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Unternehmen – soweit möglich – danach zertifizieren lassen und dies als Best Practice gilt. Die Implementierung von Whistleblowingsystemen wird dabei insbesondere als wesentlicher Bestandteil eines funktionierenden CMS angesehen.

      Die Internationale Organisation für Normung (kurz: ISO) hat in Anbetracht der Wichtigkeit des Themas Whistleblowing bereits im Juni 2018 den Beschluss gefasst, einen neuen internationalen Standard zu erarbeiten. Dieser soll Richtlinien für die Implementierung, Verwaltung, Bewertung, Aufrechterhaltung und Verbesserung eines robusten und effektiven Verwaltungssystems innerhalb einer Organisation für die Meldung von Missständen enthalten. Dieser branchen- und unternehmensgrößenunabhängige internationale Standard soll bis zum Ende des Jahres 2021 veröffentlicht werden. Vertrauen, Unparteilichkeit und Schutz sollen die leitenden Prinzipien des neuen Standards sein (siehe Näheres in Kapitel 6.2).

      1Europäische Kommission, Estimating the economic benefits of whistleblower protection in public procurement (2017).

      2Vgl. Whistleblower-RL 2019/1937 Art 26 Abs 2.

      3Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz, Sicherheitsbericht 2019 des Bundesministeriums für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz.

      4Finanzmarktaufsichtsbehörde, Jahresbericht 2019.

      5Bundeswettbewerbsbehörde, Tätigkeitsbericht 2018.

      6Sarbanes-Oxley Act of 2002.

      2 Anwendungsbereich

      Diana Gretzer

      2 Anwendungsbereich

      Grundsätzlich ist der durch die Whistleblower-RL gewährte Schutz nur dann anwendbar, wenn es sich um eine Meldung von bestimmten, unionsrechtlich relevanten, Sachverhalten handelt. Unionsrechtlich relevant ist ein Sachverhalt, wenn er einen Verstoß gegen bestimmte, in der die EU-Whistleblower-RL aufgezählten Unionsrechtsakte oder die finanziellen Interessen der EU betrifft. Dies kann anhand von folgendem Beispiel näher erläutert werden:

      Angenommen ein österreichisches Industrieunternehmen verursacht durch einen seiner Betriebe erhebliche Belastungen der Umwelt, welche den unionsrechtlichen Vorschriften zum Umweltschutz (gemäß Anhang der Whistleblower-RL Teil 1 lit E) zuwiderlaufen. Dieser Verstoß wird von einem aufmerksamen Mitarbeiter beobachtet und intern gemeldet. Dieser Mitarbeiter genießt den Schutz der Whistleblower-RL und darf keine Repressalien erleiden.

      Angenommen der Geschäftsführer dieses Unternehmens macht sich der Korruption im privaten Sektor strafbar. Auch dieser Verstoß wird von einem achtsamen Mitarbeiter beobachtet und zunächst intern gemeldet. Als Konsequenz der Meldung wird der Mitarbeiter entlassen. Hier genießt der Whistleblower keinen Schutz durch die Whistleblower-RL, da die Korruptionsbestimmungen im österreichischen Strafgesetzbuch rein national geregelt werden.

      Aus Compliance-Sicht ist somit auffällig, dass die „klassischen“ Compliance-Themen wie Korruptions- und Betrugsbekämpfung wie soeben dargestellt nicht von der Whistleblower-RL umfasst werden, da nur Verstöße gegen Unionsrechtsakte erfasst werden (siehe zu den durch die Whistleblower-RL abgedeckten Bereiche im Detail Kapitel 2.1). Die Mitgliedsstaaten werden vom Unionsgesetzgeber jedoch dazu angeregt, den Anwendungsbereich auf ebensolche Rechtsgebiete auszudehnen. Die verschärfte Umsetzung von EU-Richtlinien (sogenanntes „Gold Plating“) wird oft kritisch bewertet, beim Thema Whistleblowing ist sie allerdings zu begrüßen.

      2.1 Sachlicher Anwendungsbereich

      +Finanzdienstleistungen, Geldwäscheprävention,

      +Produktsicherheit und -konformität,

      +Verkehrssicherheit,

      +Umweltschutz,

      +Datenschutz, Sicherheit von Netz- und Informationssystemen,

      +Strahlenschutz und kerntechnische Sicherheit,

      +Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit,

      +Tiergesundheit und Tierschutz,

      +öffentliche Gesundheit,

      +Wettbewerbs- und Beihilfenrecht,

      +Verbraucherschutz.

      Hinweisgeber sind auch dann geschützt, wenn sich ihre Meldungen auf Verstöße beziehen, welche die

      +Finanziellen Interessen der Union (iSv Art 325 AEUV),

      +Binnenmarktvorschriften (iSv Art 26 Abs. 2 AUEV) einschließlich Vorschriften des

      +Körperschaftssteuerrechts,

      +Wettbewerbsrechts und staatlicher Beihilfen

      betreffen.

      Die Whistleblower-RL gewährt somit keinen allumfassenden Schutz für Hinweisgeber, sondern schränkt ihren eigenen Anwendungsbereich auf Meldungen, die sich auf bestimmte Verstöße beziehen, ein.

      2.2 Persönlicher Anwendungsbereich

      Wie aus den der Whistleblower-RL voranstehenden Erwägungsgründen entnommen werden kann, war es im Sinne der Europäischen Kommission, mit der Whistleblower-RL ein möglichst breites Spektrum von Personengruppen zu schützen.

      Es sind somit Unionsbürger und Drittstaatsangehörige umfasst, die aufgrund ihrer beruflichen Stellung Zugang zu Informationen haben, welche auf Verstöße gegen das Unionsrecht schließen lassen. Irrelevant ist in diesem Zusammenhang nicht nur die Art der Tätigkeit des Hinweisgebers, sondern auch, ob diese noch aufrecht ist oder die Informationen im Rahmen von Vertragsverhandlungen bzw. Bewerbungsgesprächen erlangt wurden. Des Weiteren ist es unerheblich, ob eine solche Tätigkeit gegen Vergütung erfolgt bzw. erfolgte.

      +Arbeitnehmer, inklusive Beamte,

      +Selbstständige,

      +Anteilseigner,

      +Angehörige von Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorganen eines Unternehmens, inklusive nicht-geschäftsführender Mitglieder,

      +Freiwillige,

      +bezahlte und unbezahlte Praktikanten,

      +bloße Stellenwerber,

      +ehemalige Dienstnehmer,

      +Personen, die unter der Aufsicht oder Leitung von Auftragnehmern, Unterauftragnehmern und Lieferanten arbeiten.

      Ebenso

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