dann auch tun?« Außerdem sind wir, sofern wir über 18 sind, durchaus in der Lage, allein zu beurteilen, was uns Spaß machen würde und was nicht. Und zuletzt darf man ernsthaft bezweifeln, ob einer, der einem Sex-Techniken aufschwatzen will, als handele es sich um einen neuen Handyvertrag, die überhaupt auch nur annähernd zufriedenstellend anwenden wird.

      Langweiliger Sex geht gar nicht

      In einem Magazin fand ich folgenden Beitrag: »Fünf Anzeichen, dass er den Sex mit dir langweilig findet«. Und dass »langweiliger Sex gar nicht geht«. Ehrlich: Das stimmt nicht. Langweiliger Sex geht sogar sehr gut. Gerade in dieser Sekunde haben da draußen Millionen Menschen langweiligen Sex. Und wissen Sie was: Sie erschießen sich nachher nicht. Auch nicht gegenseitig. Sie lassen sich nicht mal scheiden. Sie finden es sogar ganz in Ordnung. Und vermutlich tun sie auch nichts von dem, was der Artikel seinen Leserinnen mit einer Dringlichkeit anrät, als handele es sich um den letzten Rettungsring auf der Titanic: Den häuslichen Sex-Service zu verbessern, damit es eben nicht zu den dramatischen Entwicklungen kommt, die der Artikel als Indizien für sexuelle Ödnis aufführt: Der Mann schaut nach anderen Frauen, »der Sex mit ihm fühlt sich mechanisch an«, und er reagiert nicht, wenn wir in Unterwäsche an ihm vorbeigehen. Da muss man ihn natürlich SOFORT »mit mehr Kreativität und Spontaneität im Bett« wieder für sich gewinnen. Mal abgesehen davon, dass Sex keine Einbahnstraße ist und sich gefälligst auch der Mann überlegen könnte, wie er den Sex unterhaltsamer gestaltet, gehört langweiliger Sex unbedingt ins Portfolio. Man muss einfach auch mal ganz ohne Performancedruck umstandslos zur Sache kommen können, und außerdem würde der nicht langweilige Sex längst nicht so gut dastehen, so ganz ohne den langweiligen.

      Für guten Sex gilt: lebenslanges Lernen

      Das wäre vollkommen richtig, würden sich die allermeisten Sex-Tipps nicht auf einem so erbärmlichen Niveau bewegen. Tatsächlich wird uns etwa gesagt, dass es Männer irritiert, wenn wir dabei in Tränen ausbrechen. Ich habe ehrlich gesagt, noch nie beim Sex geheult und auch keine Freundin, wie eine kurze Umfrage ergab. Natürlich haben wir auch darüber gesprochen, weshalb man überhaupt beim Sex weinen soll. Hier eine nicht vollständige Vorschlagsliste: Schmerzen. Er schreit beim Orgasmus »Mutti!« oder »Ogottogott, ogottogott«. Die Performance ist so trostlos, dass einem dabei all die anderen traurigen Dinge einfallen, die in letzter Zeit passiert sind. Man hat in dieser ausgefallenen Stellung, die er unbedingt wollte, gerade das Bild von seiner Frau und seinen Kindern unter dem Bett entdeckt oder »die total verpilzten Fußzehen, mit denen er gerade eben noch – du weißt schon wo – war«, ergänzt Cornelia und beharrt darauf, sich das bloß ausgedacht zu haben.

      Nervig auch all die Ratschläge, die den Sex für eine Art Service-Wüste halten. Und finden, dass es die Aufgabe der Frau sei, sie mit diversen Dienstleistungen am Mann zum Blühen zu bringen. Da sollen wir dann nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig reden. Tunlichst den Diminutiv – die Verkleinerungsform –, egal von was, vermeiden. Und auf keinen Fall dürfen wir den Blowjob auslassen. Und auch nicht, dabei eine solche Begeisterung zu heucheln, als wären wir gerade auf dem Gipfel all unserer Träume angelangt. Ach ja: Auch die Prostata – angeblich der G-Punkt des Mannes – braucht ihre Streicheleinheiten. Die kleine kastaniengroße Drüse liegt unterhalb der Blase, ihre Rückseite grenzt an den Enddarm. Meint: Der Weg dorthin führt über den Po. »Der Letzte, bei dem ich diesen Supertipp angewandt habe, ging wirklich – wie versprochen – an die Decke. Aber nicht weil er es so toll fand. Im Gegenteil. Er war nachher so verstört, dass erst gar nichts mehr ging und ich dann nie mehr etwas von ihm gehört habe«, so Cornelia. Klar braucht man hier und da vielleicht ein wenig Vertiefung im Neigungsfach ›Sex‹. Dabei ist aber vor allem der gesunde Menschenverstand wärmstens zu empfehlen.

      Vom Suchen und Finden

      Manchmal sieht es auch in unseren Herzen aus, als würden wir unter einem schweren Messie-Syndrom leiden: Überall türmen sich Gedanken, Vorstellungen, Gewohnheiten, die bei näherer Betrachtung ihre beste Zeit längst hinter sich haben, die man nicht mehr braucht oder die einem ohnehin noch nie guttaten. Der Traumprinz etwa, diese übergroße Pappfigur, mal als Werbemittel für ein gelebtes Märchen gedacht, war eigentlich noch nie zu irgendwas nutze. Außer dazu, sich an ihr die Seele blutig zu stoßen und ganz manierlichen Kerlen den Lebensraum streitig zu machen. Dann die Idee, dass eine Frau unbedingt einen Ernährer braucht, eine starke Schulter. Die verstaubt da bestimmt schon seit 1978. Seit man damals auf der Suche nach einem verantwortungsbewussten Vater für die zukünftigen Kinder war. Mittlerweile sind die Kinder aus dem Haus – ebenso der Mann. Längst steht man finanziell auf eigenen Beinen, ist erfolgreich und könnte sehr gut mit weniger Versorgerqualitäten leben. Kurz: Man sollte das Alte dringend gegen ein neues, zeitgemäßes Beuteschema austauschen. Vorschlag: »Suche netten, klugen und lustigen Mann, der – wie ich – für sich selbst sorgen kann.«

      Sogar an der Sache mit den Online-Partnervermittlungen nagt mittlerweile der Zahn der Zeit. Hat sich irgendwie nicht bewährt, das Bandeln ausgerechnet Leuten zu überlassen, die damit ihr Geld verdienen. Weil sich die digitale Suche zur analogen wie das Bild von einer Mahlzeit zu einem wirklichen Essen verhält. Sieht gut aus, aber das Wesentliche fehlt: Geruch, Geschmack, die Gesellschaft, mit der man am Tisch sitzt. Selbst das beste Foto gibt nicht wieder, wie wir uns bewegen, wie wir sprechen, den Kopf total süß schräg halten, wie wir lachen und auf den Lippen kauen, wenn es kompliziert wird. Und auch der andere bekommt nicht diese riesengroße Chance noch mehr zu sein als bloß ein Bild und ein paar Angaben zu Hobbys, Vorlieben, Einstellungen und ein total unvorteilhaftes Outfit. Was damit gemeint ist, habe ich bei einer Fahrt in der Frankfurter Straßenbahnlinie 17 erlebt. Da stiegen am späten Nachmittag eine Menge Angestellte ein. Darunter ein total unspektakulärer Mann mit Glatze. Wo immer er mir auch im Internet begegnet wäre, ich hätte ihn sofort aussortiert. Hier saß ich aber nun fünf Stationen hinter ihm und hörte zu, wie er sich mit einer Kollegin unterhielt. Er war gebildet, lustig, interessiert, aufmerksam. Alles Qualitäten, die sich in einem Online-Fragebogen niemals angemessen darstellen lassen.

      Umgekehrt kann man wochenlang die herrlichste WhatsApp-Konversation mit einem wirklich vielversprechenden Kerl führen, den man auf einem der Portale kennengelernt hat. Man kann sein Foto großartig finden, seinen Humor hinreißend und sich erfolgreich einbilden, dass diesmal wirklich alles passt. Dann geht man zum ersten Date und sieht schon – kaum ist man im Restaurant – an irgendeiner kleinen Bewegung, daran, wie er lächelt, dass er vermutlich Stunden damit verbracht hat, seine Haare so zu legen, dass man die kahlen Stelle nicht sieht, oder Nägel kaut, als bräuchte er sonst nichts zu essen. Mit DEM wird es auf keinen Fall klappen. Dabei kann man noch froh sein, dass es den Typen wirklich gibt. »Ich habe ewig mit einem gechattet, telefoniert, gemailt, der gar nicht der war, für den er sich ausgegeben hatte«, erzählt Marianne.

      Und das ist nur eine von vielen Nieten, die man im Internet so ziehen kann. Wie natürlich auch im wirklichen Leben. Klar kann nur gelingen, was man auch versucht. Gerade deshalb sollte man die Hoffnung, die man auf Online-Portale setzt, nicht komplett entsorgen. Aber es lohnt sich, ihren Einfluss möglichst kleinzuhalten. Ganz egal, wie sehr die Partnersuchportale behaupten, dass sie besser wissen, wer zu uns passt. Ich kenne einige Paare, die würden es vermutlich nicht mal auf 25 Prozent Übereinstimmung bringen, und matchen dennoch ganz herrlich, leidenschaftlich und schon sehr lange. Im Internet muss es außerdem immer gleich ernst werden. Da ist die

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