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klar umrissen sind, schafft das DiGA VADEMECUM auch wertvolle Einblicke für Finanzierungspartner aus dem Venture Capital und Private-Equity-Bereichen sowie mögliche Vertriebspartner aus den Pharma- und Medizintechnikbranchen. Interessant ist das Werk auch für VertreterInnen der Krankenkassen, die sich mit der Abwägung von Nutzen und Kosten befassen. Letztlich schafft das DiGA VADEMECUM wertvolle Einblicke für ÄrztInnen und TherapeutInnen, die nicht nur lernen wollen DiGA sinnvoll zu verschreiben, sondern auch mit deren digitalen Output im Interesse einer besseren Gesundheitsversorgung ihrer PatientInnen umzugehen.

      Das Vademecum, lateinisch für „Geh mit mir!“, ist ein seit dem Mittelalter etabliertes Format. Es steht für ein handliches Buchformat, das als praktischer Begleiter mitgeführt werden kann. im Mittelalter zunächst für theologische und liturgische Schriften verwendet, etablierte sich das Format vor allem für medizinische Handbücher. Vom Vademecum der speziellen Chirurgie und Orthopädie (Ziegner 1919), über das Vademecum für Pharmazeuten (Schmidt-Wetter 1975) bis hin zum Vademecum für die Onkologie (Schleucher et al. 2015) hat das Format nicht an Relevanz verloren. Wo im Mittelalter Aderlass, Harnschau und heilsame Kräuter thematisiert wurden, ist heute die digitale Medizin Gegenstand des Vademecums.

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       Ich habe doch keine Zeit! Ein Überblick

      Mit dem DiGA VADEMECUM möchten wir die gesamte Bandbreite an DiGA-Themen aus unterschiedlichen Perspektiven des Gesundheitswesens adressieren. Dabei müssen wir Autoren uns nicht auf die Theorie beschränken, sondern können auf unsere jeweiligen Erfahrungen zurückgreifen, die wir vor dem hih im (inter-)nationalen Gesundheitswesen gesammelt haben. Neben der Beratung von Unternehmen in der Praxis umfasst das insbesondere eigene Gründungserfahrung. Diese Erfahrung lehrt: Wer eine digitale Gesundheitsanwendung entwickeln will, muss die verschiedenen Themen in der Breite UND Tiefe durchdringen. Dieses Kapitel zu lesen, wird daher nicht reichen. Pardon. Aber um schneller zu finden, was man sucht, soll im Folgenden ein kurzer Überblick über die folgenden Kapitel gegeben werden. Denn uns ist klar, dass neben der Regulatorik eine ganze Palette an Aufgaben und Herausforderungen auf GründerInnen wartet, die zumeist parallel gemeistert werden müssen: seien es die Entwicklung des ersten Prototypen, Sicherung der Finanzierung, HR, Steuern, Recruiting, Office Hunting und all die anderen Themen, die ebenfalls volle Aufmerksamkeit erfordern. Doch ohne die in diesem Buch geschilderten Themen wird deine DiGA nicht erfolgreich in das deutsche Gesundheitswesen gelangen.

      Das Gesundheitswesen ist neben dem Finanzsektor der am stärksten regulierte Markt in Deutschland und das aus gutem Grund: Es geht um eines der höchsten Güter, die wir haben – die Gesundheit. Nicht alle Hürden sind notwendig, einige wurden von den UnternehmerInnen errichtet, die 20–30 Jahre vor dir hier gestartet sind, erfolgreich wurden und Konkurrenz, u.a. innovative, digitale Konkurrenz raushalten wollen. Aber die ganz überwiegende Mehrheit der Regulierungen gewährleisten, dass deine und alle anderen Produkte und Dienstleistungen rund um die Gesundheitsversorgung sicher, hochwertig, und wissenschaftlich nachgewiesen wirkungsvoll sind und darüber hinaus äußerst sensibel mit den anvertrauten (Gesundheits-)Daten umgehen.

      Du wirst dieses gesamte Buch durchlesen müssen, um die Zusammenhänge in der Tiefe zu verstehen. Da gibt es keine Shortcuts. Einiges davon ist notwendige, manchmal zähe Regulatorik. Vieles ist aber (hoffentlich) pragmatisch geschrieben, um Menschen wie dich rascher in die Lage zu versetzen, gute, innovative DiGA an den Start zu bringen, die vielen Tausenden, womöglich Millionen Menschen den Umgang mit ihrer Krankheit erleichtern. Denn darum geht es.

       Kapitel 3 Zeitenwende im deutschen Gesundheitswesen

      Warum gibt es plötzlich einen Fast-Track, wie wird die Digitalisierung von ÄrztInnen, Krankenkassen, Krankenhäusern und PatientInnen wahrgenommen? Welche Digitalisierungsprojekte im Gesundheitswesen stehen sonst noch an?

      Bis 2016 gab es keine praktikable Möglichkeit DiGA im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung in den Markt zu bekommen. Seit 2018 wird ein Feuerwerk digitaler Gesetzesvorhaben an den Start und in die Umsetzung gebracht. Krankenkassen haben früher als alle anderen Akteure DiGA erprobt, in Abwesenheit passender Regulatorik zumeist aber aus Marketingbudgets. Die übrigen Akteure sind eher skeptisch, auch weil Technik im Gesundheitswesen nicht immer einlöste, was sie versprach. Neben DiGA wird es ab 2021 eine elektronische Patientenakte für alle gesetzlich Krankenversicherten (> 70 Mio. Deutsche) geben, die ein neues digitales Gesundheitsökosystem etablieren könnte. Und dann kommt 2022 flächendeckend das eRezept.

       Kapitel 4 Hallo, ich bin neu hier, wie funktioniert das deutsche Gesundheitswesen?

      Im Gesundheitswesen sind KundInnen oder User (fast) nie derjenige, der zahlt. Und der User bekommt seine DiGA nur, wenn er sie von Leistungserbringern (ÄrztInnen, PsychotherapeutInnen) verschrieben bekommt, die als Gatekeeper einen Mehrwert in der Verschreibung sehen müssen. Wie Zahlungsströme und Kundenbeziehungen funktionieren, regelt zum Großteil die Selbstverwaltung aus Krankenkassen, Ärzteschaft und Krankenhäusern. Außerdem gibt es noch Kommunen, Bundesländer und den Bund, die auf unterschiedlichen Ebenen Einfluss auf all das nehmen. Und dann gibt es zwei weitgehend isolierte und komplett unterschiedlich funktionierende Märkte: den ambulanten und den stationären Sektor. Es ist kompliziert, aber ohne ein zumindest rudimentäres Verständnis der Zusammenhänge geht es eben nicht!

       Kapitel 5 Hilfsmittel, Methode, DiGA – Wege in die GKV-Versorgung für digitale Lösungen

      Neben dem DiGA-Fast-Track gab und gibt es andere Möglichkeiten, innovative Produkte in die Versorgung zu bekommen, und einzelne davon könnten auch für dein Produkt relevant sein. Wir stellen die Alternativen vor, und wie sich DiGA in diesen bestehenden Rahmen einpassen.

       Kapitel 6 Entwicklung von digitalen Gesundheitstools

      Wir erläutern dir Bereiche, die im Gesundheitswesen entscheidend sind und stark davon abweichen, wie digitale Produkte normalerweise distribuiert, genutzt und bezahlt werden. Ob dein Produkt nun Fast-Track-Material ist oder nicht – in diesem Kapitel fassen wir alle Anforderungen zusammen, die sämtliche digitale Gesundheitstools erfüllen müssen, wenn sie im ersten Gesundheitsmarkt in die Erstattung oder auch auf dem zweiten Gesundheitsmarkt der Selbstzahler erfolgreich sein sollen.

      In vielen Bereichen reicht es, wenn zwei BWLerInnen eine gute Idee haben und loslegen. Nicht so im Gesundheitswesen. Ihr solltet so früh wie möglich Versorgungs-(ärztliche) Expertise in Euer Team holen, oder eng an Euch binden. PatientInnen zahlen in Deutschland selten privat für (digitale) Gesundheitsleistungen, sondern erwarten, dass die Krankenkasse sämtliche gesundheitsbezogene Kosten übernimmt. Die Krankenkassen tun dies aber meistens nur, wenn Leistungen ärztlich verordnet sind. Und ÄrztInnen verschreiben selten Leistungen, wenn sie dadurch nicht in ihrem ärztlichen Tun entlastet oder unterstützt werden oder von ihrem Nutzen für ihre PatientInnen überzeugt sind.

      Ebenso wichtig wie das Verständnis für Leistungserbringer ist es, die eigentliche Zielgruppe von digitalen Gesundheitstools zu verstehen: Die PatientInnen. Nur wer sich frühzeitig mit ihren Bedürfnissen und ihren (krankheits-)spezifischen Anforderungen an digitale Tools auseinandersetzt, kann letztlich ein digitales Gesundheitstool und eine DiGA entwickeln, die nicht nur formale Anforderungen erfüllt, sondern von den PatientInnen gewollt und genutzt wird – weil sie ihnen einen spürbaren Nutzen stiften.

      Der stationäre Sektor (Krankenhäuser) funktioniert signifikant anders als der ambulante Sektor, also die Versorgung der PatientInnen in Arztpraxen. Wenn dein digitales Medizinprodukt Berührungspunkte zum stationären Sektor hat, oder

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