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sondern sehr viele Vorstellungen davon, auch welche, die das Wort „Religion“ so gar nicht benutzen. Aber dennoch geht es immer auch um die Leidenschaft, das Streben nach Wissen, aber in einer vielseitigen Absicht.

      Diese Leidenschaft ist durch das kritische Studium nicht nur bereichert worden, sondern verwischte sich eben auch etwas, weil ich mich an wissenschaftliche Spielregeln halten muss, die an der Uni elementar sind. Das ist auch nicht schlecht und auch nicht abzuwerten, aber der Glaube und das Vertrauen auf (Gott) treten in den Hintergrund. Einige Theologen würden diese naive Leidenschaft auch kritisch sehen, aber sie sind trotzdem Teil einer theologischen Entwicklung in den insgesamt sechs Jahren. Diese Leidenschaft wiederentdeckt zu haben und zwischen Kritik und Glauben je nach ihrer Situation besser zu unterscheiden, sind eine gewaltige persönliche Sensation und die Lösung einer von zwei Studienkrisen. Überhaupt geht es im Studium darum, seine „Fehler“ zu verbessern, wobei aber die „fehlerhaften“ Arbeiten mit einer nicht-wissenschaftlich genug betrachteten und ausgeführten Arbeitsweise nicht unbedingt „schlecht“ sind, sondern von einer positiven Leidenschaft geprägt sein können. Wichtig ist, dass Leidenschaft und Kritik, insbesondere die Konkretion von Aussagen, Transparenz in der Literaturverwendung, die Verwendung von Primärquellen und der Abgleich mit anderen Meinungen in der Forschung darüber (in der Sekundärliteratur), eingeübt werden. Das klingt im ersten Moment leicht gesagt und ist es meist auch, wenn man das Studium abgeschlossen hat. Am Anfang ist es aber deutlich schwerer (aus eigener Erfahrung heraus), aber auch an dieser Stelle ist die Empathie wichtig, denn mit der Zeit bekommt man Übung darin, viele Daten und Material zu verarbeiten und multitaskingfähig zu werden.

      Kritik kann helfen, bessere Entscheidungen zu treffen und die Freiheit des Anderen zu achten, wenn sie angegriffen wird. Glauben hilft dabei, sich auf dem Lebensweg (Gott) anzuvertrauen und selbst Niederlagen als Siege zu feiern, denn sie gehören dazu. Dieses Buch ist als eine Art persönliche Einführung in das Theologiestudium gedacht, in dem es sowohl um das wissenschaftliche Lernen, aber auch das Meditieren von Texten und die Erfahrung der Praxis geht. Ich erkläre in den Fußnoten anhand ausgewählter Arbeiten, wie eine Hausarbeit zu schreiben ist, ein Referat, ein Protokoll oder andere Aufgaben, die im Studium begegnen. Daher unterteile ich die Fußnoten in zwei Bereiche. Der erste Bereich ist mit den Fußnoten mit den Literaturverweisen geprägt. Der zweite Bereich gibt Hinweise, wie man so und so etwas schreibt, um die Fußnotenbereiche nicht zu überladen. Überhaupt geht es hier auch wieder um die Konkretion: Wie schreibt man eine Predigt? Eine Hausarbeit? Mir geht es weniger um einen Rekurs auf die Theologiegeschichte, sondern mehr um konkret praktische Aspekte, die Erläuterung von Arbeitsmethoden anhand eigener Arbeiten, um sich ein Bild davon zu machen, wie es im Theologiestudium zugehen „könnte“, denn thematisch wird es zwischen den Individuen und ihren Interessen immer Unterschiede geben. Das Buch wird daher sowohl Schwächen als auch Stärken haben. Die Meditationen, Materialien und Methoden können auch das jeweils andere sein, sodass die Grenzen zwischen diesen drei Ebenen fließend sind und auch Abbild eines persönlichen Lernweges ist, zwischen alten und neuen Texten, die zu unterschiedlichen Studienzeiten entstanden sind. Aber das ist auch das Mitentscheidende, diese Lernbewegung darzustellen, das „Alte“ auch stehen zu lassen und es gleichzeitig durch kritische Fußnoten kritisch zu betrachten und eine Bewegung zwischen theologischer Leidenschaft und Kritik darzustellen, da beide Ebenen untereinander mit den drei verschiedenen Ebenen entscheidend sind, für den systematischen Aufbau des Buches.

      Mir fiel aber auf, dass Einführungen in das Theologiestudium hin und wieder dadurch unpersönlich sein können, zu reflektiert, fernab von den Erfahrungen als Student, dass die Unmittelbarkeit durch jahrelange Wissenschaft verloren gegangen sein könnte. Diese Lücke möchte ich mit persönlichen Texten, die aus dem Konzept der Fehler- und Selbstpädagogik entstanden sind, aber auch aus dem Konzept des „Laufens mit Mehrwert“, etwas schließen. Besonders soll es auch darum gehen, dass man Theologie an jedem Ort und zu jeder Zeit „studieren“ kann, im Sinne einer egalitären Bürgeruniversität, die die Wissenschaft einem breiten Publikum näher bringen soll. Das ist jedenfalls meine Hoffnung, ein Ideal, das sich dann wieder mit der konkreten Realität abgleichen muss. Vielleicht ist es deshalb gut zu sagen, dass es sich bei diesem Buch wieder mal um ein „Angebot“ handelt, eigene Plausibilitäten und Gedanken für sich zu entwickeln oder auch nicht.

      Die Texte, die weiter hinten sind, stammen aus späterer Zeit in den Jahren 2014-2016, wo sich bei mir allmählich eine theologische Grundhaltung aus der Lektüre von Martin Luther entwickelte, die der Freiheit des Evangeliums und Freiheit in jeder Hinsicht, was das christliche Leben angeht, solange über die eigenen Fehler nachgedacht, man nicht alle Erwartungen erfüllen muss, aber man mit vollem Herzen sich einer Sache gewidmet, Freiheit nicht missbraucht, die Freiheit des Anderen geachtet und keinem Schaden zugefügt wird, ähnlich wie beim Verhältnis von positiver und negativer Religionsfreiheit im deutschen Grundgesetz. Ich habe Schwächen eingesehen, die jeder Mensch hat. Ich empfand die Krisenerfahrung aber teils als sehr zermürbend, sodass ich oft an das Aufgeben gedacht habe. Ich glaube, dass sich die Krisen und ihre Lösungen auch in den folgenden Texten widerspiegeln.

      Ich merke, dass Vorurteile gegenüber möglichen Hörern verschwinden, der Satzbau besser wird und die Meditationen immer konkreter und reflektierter werden, was mit ihnen bei den Hörern oder bei mir erreicht werden soll. Ich lasse die vermeintlich „schlechteren“ Texte trotzdem stehen, da sie gerade die persönliche Entwicklung im Studium aufgreifen und sie ein ausführliches Tagebuch überflüssig machen. Die Texte spiegeln ein imaginäres Tagebuch wieder, das wohl viel wertvoller ist, wenn zwischen den Zeilen die Entwicklung im Laufe der Zeit gelesen und erkannt wird. Einen Brief, den wir einmal im Predigerseminar an einen imaginären Freund schreiben mussten, füge ich hier ein. Ich habe ihn hier etwas abgeändert. Es kann gleichzeitig ein an die Leserschaft gerichteter Brief sein, die durch den „Lars“ verkörpert wird.

      Lieber „Lars“,

      ich konnte dir neulich nicht darauf antworten, als du mich gefragt hast, was mir Freiheit bedeutet. So habe ich mich dafür nochmal in meine abendliche Studierstube zurückgezogen. Freiheit bedeutet für mich so zu sein, wie ich bin, wenn mich niemand seelisch bedrängt und ich mich von niemandem abhängig machen muss.

      Wurdest du aber enttäuscht oder eingezwängt und erkennst dann, dass das Leben noch mehr als das bieten kann (z.B. Bildung, um mehr vom Leben zu haben und Verborgenes zu erkennen und zu verinnerlichen, dann siehst du die Freiheit noch viel klarer und bist ihr dankbarer).

      Als Christ ist Freiheit für mich die Abwesenheit vom Druck, immer alles richtig machen zu müssen, was ich als Mensch auch gar nicht kann. Dass es Vorschriften gibt, die unser Leben bestimmen, ist offensichtlich, aber sie dienen nicht allein dazu, die Freiheit des Einen oder Anderen einzuschränken, sondern sie vielmehr zu ermöglichen und zu schützen. Du siehst: Es ist eine relative Freiheit.

      Die Freiheit, Fehler machen zu können, aber dann aus ihnen zu lernen, gehört ebenso dazu. Früher wollte ich nur meinen Lehrern gefallen, ihre Erwartungen aufgrund erwarteter Belohnungen erfüllen. Obwohl sie schon sehr viel für meinen Lebensweg getan haben, habe ich doch meine Abhängigkeit erkannt.

      Zwar ist der Leistungsdruck im Studium da, die Angst zu wenig zu machen, aber wenn du dich der Freiheit und der Befreiung durch Christus anvertraust, wird vieles leichter und du gewinnst dein Gottvertrauen wieder. Vielleicht ist das Theologiestudium eine Suche nach (Gott) angesichts der Kritik, wie in den folgenden Texten auch sichtbar wird, aber es viele Vorstellungen davon gibt.

      Hannes Kerfack, Sassnitz im November 2020

       Meditationen

       Zu meiner Arbeitsweise1

      Mein Arbeits- und Betrachtungsplatz oben bei den Bücherregalen erinnert mich an meine Schreibstube Zuhause. Seminarordner, Fachliteratur, Nachlässe von angesehenen Theologen und geschenkte Werke von Freunden und Bekannten und die Lampen, die darüber leuchten. Gleichzeitig gehe ich raus in die Welt. Die Schreibstube ist ein Ort des Nachdenkens über die draußen betrachtete Welt. Motorenrauschen höre ich dort nicht. Ich akzeptiere es voll und ganz mal für mich alleine zu sein. Verspannungen lösen sich dann. Mir wird warm ums Herz. Die Straße auf dem Bild erinnert mich an meine Joggingpfade, wenn es draußen etwas wärmer ist. Vogelgezwitscher, kalte,

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