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dieses Tier wert?«

      »Es gibt 8.000 Franken in bar für Sie. Morandi hat gesagt, dass Sie ein Hundefreund sind.« Er zieht ein paar Hunderter hervor und steckt sie mir in die Tasche. »Spesenentschädigung!« Er grinst, dann gibt er mir noch ein eng beschriebenes Blatt. »Hier haben Sie noch die Liste meiner Hotelunterkünfte in Graubünden. Morandi wird Sie im Auge behalten. Wenn Sie den Hund haben, dann rufen Sie mich an. Auf Wiedersehen, Mister Mettler, enttäuschen Sie mich nicht.«

      ›Tashi Kubashi‹ steht oben auf der Liste, dazu ein paar Hoteladressen. Ich schaue ihm nach, wie er noch einige Fotos macht, dann einen Laden betritt. Langsam schlendere ich weiter auf den Postplatz zu. Endlich habe ich eigenes Geld in der Tasche, zwar ist es noch nicht richtig verdient, aber immerhin. Und der Japaner Kubashi hat mir noch mehr versprochen. 8.000 Franken sind viel Geld, was der Japaner wirklich dafür will, ist mir aber nicht ganz klar.

      Als ich gegen sechs den Postplatz erreiche, sehe ich Marco Morandi in der Storchengasse verschwinden. Zufall? In Chur gibt es keine Zufälle. Die Bündner Kapitale ist eben eine kleine Stadt, wenn man jemanden sucht, wird man ihn früher oder später hier auf dem Postplatz vor dem Restaurant Calanda treffen. Mit Morandi habe ich Glück, den sehe ich, ohne ihn gesucht zu haben, ich hetze hinterher, will ihn fragen, was es mit diesem Hund und dem Japaner auf sich hat.

      Morandi scheint es eilig zu haben, er hastet über den Platz vor dem Grauen Haus, dem Sitz der Bündner Regierung, und verschwindet dann um eine Ecke. Als ich dort bin, habe ich ihn verloren. Ich schaue in den Karlihof, einen Innenhof, der in ein Gewirr von Gassen, Höfen und Gärten mündet. Nichts. Nun nehme ich mir als Nächstes die Schaufenster der Geschäfte am Platz vor. Ich will schon aufgeben, da entdecke ich einen Mann in einem dunklen Anzug, der in der Kunsthandlung Giovanelli steht. Das könnte Morandi sein, ich bücke mich, um besser sehen zu können. Und wirklich, Morandi steht im Laden und spricht wild gestikulierend mit jemandem, den ich nicht sehen kann. Vorsichtig schleiche ich um die Ecke, komme zum nächsten Schaufenster und schaue unauffällig hinein. Nun sehe ich den zweiten Mann. Neben Morandi steht zu meinem Erstaunen Fritschi, mein neuer Vorgesetzter aus dem Kunsthaus Chur.

      Es ist vielleicht besser, wenn sie mich nicht sehen. Sie sollen nicht denken, dass ich ihnen hinterherspioniere, sonst bin ich morgen bereits wieder arbeitslos. Unauffällig schlendere ich weiter und versuche, mir einen Reim auf dieses Treffen zu machen. Was haben Morandi und Fritschi zusammen zu schaffen? Was Morandi und der Japaner?

      Um sieben Uhr steige ich das zweite Mal an diesem Tag die drei Treppen hinauf zur Wohnung von Reto Müller, er macht mir auf, begrüßt mich mit einer herzlichen Umarmung, führt mich in sein Wohnzimmer, schiebt mich in einen Sessel und schenkt mir Wein ein. Wenigstens habe ich einen guten Bekannten hier in Chur, bei dem ich meine Ruhe habe.

      Das Wohnzimmer von Müller sieht aus wie eine Mischung aus Büro und Wartezimmer eines Arztes, ein Regal voller Bücher und Ordner, ein Tischchen mit Kunstzeitschriften, ein Sofa, der Sessel, auf dem ich sitze. An der Wand ein Schreibtisch mit PC, Telefon, Drucker.

      »Und? Wie war dein Tag?«

      Müller zeigt auf einen Aktenberg auf dem Boden neben dem Schreibtisch. »Arbeit, Arbeit und nochmals Arbeit.«

      »Darf man fragen, was die Firma ›Müller Enterprises‹ so treibt?«

      »Du darfst, mein Freund.« Müller streicht sich geschmeichelt über sein eingeöltes Schwänzchen am Hinterkopf. »Ich kaufe, verkaufe und besorge Dinge für verschiedene Auftraggeber.«

      »Zum Beispiel?«

      Er schenkt auch sich Wein ein, prostet mir zu. »Dies und das, Claudio, ich will dich nicht mit Details langweilen.«

      »Deine Geschichten langweilen mich nie!« Ich hebe mein Glas. »Auf die Engadiner, die in Chur gestrandet sind.«

      »Auf die Engadiner, die Chur auf den Kopf stellen!« Er nimmt einen großen Schluck. »Auf unsere Freundschaft, Claudio!«

      »Bevor ich es vergesse, Reto, hier sind die zwei Hunderter, die du mir geliehen hast.«

      Müller wischt meine Hand weg. »Behalte sie, Claudio, du kannst mir dafür einen kleinen Gefallen tun!«

      »Und der wäre?«, frage ich vorsichtig. Ein Gefallen für Reto Müller kann durchaus in einem Desaster enden, das habe ich schon erfahren. Andererseits konnte ich dank Reto auch immer wieder etwas dazuverdienen.

      »Nicht jetzt, Claudio! Du bist müde, mein Freund, und ich muss noch weg. Morgen werden wir darüber sprechen.« Reto gibt mir ein Handtuch, er zeigt mir das Bad und die Küche, dann ist er auch schon durch die Tür.

      Es hat Brot auf dem Tisch, Käse und ein Stück Wurst im Kühlschrank. Dazu trinke ich eine Kanne Tee. Eine Weile lese ich, dann mache ich es mir mit meiner Tasse auf dem Sofa bequem und schaue mir einen Liebesfilm an, mehrmals schlafe ich ein, daher ist mir am Ende nicht ganz klar, warum der James die Gina nicht haben kann, und warum dieser unsympathische Ron zum Zuge kommt, obwohl er doch etwas mit Maria und Carmen hatte. Oder war es doch anders? Scheinbar habe ich einiges verpasst. Um elf ist Reto zurück, er sieht müde aus, erklärt mir kurz, was er von mir möchte und zieht sich dann in sein Zimmer zurück.

      In dieser ersten Nacht auf Müllers Sofa schlafe ich unruhig. Zwei Monate war ich arbeitslos, und nun scheinen sich die Leute um mich zu reißen. Heute habe ich siebenhundert Franken eingenommen, fünfhundert von Kubashi als Vorschuss für die Besorgung eines Hundes und zweihundert von meinem Freund Reto Müller, der von mir informiert werden möchte, falls etwas Außergewöhnliches im Kunsthaus passiert.

      Beide versprachen mir weitere Noten, wenn ihre Aufträge zur Zufriedenheit ausgeführt werden. Eventuell ist auch bei Morandi noch etwas zu holen, möglicherweise bin ich also schon bald wieder in St. Moritz.

      4.

      Müller schläft noch, als ich aufstehe, dusche und mich ausnahmsweise schon morgens rasiere. Im Bahnhofbuffet gönne ich mir einen Kaffee und ein Croissant, höre den Diskussionen der Rangierarbeiter und Taxifahrer zu, warte, bis es Zeit ist. Dann schlendere ich gespannt durch den frischen Morgen die Bahnhofstrasse entlang zum Kunsthaus hinauf. Wie Fritschi mir gestern befohlen hatte, melde ich mich um acht Uhr beim Empfang.

      »Warten Sie bitte einen Moment, Herr Mettler, Herr Fritschi ist am Telefon.« Die Dame von gestern, die heute ein lilafarbenes Kleid trägt, lässt mich stehen, so schlendere ich ein wenig durch das Erdgeschoss des Museums, nicht aus Interesse, sondern mehr zum Zeitvertreib. Giovanni Segantini, den Maler des Lichts, kenne ich aus St. Moritz, mit Mona war ich einmal in seinem Museum, doch statt die Bilder zu genießen, hielt sie mir einen professionellen Vortrag über die Eignung von Kunst als Kapitalanlage.

      »Was bringen die horrenden Auktionspreise einem Künstler, wenn er schon lange tot ist?«, fragte ich beispielsweise.

      »Das ist doch nicht die Frage, Claudio«, sagte sie mit gespielter Empörung. »Die Frage ist, welche Rendite ein Werk dem Investor bringt.«

      »Aber die Künstler haben für ihre Kunst gelebt, haben gehungert, wurden krank oder depressiv, sie haben unter mangelnder Aufmerksamkeit gelitten, oft warteten sie umsonst auf ihren Erfolg. Und nun, wo sie tot sind, gelten sie als Wertanlage.«

      »Nicht nur, Claudio, reg dich nicht so auf! Das Leben der Maler und Bildhauer ist selbstverständlich auch ein Aspekt bei der Gesamtbewertung eines Werkes. Die Nöte im Leben des Künstlers, Skandale und Liebeleien haben aus heutiger Sicht eine gewisse Wirkung, etwas Pittoreskes und Abenteuerliches zieht immer. Ein abwechslungsreiches Leben kann durchaus den Preis steigern.«

      »Findest du das nur pittoresk?« Wir waren im Obergeschoss unter der Kuppel des Museums angekommen. Hier hängt das großartige Triptychon, das Segantini für die Weltausstellung von Paris malte. »Werden, Sein, Vergehen. Da schafft einer solche Bilder, steht mitten im Leben und stirbt mit 41 in einer Berghütte an einer Bauchfellentzündung. Siehst du dort die Bergspitzen, da ist das Licht noch nicht fertig gemalt.«

      »Dem Marktwert des Künstlers hat es jedenfalls nicht geschadet!«, war die schlagfertige Antwort meiner Anlageexpertin.

      Da

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