Скачать книгу

schon ausgelastet. Die Hupe des Dieseldaimlers hinter mir schreckte mich in den antröpfelnden Verkehr vor mir. Im Rückspiegel sah ich den Hut über dem breiten roten Gesicht des Dränglers. Ich spürte Hitzewallung. Der Hut hockte auf einem Mittelfingergesicht. Ich verzichtete darauf, ihm einen zu zeigen. Mein Magen knurrte. Ich stellte den Frosch in der Tiefgarage vom Kaufhof an der Fußgängerzone ab.

      Draußen achteten Ordner auf Einhaltung der Abstandspflicht. Der Maskenzwang an Fressbuden ließ es danach in Müllkörben und sogar am Boden drumrum nach gebrauchtem Material ausschauen, als wäre damit an Ort und Stelle notoperiert worden. Weil viele Ersatzmasken im Täschchen hatten, wie hygienisch geschulte Frau sonst Zweithöschen für aushäusige Schäferstündchen und Mund- und Nasenschutz mit schwer rauswaschbaren Senf-, oder Ketchupflecken achtlos wegwarfen. Die Öffnung war immer noch ein Testlauf, der stündlich wieder gestoppt werden konnte.

      „Teufel, das Leben iss herrlich, wa!"

      Sagte der dunkelgrün geschürzte Riese in Schulzes Grillbüdchen durch seine Maske und wollte mein bewölktes Gemüt unter heiterem Himmel in die Irre führen. Ich ließ Pascal Schulze aus Sachsen-Anhalt einen Blick in mein Leben werfen.

      „Das Leben ist nicht herrlich, Schulze. Bloß Dasein, ein Hamsterrad in dem wir uns abstrampeln und nie irgendwo ankommen. Wir müssen hoffen, dass wir in den Himmel dürfen. Und dann ist´s immer noch ein mieses Geschäft. Weil uns der das Leben kost. Und wenn sich rausstellt, dass es den Himmel nicht gibt, hat uns die Ewigkeit ins Arschloch zwickt."

      „Mich zwickt nichts, Teufel. Ich gloobe nich an Gott."

      Die Gottfreien hatten´s gut.

      „Unn das Leben iss nich nur Dasein, Teufel. Es macht Sinn.“

      „Und was ist der Sinn des Lebens, Schulze?“

      „Der Sinn des Lebens iss über ihn nachzudenken, Teufel.“

      Zwei pausbäckige laufende Meter in sportlichen Designerklamotten mit ihrer sichtlich vom Shoppen gestressten Mama waren vor mir dran. Der Bub knallte Schulze einen zerknüllten Zwanziger aus seiner Jack Wolfskinjacke hin.

      „Zwei Kanakenschalen mit alles."

      Schulze schaute verdutzt. Die Schwester übersetzte eifrig.

      „Pommes mit Majo und Ketchup."

      Der Würschtlriese wischte sich die Hände an der Schürze ab und wandte sich an die gehetzte elegante Kostüm-Mama, ihre Hände voll mit Swarovski- und Douglastüten.

      „Aus Ihren Kleenen werden mal richtig große Arschlöcher, wa. Ich fütter die nich. Gewinnense Land mit Ihren Plagen!“

      Ich schaute Mama nach wie sie ihre verzogene Brut vor sich herschob und Land gewann, und dachte daran wie arm Kids geldgespickter Eltern dran sein konnten. Schulze zeigte mit dem Kopf auf das Schlagzeilenplakat am stummen Zeitungsverkäufer vorm Kaufhof.

       Klartext vom OB:

       „Ich bin Heiligbrücks Bollwerk gegen Corona!“

      Der Satz hätte auch vom verrückten Donald sein können, wenn ich Heiligbrück durch Amerika ersetzte. Jeden zweiten Samstag ließ der Kasperl unseren Rathausdonald „Klartext“ reden. Schulze war nicht amüsiert.

      „Wieso druckt deine Zeitung jeden Mist vom OB, Teufel?“

      „Ich bin nicht mehr dabei, und es war nie meine Zeitung.“

      Erinnerte ich Schulze, und ich mich an eine Konferenz, als Politchef Agathon Kasper sich über die Burka in Rage zu geredet hatte, ich ihn unterbrochen und für ein Männerhutverbot hinterm Steuer plädiert, spontan auch eine große Abneigung gegen Elefanten gespürt, die einem ins Wohnzimmer schissen. Meiner Meinung nach mindestens ein gleichermaßen verbreitetes Problem wie Burka. Es hatte eine Weile gedauert, bis der Tumult sich gelegt hatte. Nach menschlichem Ermessen musste niemand einen Elefanten im trauten Heim fürchten, aber die Dickhäuter beschäftigen alle, sobald man sie ansprach. Man konnte Menschen wütend auf Elefanten machen, die einem ins Wohnzimmer schissen.

      Auf Seite 5, hatte ich schon auf meinem Klo gelesen, hatte der Oberbürgermeister fertig mit seinem Klartext und verkündete noch fromm, dass der Förderkreis Weiße Frau Heiligbrück e. V. mit einem Brief an den Vatikan um eine Privataudienz bei Franziskus angeklopft hatte, als gemeinnütziger Verein, der sich mit ihm Max-Josef Bärlochhauser an der Spitze auch Wohltätigkeit an die Fahnen geheftet hatte. Schulze war schon weiter in seinem Text.

      „Wirst sehen, Teufel. Was wegen Corona noch schieflaufen wird, werden sie Mutti anhängen, voran die Brutusse in den eigenen Reihen.“

      „Welche Brutusse? Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich, Schulze. Mutti ist Kanzlerin, nicht Caesar.“

      „Unn der Russe dreht ooch bei immer mit, was da abgeht.“

      Schulze wechselte abrupt zu seinem Lieblingsthema, weil Caesar ihm wurscht, aber der Russe als solcher ihm zuwider war.

      „Gloobste nich ooch, Teufel?“

      „Mmh. Der Russe hat sogar einen Vollidioten übers amerikanische Wahlvolk ins Weiße Haus ghievt. Putin hätt sicher genug dreckiges Material, um ihn zu stürzen. Aber der will ihn solang als möglich halten. Einen solchen Deppen kriegt er nie wieder ins oval office. Will sagen ich trau dem Russen alles zu, womöglich steckt er auch dahinter, dass Senf aus einer Bratwurschtsemmel spritzt, wurscht wo man reinbeißt.“

      Ich rieb mit der Papierserviette am Batzen auf meiner Jacke und kriegte ein Senflogo, dünnschissgelb auf grünem Grund.

      „Iss nich zum Lachen, Teufel. Der Russe hat ooch schon Mutti abgelauscht.“

      „Das waren unsere Freunde von der NSA, Schulze. Und während der Operation Rubikon hat unser BND mit der CIA jahrelang Staaten rund um den Globus mit verwanzter Technik beliefert, Freunde eingschlossen. Putin hat uns Russlanddeutsche gschickt, damits Pegida und die AfD pushen.“

      Schulze sah plötzlich das große Ganze.

      „Erst der Reichstag, dann das deutsche Volk. Der Russe übernimmt, Teufel, erst lässt er Höcke eene neue Stasi uffstellen dann den Gauland unn die Weidel eene Mauer um die Republik. Dann haben wir die großdeutsche DDR.“

      „Klingt logisch. Wennst John le Carré bist. Ich seh bloß, dass nach dem Mauerfall sechzehn Millionen aus einem andern Kulturkreis unkontrolliert zu uns rein kommen sind. Unser größtes Integrationsproblem. Und das nicht, weils bei euch gern nackert rumlaufen.“

      „Mir sinn keen anderer Kulturkreis, Teufel.“

      „Frag meine Mutter, Schulze. Ihr habt unsere heiligen Weihnachtsengel als geflügelte Jahresendzeitfiguren diffamiert.“

      „Teufel, du bist bleede.“

      „Sagt meine Ex Issi auch. Eine von euch. Sie hat mich in die Wüste gschickt.“

      „Teufel, das hätte jede andere ooch.“

      „Dankschön, Schulze. Ich mein ja bloß, dass eure Weibsbilder stark drauf sind. Nicht so weinerlich wie die Kerle.“

      „Biste nu uff eemol Frauenversteher, Teufel?“

      „Nur Frauen an der Spitze von Politik und globalen Großunternehmen könnten die Welt anständiger machen, Schulze.“

      „Das hat nich mal Mutti geschafft, Teufel. Unn Mutti iss bestimmt grundanständig.“

      „Eigentlich, Schulze, eigentlich. In der Weltgschicht ist Mutti oft anders unterwegs.“

      „Weilse muss, Teufel, weilse muss. Sie hat´s mit Typen wie Orban, Erdogan, Trump und Putin zu tun.“

      „Eben, Schulze. Vom Testosteron zum Größenwahn aufblasene Egomanen mit der Persönlichkeitsstruktur von Mafiapaten. Stell dir an deren Stelle gescheite Weibsbilder vor wie zum Beispiel die neuseeländische Regierungschefin.“

      „Oder Flintenweiber wie die Weidel, die Störchin, oder Le Pen?“

      „Schulze,

Скачать книгу