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dass Kestambul die Baustelle der alten Stadt Colonae ist. Die Lage stimmt jedenfalls mit den Angaben Strabos (XIII, 589, 604): dass dieselbe in unmittelbarer Nähe Achaeiums war, welches neben Alexandreia lag, sowie dass ihre Entfernung von Ilion 140 Stadien betrug. Colonae muss seinen Namen von den zahllosen Massen ungeheuerer Granitblöcke erhalten haben, womit alle Felder der Umgegend bedeckt sind, und welche die Form riesiger Grabsteine haben. Kestambul hat 110 türkische Häuser.

      III. Von Kestambul nach Baba

      Wir setzten die Reise nach dem Dorf Alampsa fort, welches im Jahre 1880 der Schauplatz eines tragischen Ereignisses gewesen ist. In diesem Dorfe wohnt der türkische Kaufmann Hadji Uzin, von dem man wusste, dass er 30.000 Pfd. St. besaß, und der nur ein Kind, einen Sohn von 25 Jahren hatte. Zwanzig griechische Räuber landeten in einem großen Boote eines freitags abends im September während des Festes des Ramadan und gingen nach dem nur eine halbe Stunde von der See entfernten Alampsa. Zur Stunde des Gebets, wo sie wussten, dass Hadji Uzin in der Moschee war, gingen sie in sein Haus, ergriffen seinen Sohn und führten ihn fort, um ein großes Lösegeld für ihn zu verlangen. Unglücklicherweise leisteten die beiden Wächter Widerstand, schossen auf die Banditen und verwundeten einen derselben. Da durch die Flintenschüsse das ganze Dorf in Aufruhr gebracht wurde und die Räuber befürchteten, von den Türken verfolgt zu werden, so töteten sie die beiden Wächter sowie den Sohn von Hadji Uzin, der gern sein ganzes Vermögen für das Leben seines Sohnes geopfert haben würde, und entflohen. Ein ähnliches Gefecht, in welchem zwei Arbeiter und zwei Räuber getötet wurden, fand im Juli 1879 im Dorfe Kalifatli, nur 10 Minuten Weges von Hissarlik, statt.

      Eine halbe Stunde von Kestambul, auf dem Wege nach Alampsa, sieht man neun Granitsäulen von 1,35 m im Durchmesser und 11,40 m Länge auf der Erde liegen. Das Land ist mit schönen Valoneaeichen bewaldet. Wir passierten in einer Meereshöhe von 239 m (Luftwärme 18°C.) das Dorf Tawakli Kioi, und erreichten, in vier Stunden von Kestambul, das große Dorf Kusch Deressi, welcher Name »Vogelbach« bedeutet; es liegt eine Stunde Weges vom Meere, an einem kleinen Fluss in einer Meereshöhe von 56,3 m, und besteht aus 200 Häusern, von denen 190 von Türken und 10 von Griechen bewohnt werden. In diesem Dorfe ist die Schuttanhäufung 2–3 m tief, und Massen von alten skulptierten Marmorblöcken sieht man in den Haus- und Gartenmauern sowie in dem Mauerwerk der Brücke über dem Fluss. Außerdem werden hier viele Münzen aus hellenischer und römischer Zeit sowie aus dem Mittelalter gefunden. Ich selbst kaufte hier eine schöne Bronzemünze von Assos.

      Es kann demnach keinem Zweifel unterliegen, dass hier einst eine bedeutende Stadt lag, die, nach meiner Meinung, keine andere als Larisa sein kann. Homer1 erzählt uns, dass sie von Pelasgern bewohnt war, welche Bundesgenossen der Trojaner waren. Ihre Lage entspricht vollkommen den Angaben Strabos (XIII, 604), welcher sagt, dass Larisa nahe bei Achaeium und dem spätern Chrysa gelegen war. Das türkische Gräberfeld von Kusch Deressi ist eins der größten, die ich je gesehen habe; es ist etwa 1.000 m lang, 200 m breit und ähnlich den meisten türkischen Gräberfeldern mit Zypressen bepflanzt. Es hat eine hohe Mauer, in der ich sehr viele skulptierte Marmorblöcke sah, besonders in der Vordermauer. Die Treppe besteht fast ausschließlich aus Marmorblöcken von alten Bauten, auf deren einem man die sehr verwischte Inschrift sieht:

      ΦΕΡΜΟ

      ΒΡΑΠΟΥ

      ΟΜΗΡΟΥ

      In anderthalb Stunden von dort erreichten wir die heißen Salzquellen unmittelbar nördlich von Toozla, wovon an der ersten Stelle vielleicht 40 sein mögen. Die erste, die ich maß, hatte eine Temperatur von 60°C., eine andere hatte 40°. Zwei andere konnte ich, ihrer großen Hitze wegen, gar nicht messen, da das Thermometer in ein paar Sekunden über 62½°C. hinauslief. Der Fels, dem die Salzquellen entquillen, hat eine schmutzig rote, gelbe oder weiße Farbe, und ist in dieser Hinsicht den Felsen um das Tote Meer herum sehr ähnlich. An dieser Stelle ist nur eine Quelle kochenden Salzwassers, in der ich ein Stachelschwein liegen sah, welches völlig gekocht war. Man sieht diese Quellen bis zu einer Höhe von etwa 18 m aus dem Felsen sprudeln; jedoch sind die meisten derselben mir höchst unbedeutend, indem sie tropfenweise hervorkommen. Einige kleine Salzquellen sprudeln aus dem flachen Boden am Fuße des Felsens hervor. Vor allen diesen Quellen sind die Salzpfannen, an denen ich jedoch niemand beschäftigt sah. In einer halben Stunde von hier erreichten wir das Dorf Toozla (Meereshöhe 64,9 m), welches aus nur 30 Häusern besteht und in einer Felsschlucht liegt, an deren beiden Seiten heiße Salzquellen hervorkommen; daraus erklärt sich die Lufttemperatur von 25°C. im Schatten. Am Ende der Felsschlucht ist eine sehr reichliche Quelle kochenden Salzwassers, die mit großer Gewalt 0,4 m hoch aus dem flachen Felsen hervorsprudelt.

      In Toozla zeugen eine Menge von Granitsäulen von der ehemaligen Bedeutung und der Pracht der Stadt Tragasa oder Tragasae, die einst hier stand und die von Strabo (XIII, 605) nebst ihren Salzwerken (τὀ Τραγασαῖον ἁλοπἡγιον) erwähnt wird. Große Massen behauener und polierter Marmorblöcke sehen wir in der Treppe und den Mauern der Moschee, welche eine byzantinische Kirche gewesen ist; auf ihrem Dom ist ein Storchnest; ein zweites ist auf dem einzigen Minaret, und zwar so nahe der Galerie, dass der Derwisch, wenn er zum Gebet ruft, sich in einer gekrümmten Stellung halten muss, um nicht den Storch zu stören oder sein Nest zu beschädigen; ein drittes Storchnest sieht man auf einer danebenstehenden Zypresse.

      Toozla ist zwei Stunden Weges von der See entfernt. Auch 1½ englische Meilen südlich von diesem Dorfe kommen Salzquellen aus dem Felsen hervor, welcher, gleichwie jener in und oberhalb der Schlucht, von schmutzig roter, gelber oder weißer Farbe ist. In 15 Minuten von Toozla passierten wir den Fluss Satnioeis, an welchem nach Homer2 die von Lelegern bewohnte Stadt Pedasos lag. Jedoch müssen die Ruinen dieser, schon zur Zeit Strabos (XIII, 605) wüsten Stadt von den Alluvien des Flusses bedeckt sein.

      Indem wir die Höhen auf der Südseite des Satnioeistales bestiegen, erreichten wir in zwei Stunden das malerisch gelegene Dorf Kulakli Kioi, welches am Abhange eines Felsens liegt und genau die Baustelle der nach-homerischen Stadt Chrysa einzunehmen scheint. Der höchste Punkt des Dorfes hat 147,9 m Meereshöhe; Luftwärme 20°C. Am Fuße des Berges sind schöne Gärten, worin man die im Jahre 1866 von Pullan auf Kosten der Dilettanti Society in London ausgegrabenen Fundamente des Tempels des Apollo Smintheus sieht; derselbe war aus weißem Marmor und in ionischem Stil, octastyl und pseudo-dipteral. Einige Säulen, Kapitäle und Gebälke liegen in den Gärten umher, auch einige sonderbar skulptierte Stücke Marmor, welche Bruchstücke großer Candelaber zu sein scheinen. Strabo (XIII, 604) berichtet, dass die Statue des Apollo aus Holz von Scopa gemacht war und eine Maus unter dem Fuß hatte. Die Säulen waren 11,1 m lang und hatten an der Basis 1,12 m im Durchmesser. Die Fundamente des Tempels, welche 34,8 in lang und 29,4 in breit sind, liegen in einer Meereshöhe von 27,1 m. Die Schwelle einer Tür dieses Tempels, die man im Wege sieht, ist 2,57 m lang, 1,5 m breit; etwas höher hinauf sieht man eine zweite Schwelle von gleichen Dimensionen. Viele große behauene Blöcke sowie eine Säule aus Basalt, die einem andern Gebäude anzugehören scheinen, sieht man in den Mauern der benachbarten Gärten.

      Der schmale Pfad von Kulakli Kioi nach Baba (drei Stunden) geht fortwährend die mit Wacholder, Eichenbüschen und Fichten überwachsenen Felsen entlang. Das Dorf Baba, welches auf dem westlichsten Ausläufer des jetzt Cap Baba genannten Cap Lekton hoch über dem Meere liegt, ist ein ausschließlich von Türken bewohntes modernes Dorf von 150 Häusern. Es wurde vermutlich erst vor 157 Jahren gegründet, da das Jahr 1140 der Hegira über dem Tor der Festung und auf der ältesten Quelle angegeben ist. Seine von mir auf der Bastion der Festung gemessene Meereshöhe ist 38,0 m; Luftwärme 16°C. Es hat hier niemals eine alte Stadt gestanden. Man hat von hier eine herrliche Aussicht nach Süden auf Lesbos, nach Norden auf Tenedos; ersteres erreicht man von hier bei gutem Winde in 1½ Stunden.

       1 Ilias II, 840, 841.

       2 Ilias, XXI, 87.

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