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entlang.« Verena Herzog führte sie durch ein großzügig geschnittenes Wohnzimmer, mit hellen Möbeln und einem offenen Kamin, zu einer geöffneten Flügeltür. »Wolfgang, du hast Besuch. Polizei.«

      Malin bemerkte überrascht die Kälte, die sich in Verena Herzogs Stimme geschlichen hatte.

      Der Anwalt war um die siebzig, hatte silbergraues Haar und trug eine klassisch elegante Kombination aus weißem Hemd und dunkelblauer Anzughose. Er wirkte äußerst gepflegt, doch im Gegensatz zu seiner Frau war ihm das Alter deutlich anzusehen. Der Ansatz eines Doppelkinns, Tränensäcke und tiefe Falten hatten sich in sein Gesicht gegraben. Beim Anblick der beiden Kriminalbeamten erhob er sich hinter seinem Schreibtisch. »Polizei?«

      Fricke nickte und stellte sich und Malin kurz vor.

      Wolfgang Herzog wies auf eine kleine Sitzgruppe neben der Flügeltür und wartete, bis die Beamten Platz genommen hatten, ehe er sich dazusetzte. Eine steile Falte erschien auf seiner Stirn. »Ich nehme an, Sie kommen wegen Kurt Wenninger.«

      »Ach«, sagte Fricke überrascht. »Man hat Sie bereits informiert? Seit wann wissen Sie Bescheid?«

      »Ein Bekannter aus dem Pfeifenclub hat mich angerufen.« Herzog schlug die Beine übereinander. »Eine schreckliche Sache. Weiß man schon, wer es war?«

      »Ich kann Ihnen leider keine Auskunft zu einer laufenden Ermittlung geben«, entgegnete Fricke. »Aber als Anwalt wissen Sie das vermutlich. Seit wann kannten Sie Herrn Wenninger?«

      Herzog dachte nach. »Das kann ich Ihnen gar nicht so genau sagen, bestimmt schon über zwanzig Jahre. Wir frönen der gleichen Leidenschaft.« Er wies auf eine hölzerne Pfeifenkassette auf seinem Schreibtisch.

      Fricke nahm den Faden auf. »Seit wann gibt es die Schmauchfreunde?«

      »Der Club wurde in den Achtzigern gegründet. Von Ernst Westphal, doch der ist bereits seit etlichen Jahren tot. Wenninger war schon Mitglied, bevor ich dazugestoßen bin.«

      Malin ließ ihren Blick durch das exklusiv ausgestattete Arbeitszimmer des Anwalts schweifen, bevor sie aussprach, was ihr seit Betreten der Wohnung auf der Zunge lag. »Sagen Sie, Herr Herzog, wie kommt es, dass sich die Schmauchfreunde ausgerechnet in einer Gaststätte wie dem Admiral treffen?«

      Wolfgang Herzog lachte amüsiert auf. »Das haben Sie aber höflich formuliert, Frau Brodersen. Im Grunde interessiert es Sie doch eher, warum ein offenbar wohlhabender Mann wie ich es nötig hat, sich in einer solchen Kaschemme aufzuhalten?«

      Malin spürte, wie sie errötete. »Genau das würde ich gerne von Ihnen wissen.«

      Herzog lehnte sich zurück. »Ich lege keinen Wert auf eine exklusive Umgebung oder irgendwelche Statussymbole. Ich bin kein Snob, Frau Brodersen, auch wenn Ihnen das vermutlich schwerfällt zu glauben. Was Sie hier sehen …« Er machte eine weit ausholende Handbewegung durch den Raum. »Das alles gehört meiner Frau. Nicht nur diese Wohnung und die Kanzleiräume, sondern das gesamte Haus, auch der Stuhl, auf dem Sie gerade sitzen.« Er hielt einen Moment inne, bevor er weitersprach. »Bei den Schmauchfreunden spielen Herkunft und gesellschaftliches Ansehen keinerlei Rolle, und genau das gefällt mir. Wir reden, diskutieren, spielen Karten, trinken unser Bier oder unseren Wein und hin und wieder rauchen wir gemeinsam eine Pfeife.« Ein Lächeln huschte über seine Lippen. »Und was das Admiral als Treffpunkt betrifft, so hat das rein praktische Gründe. Einige unsere Mitglieder wohnen im Hamburger Umland, und Langenhorn hat eine gute Anbindung zur Autobahn. So einfach ist das.«

      Fricke beugte sich vor. »Und bei einem dieser Treffen, die Sie uns hier gerade als gemütliches Pfeifenkränzchen verkaufen, kracht es dann so gewaltig, dass eines Ihrer Mitglieder sturzbetrunken nach Hause fährt und anschließend dort ermordet wird.«

      Herzog wurde stocksteif. »Ich weiß nicht, worauf Sie anspielen, Herr Fricke.«

      »Bei einem Ihrer Treffen, um genau zu sein am Dienstag, dem fünften August, ist es zu einem Streit gekommen. Dabei soll es mehr als laut zugegangen sein. Dafür gibt es Zeugen.« Frickes Stimme war eine Spur schärfer geworden. »Also?«

      »Das muss ein Missverständnis sein.« Herzog hob abwehrend beide Hände. »Ich war an dem Abend selbst dabei. Möglicherweise haben wir etwas lauter diskutiert und Kurt hat ein Glas zu viel getrunken. Aber mehr war da nicht. Wenn Kurt zu einem späteren Zeitpunkt aufgebracht war, muss es dafür andere Gründe geben.«

      »Und worüber haben Sie diskutiert?«, hakte Fricke nach.

      »Das kann ich Ihnen gar nicht mehr so genau sagen. Vermutlich ging es um Politik. Kurt konnte sich furchtbar über die Regierung und deren Änderungspläne in Bezug auf die Rentenbeiträge aufregen.«

      »Wer könnte Ihrer Meinung nach einen Grund gehabt haben, Kurt Wenninger zu ermorden?«

      »Das kann ich Ihnen nicht sagen.« Herzog entfernte von seinem linken Hosenbein einen imaginären Fussel. »Das Ganze ist für mich absolut unbegreiflich.«

      Fricke lehnte sich mit ausdrucksloser Miene wieder zurück. Malin ergriff das Wort. »Was können Sie uns sonst noch über Herrn Wenninger erzählen?«

      »Er war ein anständiger Kerl.« Herzog legte bedächtig seine Fingerspitzen aneinander. »Mit einer besonderen Vorliebe fürs Botanische.«

      »Waren Sie mal bei ihm zu Hause?«

      »Nein. Die Schmauchfreunde treffen sich ausschließlich an den Clubabenden. Darüber hinaus gibt es keinen privaten Kontakt. Deshalb kann ich Ihnen leider auch gar nicht allzu viel über Kurt erzählen. Bis auf die politischen Diskussionen, die ihn manches Mal in Rage brachten, war er eher der verhaltene Typ.«

      Fricke räusperte sich. »Wussten Sie, dass Kurt Wenninger lange Zeit in Ost-Berlin gelebt hat?«

      »Nein, das wusste ich nicht.« Herzog lächelte. »Aber wie gesagt, Herkunft spielt bei uns keine große Rolle.«

      »Wie finden eigentlich neue Mitglieder zu Ihnen?«, fragte Malin. »Ich habe im Internet keine Homepage oder einen anderen Hinweis auf die Schmauchfreunde gefunden.«

      »Wir sind eine geschlossene Gruppe.«

      »Und die Miete für den Clubraum?«, hakte Malin nach. »Wer bezahlt die?«

      »Jedes Mitglied zahlt einen Jahresbeitrag, von diesem Geld wird die Raummiete beglichen.«

      Malin dachte an die Aussage des Wirts. »Und die bezahlen Sie in bar, ohne Belege?«

      Wolfgang Herzog wirkte irritiert. »Ich weiß nicht, was Sie mit Ihrer Frage bezwecken, doch wenn das ein Versuch werden soll, mir irgendwelche steuerlichen Mauscheleien zu unterstellen, muss ich Sie leider enttäuschen. Die Schmauchfreunde sind kein eingetragener Verein. Wir sind weder auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet, noch streben wir sonstige steuerbegünstigte Zwecke an. Somit ist eine geordnete Aufzeichnung nicht nötig. Der Pfeifenclub dient unserem reinen Privatvergnügen.« Er ging zu seinem Schreibtisch und öffnete eine Schublade, aus der er einen Ordner in DIN-A5-Format herauszog, den er Malin reichte. »Herr Lenz hat auf Barzahlung bestanden. Und natürlich habe ich eine Quittung verlangt. Nicht nur als Anwalt bin ich lieber auf der sicheren Seite, sondern ich möchte gegenüber den anderen Mitglieder auch Rechenschaft ablegen können, für den Fall, dass es notwendig sein sollte.«

      Malin öffnete den Ordner und stellte beim Durchblättern fest, dass die Belege über mehrere Jahre zurückreichten. Sie gab ihn an ihren Chef weiter.

      Fricke warf einen Blick hinein und legte ihn auf den Tisch. »Wir brauchen eine Liste mit den Namen und Adressen sämtlicher Mitglieder der Schmauchfreunde.«

      »Dafür benötigen Sie einen Beschluss.« Wolfgang Herzog verschränkte die Arme vor der Brust.

      »Kann ich aus Ihrer Reaktion schließen, dass Sie etwas zu verbergen haben?« Frickes Blick ruhte auf dem Anwalt.

      Herzogs Gesichtszüge verhärteten sich. »Ich stelle Ihnen die Liste zusammen und lasse Sie Ihnen zukommen.«

      »Vielen Dank.«

      Verena

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