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      In Deutschland entscheidet nicht eine zentrale, staatliche Stelle über die Ausgestaltung der Gesundheitsversorgung, stattdessen stehen die handelnden Akteure – teilweise auf Ebene der Länder – in der Eigenverantwortung.

       Wirtschaftlichkeitsgebot

      Das System der GKV ist geprägt durch das Bedarfsprinzip: Alle Leistungen, die für die Krankenbehandlung der einzelnen Versicherten notwendig sind, werden von den gesetzlichen Krankenkassen getragen. Bisweilen spricht man daher auch von einer „Vollkasko“-Versicherung – insbesondere in Abgrenzung zu anderen Versicherungssystemen, z. B. der Pflegeversicherung, in der nach dem Budgetprinzip lediglich ein Teil der notwendigen Leistungen getragen wird. Ein System, das alle notwendigen Leistungen erbringt, ohne dass die Versicherten sich an den Kosten beteiligen müssen, läuft allerdings Gefahr unendlich teuer zu werden. Daher sieht das Gesetz verschiedene Mechanismen zum effizienten Einsatz der Mittel vor. Grundlegend ist hier das Wirtschaftlichkeitsgebot aus § 12 SGB V, das vorschreibt, dass Leistungen der GKV zum einen nicht über das Notwendige hinausgehen dürfen, zum anderen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich im engeren Sinne sein müssen. Ausdruck des Wirtschaftlichkeitsprinzips ist, das Leistungen Nutzen stiften müssen. Dies gilt für Arzneimittel ebenso wie für ärztliche Methoden sowie für DiGA. Das mag zunächst trivial klingen, weil naheliegt, dass Krankenkassen nicht für etwas zahlen, dass niemandem hilft. Tatsächlich ist aber die Definition des Nutzens und erst recht die Operationalisierung des Nachweises äußerst komplex (s. Kap. 7.3 Positive Versorgungseffekte).

       Vergütungsstrukturen

      Über die unterschiedlichen Vergütungsstrukturen des stationären und ambulanten Sektors hinaus bestehen auch bei sächlichen Leistungen unterschiedliche Vergütungsmechanismen: Über Hilfsmittel werden Versorgungsverträge nach § 127 SGB V abgeschlossen und für neue Arzneimittel werden kollektivvertragliche Erstattungsbetragsvereinbarungen zwischen pharmazeutischem Unternehmer und dem GKV-SV geschlossen. Diese Vereinbarung hat Bindungswirkung gegenüber allen Krankenkassen und fundiert auf der frühen Nutzenbewertung, in welcher der G-BA einen (oder auch keinen) Zusatznutzen gegenüber bestehenden, zweckmäßigen Vergleichstherapien feststellt. Das Preisfindungssystem der DiGA ist diesem System für Arzneimittel entlehnt – auch hier wird eine Preisverhandlung durchgeführt, freilich auf anderer Grundlage (s. Kap. 8.1 Und das war erst der Anfang: Preisverhandlungen).

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       Hilfsmittel, Methode, DiGA – Wege in die GKV-Versorgung für digitale Lösungen

      Da es sich bei der gesetzlichen Krankenversicherung um ein soziales Sicherungssystem in Form einer Solidargemeinschaft der Versicherten handelt, gibt es ein Regelsystem, das die Qualität der Versorgung und deren Wirtschaftlichkeit im Sinne der Versichertengemeinschaft sichern soll. Nicht jede persönliche Leistung, jedes Medizinprodukt oder jedes Arzneimittel kann daher ohne Weiteres Teil des Leistungskatalogs in der GKV sein. Zunächst muss die Sicherheit der PatientInnen gewährleistet sein. Dieser sicherheitsrechtliche Aspekt wird überwiegend außerhalb des GKV-Rechts, z.B. im Arzneimittelrecht, im Medizinprodukterecht oder im Heilberufeausbildungsrecht geregelt. Vereinzelt stellt das Sozialrecht aber zusätzliche Anforderungen.

      Geht es um persönliche Behandlungsleistungen werden diese von Leistungserbringern, also natürlichen Personen, die über eine entsprechende Ausbildung verfügen und sich zur Erbringung von Leistungen zu den Konditionen der GKV verpflichtet haben, erbracht. Neben den persönlichen Leistungen gibt es veranlasste oder genehmigungsfähige Leistungen, die eine Versorgung mit Hilfsmitteln, Heilmitteln, Arzneimitteln sicherstellen. Insofern digitale Produkte mit diesem Leistungsspektrum nicht spezifisch adressiert waren, waren auch die bislang bestehenden Zugangswege für digitale Produkte kaum oder gar nicht gangbar: Vor dem DVG sah nur der im Mai 2019 geänderte § 137f SGB V ausdrücklich vor, dass digitale Anwendungen Teil der Versorgung sein konnten. Als Heil- und Hilfsmittel war der Marktzugang de facto nicht möglich. Im Bereich der Prävention oder besonderen Versorgung sind einige wenige digitale Anwendungen über Selektivverträge in die Versorgung gekommen. Regelungen zu Erprobung, Videosprechstunden und der eGK/TI betreffen zwar auch eHealth, nicht aber die Vergütung von verordneten digitalen Anwendungen (s. Abb. 2).

      Abb. 2 Vor DVG viele Marktzugänge – doch kaum für digitale Anwendungen

       Untersuchungs- und Behandlungsmethoden

      Ärztliche Leistungen, also medizinische Untersuchungen und Behandlungen, die nur von einer zur Ausübung der Heilkunde befähigten Person erbracht werden dürfen, müssen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen (§ 2 Abs. 1 S. 3 SGB V). Bevor neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im ambulanten Sektor eingesetzt und zulasten der GKV abgerechnet werden dürfen, sieht das Gesetz allerdings vor, dass der G-BA nach einem Methodenbewertungsverfahren (§ 135 SGB V) eine Empfehlung in seinen Richtlinien abgegeben hat. Hier stellt sich ggf. die Frage, warum das nicht auch für DiGA-Hersteller relevant sein sollte.

      Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kann auch die Verwendung von neuen Medizinprodukten im Rahmen einer ärztlichen Behandlung eine neue Methode darstellen, wenn die Behandlung wesentlich auf der Verwendung des Medizinprodukts beruht und etwa neue Risiken für den Patienten entstehen können (vgl. BSG Urteil von 08.07.2015 – B 3 KR 6/14 RBSG 2015a und BSG Urteil vom 08.07.2015 – B 3 KR 5/14 R). Diese Rechtsprechung ließe sich auf DiGA übertragen, was zur Folge hätte, dass bei innovativen Produkten immer zuerst eine Methodenbewertung durchzuführen wäre. Das würde allerdings zu erheblichen Kosten und Verzögerungen für digitale Innovationen führen, die mit den kurzen Entwicklungszyklen moderner Softwareentwicklung kaum vereinbar sind.

      Der Gesetzgeber hat sich deshalb entschieden für digitale Medizinprodukte niedriger Risikoklassen einen anderen Weg zu gehen: Im Rahmen des beschleunigten Fast-Track-Prüfverfahrens beim BfArM können solche Medizinprodukte auch ohne vorherige Methodenbewertung durch den G-BA erstattungsfähig werden.

      Das geht sogar schon in einer Erprobungsphase, falls der Hersteller noch keine ausreichende Evidenz für den Nachweis positiver Versorgungseffekte für eine endgültige Aufnahme in das Verzeichnis digitaler Gesundheitsanwendungen beim BfArM (DiGA-VZ) vorlegen kann. Der G-BA hat in diesem Bereich nur noch die Möglichkeit, eine DiGA als Ergebnis eines Methodenbewertungsverfahrens aktiv von der Versorgung auszuschließen (§ 33a Abs. 4 SGB V).

      Wenn die Verwendung einer Methode nicht per se ausgeschlossen ist, stellte sich bisher weiterhin die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Verordnung möglich und wie eine Vergütung – nicht nur der verordnenden ÄrztInnen – sondern einer digitalen Gesundheitsanwendung selbst erfolgen kann.

       Hilfsmittel, Heilmittel, Arzneimittel und DiGA – Was ist was?

      Bevor DiGA den Weg in das SGB V gefunden hatten, gab es klassischerweise nur die Unterteilung in Hilfsmittel, Heilmittel, Verbandmittel und Arzneimittel, die im Rahmen einer Krankenbehandlung im ambulanten Sektor als verordnungsfähige Leistungen definiert waren.

      Recht

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