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      Romantik kann überall sein. Selbstverständlich auch in Feinschmecker-Restaurants. Besonders wenn man weiß, dass er das Geld für die neuen Autofelgen gerade klaglos in die Freude investiert hat, die er seiner Frau mit einem Essen bereitet, das sie sich sonst nicht oft leisten (und dass er sie beim nächsten Streit sicher nicht daran erinnern wird). Und natürlich ist grundsätzlich nichts gegen Traumhochzeiten, gegen Liebesschlösser und schon gar nichts gegen Diamanten einzuwenden. Wir sollten sie nur nicht zu Qualitätsnachweisen für unsere Gefühle machen. Klar, das ist nicht so einfach, wie es klingt. Und ich höre schon Sabine fragen: »Wie soll ich wissen, ob es Liebe ist, wenn er es mir nicht zeigt? Wenn ich keinen Strauß bekomme, keine Tischreservierung im Gourmettempel zum Hochzeitstag?« Antwort: »Genau das ist das Problem. Dass wir uns diese Fragen stellen. Dass uns all die Instant-Romantikangebote immer mehr die Sicht auf die kleinen, alltäglichen Liebesbeweise verstellen, die vielleicht nicht so teuer, aber viel kostbarer sind.« Sabine würde nun einwenden, dass ihrem Mann nicht mal dann etwas anderes als das übliche Programm einfallen würde, wenn man es ihm auf XXL-Schautafeln malte. Aber das stimmt gar nicht. Ich kann mich jedenfalls noch sehr gut an ein kleines Video erinnern, das sie uns einmal zeigte: Wie ihr Mann im letzten Urlaub, in diesem Luxus-Beach-Club für sie Faxen schnitt wie ein Achtjähriger, um sie nach einer blöden Nachricht aufzumuntern. Und es ihm ganz egal war, dass er sich vor einem Dutzend mörder-cooler Hipster für alle Zeiten zum Horst machte. Ich fand das wahnsinnig romantisch. Viel romantischer, als noch ein Liebesschloss an eine Brücke zu hängen oder sich einen Kamin anzuschaffen.

      Unter allen Umständen

      Gerade habe ich von einer Umfrage gelesen, in der die überwiegende Mehrzahl der Frauen angab, dass auch eine schlechte Beziehung besser sei, als gar keinen Mann zu haben. Kann natürlich sein, dass ›schlecht‹ in diesem Zusammenhang einfach meint: ›nicht überwältigend‹ oder ›okay, seit George Clooney weg ist, muss ich mich eben mit Hans-Martin bescheiden‹. Kann auch sein, dass man an seinen Singlefreundinnen sieht, wie mühsam so eine Partnersuche bisweilen ist – und sich die Ausbeute im besten Fall nicht so wesentlich von dem unterscheidet, was man ohnehin schon daheim hat. Ganz übel aber wäre, man würde einfach nur deshalb die Zähne zusammenbeißen und die Füße ruhig halten, weil man sich ein Glück ohne Mann nicht zutraut, und deshalb Konzessionen macht, die weder dem Selbstwertgefühl noch dem Mann oder der Beziehung guttun. Mit denen man sich erpressbar macht. Weil man wichtige Veränderungen nicht mit der gebotenen Zielstrebigkeit angeht und berechtigte Ansprüche nicht anmeldet, aus Angst, er könnte sagen: »Dann geh doch, wenn es dir nicht passt«, oder noch schlimmer, feststellen zu müssen, dass ihm alles egal ist.

      Worauf das hinausläuft, erfuhr ich kürzlich, als ich zufällig mit einer 83-Jährigen ins Gespräch kam. Sie erzählte mir, sie sei gerade gemeinsam mit ihrem Mann in ein Altenheim gezogen. Er sei sehr dement. Sie hätte die Pflege daheim allein nicht mehr stemmen können, wollte ihn aber auch nicht allein umsiedeln lassen. Ich fragte sie, ob sie denn in ihm noch den Menschen wiedererkennen würde, den sie einmal geheiratet und mit dem sie Kinder hat. »Nein! Gar nicht, er ist ein ganz anderer, als der, der er war«, sagte sie. Und dann, dass genau das ihr großes Glück sei. »Er konnte nie sagen oder zeigen, dass er mich liebt oder die Kinder. Er war immer distanziert. Nie zugewandt.« Jetzt, wo er sich an fast gar nichts mehr erinnern kann, sei er endlich zärtlich und anhänglich. Sie freute sich darüber, das sah man ihr an. Das war einerseits rührend und gleichzeitig wahnsinnig traurig. Was, wenn ihr Mann früher gestorben wäre? Wenn er einfach einen Herzinfarkt gehabt hätte? Sie hätte über 50 Jahre lang vergeblich gewartet auf eine Geste der Zuneigung. Deshalb: Ja, ein Mann wäre schön. Und wenn nicht? Dann eben nicht. Und auf keinen Fall unter allen Bedingungen – solchen, wie sie Frauen immer noch als Zugangsvoraussetzung für eine Beziehung halten: »Lass ihn bloß nicht deinen Erfolg spüren!« Oder: »Sei nicht zu selbstbewusst!« Oder: »Halt doch einfach mal die Klappe, selbst wenn du es besser weißt.« (»Auch wenn er sagt, die Hauptstadt von Brasilien sei Buenos Aires?« – »Ja, auch dann!« – »Und wenn er dauernd ›als‹ und ›wie‹ verwechselt?« – »Sagst du nichts …«) Wer so denkt, macht sich unglücklich. Viel unglücklicher, als man es ohne Mann überhaupt je sein könnte.

      Nasse Katzen im Orgasmusrausch

      Als hätte es Kolle, Kinsey, den ›Schulmädchen-Report‹ und den Sexualkundeunterricht nie gegeben, scheint das Bedürfnis nach Orientierung in Sachen Lust und Leidenschaft größer denn je. Gemessen an den Informationsangeboten – wie ›Zehn Tricks, die ihn verrückt machen!‹ –, regiert dabei offenbar die Vorstellung, dass da draußen irgendwo eine Geheimwaffe existiert. Ein Kniff, mit dem man die für das Procedere eigentlich vorgesehenen Anstrengungen locker umgeht. Sich also Vorspiel, Zärtlichkeit, Freundlichkeit, Berücksichtigung persönlicher Vorlieben (auf keinen Fall ›Kniekehlen kitzeln‹) sparen kann. Mit dem man einfach nur – weil man den richtigen Quadratzentimeter gerieben, eingespeichelt, angepustet, gedrückt hat – den anderen so dermaßen in Ekstase bringt, dass der für alle zukünftigen Liebesabenteuer verdorben ist und lebenslang mit keinem anderen mehr Sex haben will. Vermutlich schauen sich Männer deshalb rein aus Fortbildungsgründen ›Nasse Katzen im Orgasmusrausch‹ an. Während Frauen mit ›Wie man einen Mann absolut heiß macht‹ nach Möglichkeiten suchen, im Bett die perfekte Performance abzuliefern.

      Sicher ist Wissbegierde per se immer zu begrüßen. Umso mehr, als manche erwachsene Männer nicht mal die wichtigsten Geografie-Grundkenntnisse ins Bett mitbringen und man einigen am liebsten eine Grubenlampe spendieren möchte. Nur damit sie bei der Suche nach dem G-Punkt nicht weiterhin in der völlig falschen Richtung unterwegs sind (anstatt auch nur EINMAL nach dem Weg zu fragen). Ansonsten gilt, was die britische Autorin Flic Everett in ›Der Sex-Guide für freche Frauen‹ einmal schrieb: »Genau genommen gibt es nur fünf Positionen, die für angenehmen Sex geeignet sind – alle übrigen sind nur reine Dekorationen und dienen dazu, die Welt einmal aus anderer Perspektive zu sehen.«

      Überhaupt ist es gerade beim Sex ziemlich unpraktisch, alles unter Kontrolle haben zu wollen und sich jede Handlung überlegen zu müssen (›Wie war das noch mal? Erst Po kneten, dann Brustwarzen kneifen oder umgekehrt?‹). Deshalb ist die schlechte Nachricht gleichzeitig auch die gute: Es gibt kein Geheimnis. Man wird weiterhin ganz allein zu zweit (oder auch mit mehreren) im Bett herausfinden müssen, was dem anderen bzw. was einem mit ihm gefällt. Was gut ankommt und wovon man besser die Finger und auch andere Körperteile lässt. Mit allen Unsicherheiten, die nun mal dazugehören. Inklusive der vielleicht größten: ob man selbst nach 35 Ehejahren einander noch leidenschaftlich verfallen sein wird. Ehrlich, das wissen wir auch nicht. Nur eines dürfte ganz klar sein: Ohne die Leichtigkeit und das Vertrauen, über die Peinlichkeiten und Fettnäpfchen locker hinwegzulieben, die nun mal überall und in allen Schlafzimmern herumstehen, ohne den Mut, gemeinsam Neuland zu entdecken und dabei beherzt herumzudilettieren, wird es ganz sicher eng. Deshalb kann zuallererst die Idee weg, man braucht ausgerechnet beim Sex Planungssicherheit. Und wo wir gerade so gemütlich im Bett liegen, würden wir vorschlagen, auch gleich ein paar andere Irrungen und Wirrungen auf dem Erotik-Sperrmüll zu entsorgen. Nur damit Sie und Ihr Mann, Freund, One-Night-Stand ein bisschen mehr Platz haben für all das, was immer Sie dort am liebsten tun.

      Traumkörper führen zwangsläufig zu Traumsex

      »Äh, nein!«, behauptet Bianca. Sie ist Fachkraft bei dieser Frage. Sie hatte schon ein, zwei, eher drei ›Traumkörper‹ im Bett. »Fantastisch aussehende, wunderbar durchtrainierte Kerle, die ich mir von einem Bartresen mit nach Hause genommen hatte. Einer war ganz passabel. Die beiden anderen sind eher nach der Devise verfahren: ›Also ich habe hier meine ganze Pracht und Herrlichkeit mitgebracht. Ich erwarte jetzt eine angemessene Gegenleistung. Deshalb: Tu was, beeindrucke mich, mach’s mir!‹ So schön kann gar kein Mann sein, dass er tatsächlich im Bett keinen einzigen Finger rühren müsste.« Auch umgekehrt bekommt man als Frau nicht schon deshalb freien Eintritt ins Reich der Sinne, bloß weil man gertenschlank, fantastisch proportioniert und hinreißend schön ist. Außer man würde mit sich selbst schlafen. Da aber zum Sex mindestens zwei gehören, bleibt einem der größte Unsicherheitsfaktor in jedem Fall erhalten: der Mann. Ob dessen erotische Fähigkeiten proportional zum

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