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Erläuterung des Architekten

       Montagne de Lure – Die kleine Schwester des Mont Ventoux

       Verkündigung

       Der literarische Berg

       Ventörtchen

       Mont Ventoux

       Mont Ventoux

       Au fond du Ventoux

       Mont Ventoux

       Avez-vous vu mon père?

       Mont

       Die Besteigung des Mont Ventoux

       Die Fahrt auf den Mont Ventoux

       Jean des Baumes

       Müde

       Kahler Berg

       Das Zuckerbrot

       Nebel auf dem Ventoux

       Der namenlose Malocher

       Mit beiden Beinen wieder auf dem Boden

       Literatur, Links & Co.

       Anmerkungen

       Danksagung

       Bildnachweis

      VORWORT

      Wer Ventoux sagt, sagt Tommy Simpson. Ich war noch ein kleiner Junge von gerade mal zehn Jahren, als dieser Engländer sich in der Mondlandschaft des Mont Ventoux buchstäblich zu Tode fuhr. Ich erinnere mich an dieses Ereignis, als wäre es gestern gewesen. Im Kopf des Zehnjährigen geschah etwas Merkwürdiges.

      1) Der Mont Ventoux verwandelte sich von jetzt auf gleich in einen Berg, der mich in Angst und Schrecken versetzte.

      2) Eine heftige Sehnsucht nach dem Gipfel ergriff mich.

      Ich hatte vor, Radprofi zu werden, und ich wollte Heldentaten vollbringen. Und wo könnte das besser gelingen als auf einer Bergstrecke, die sich am Abgrund zum Tode entlangschlängelte.

      Zwiegespaltenheit war Trumpf.

      Die Abneigung gegenüber und die gleichzeitige Sehnsucht nach dem Mont Ventoux ist später allgemein Usus geworden. Nicht nur unter Radfahrern, sondern auch unter den Organisatoren von Radrennen. Nur selten wird dieser Berg in den Etappenplan einer Rundfahrt aufgenommen. Aber wenn der Ventoux auf dem Programm steht, kann man es kaum erwarten, dass die Karawane am Fuße des Berges ankommt. Der Ventoux ist ein Nervenkitzel hors catégorie.

      Ist es ein glücklicher Umstand oder ist es ein Makel, dass ich das »Zuckerbrot« in den elf Jahren, die ich im Profi-Peloton lebte, nur einmal erklommen habe? Auch darauf gebe ich eine zwiegespaltene Antwort: Es ist beides, sowohl ein Makel als auch ein glücklicher Umstand.

      Dieses eine Mal war an einem sehr heißen Juni-Tag während der Dauphiné Libéré 1983. Ich fuhr das Rennen als Vorbereitung auf die Tour de France und war noch weit von meiner Topform entfernt. Irgendwo in der Mitte des Feldes, mehr als zehn Minuten hinter der Spitze des Rennens, durchquerte ich die Mondlandschaft. Mein Schneckentempo und das der Leidensgenossen um mich herum war beschämend. In unserer Not warfen wir das Reglement über Bord und jedes Mal, wenn uns ein Begleitfahrzeug passierte, schnappten wir nach dem Türgriff, um uns ein paar Meter nach oben ziehen zu lassen. Damals zeigte der Mont Ventoux sein wahres Gesicht: Selbst unsere Arme befanden sich im Nu im Zustand allgemeinen Unbehagens.

      Bei der Tour de France 1987 gab es ein Bergzeitfahren am Ventoux. Ich hatte einen Supertag. Ich saß in einem Strandpavillon im italienischen Lido di Jesolo. Mit einem großen Krug Bier vor mir. Im Fernsehen schaute ich mir die Live-Übertragung an. Jean-François Bernard und Stephen Roche versuchten beide, die Tour für sich zu entscheiden. Und ich verfolgte den Auftritt von Erik Breukink. Besser sie als ich, dachte ich nicht ohne Schadenfreude.

      In jenem Jahr habe ich die Tour de France aus gutem Grund ausgelassen. Hätte ich auch noch die Tour bestritten, hätte ich nach der Tour de Suisse und dem Giro mehr als acht Wochen ohne Unterbrechung im Sattel gesessen. Das hält der stärkste Gaul nicht aus. Und dennoch, als ich mein Bier trank, spürte ich etwas in mir sprudeln, das mir wie Reue erschien. Schämte ich mich etwa wegen des Mangels an Leiden?

      Am nächsten Tag kaufte ich mir eine niederländische Zeitung. Die Journalisten des Blattes hatten die Mutter von Erik Breukink eingeladen, den Auftritt ihres Sohnes am Ventoux live und aus nächster Nähe aus ihrem Auto heraus zu verfolgen. Ich las, dass sie hinten auf der Rückbank des Autos heftig geweint hatte. Es war herzergreifend. Danach war ich mir ganz sicher: Den Ventoux sollte man nie und nimmer auslassen. Und sei es nur, um der Held seiner Mutter zu werden.

       Peter Winnen

      DIE ERSTEN METER

      Freitag, 5. Juli 1996. Mit Frau und Kindern habe ich mein Lager direkt vor den Toren von Bedoin aufgeschlagen, der Ausgangsbasis für die Fahrt auf den Mont Ventoux. Vom Campingplatz aus scheint der Berg schon seit ein paar Tagen ein Auge auf mich zu werfen und sein Blick ist unwiderstehlich. Ich habe mir schon ein paar Mal gesagt: »Ich muss und werde ihn bezwingen«, aber meine einzigen Erfahrungen als Kletterer bestehen aus einer Runde durch den Utrechtse Heuvelrug, aus dem Radweg durch die Dünen zwischen Noordwijk und Zandvoort und aus einer kleinen Ausfahrt in der Nähe der Pyrenäen. Und das ist sicherlich keine gute Grundlage, um den Riesen der Provence mit Zuversicht in Angriff zu nehmen. Deshalb beschließe ich, erst mal eine Erkundungstour in der Gegend zu unternehmen, ein wenig um den Berg herum.

      Sommer 2000. Irgendwann während unserer gemeinsamen Trainingsausfahrten im Sommer des Jahres 2000 fragt mich Karel: »Wie wär’s, Willem, sollen wir nächstes Jahr mal zum Mont Ventoux fahren?« Unser Freund Wim ist dort im Juli sehr schön gefahren und seine Erzählungen haben das Feuer, das in Karel und mir schon längere Zeit glomm, aufs Neue entfacht. Als Jacquie und ich 1997 unseren Urlaub in Bedoin verbrachten, machte der Wächter des Südens großen Eindruck auf mich. Jeden Morgen, wenn ich auf dem Weg zur Boulangerie war, faszinierte mich der kahle Gipfel aufs Neue. Und wo auch immer wir gerade im Vaucluse unterwegs waren, überall schien mir das Observatorium zuzurufen: »Hey, Willem, wo bleibst du? Hol dein Fahrrad, Mann!« Doch leider – leider! – stand es zu Hause und erholte sich von der Vorsaison.

       Und nun fällt plötzlich dieser Name. Mont Ventoux. Huch. Wie verlockend das klingt.

      Während ich so fahre, werde ich jedoch beinahe magnetisch in Richtung Berg gezogen. Ehe ich mich versehe, bin ich mit meinem Rad in Saint-Estève, wo der eigentliche Anstieg beginnt. Ich bin absolut nicht auf eine Kletterpartie vorbereitet. Es ist schon später Nachmittag und ich habe wirklich nicht vor, die Sache durchzuziehen, denn es wäre von vornherein zum Scheitern verurteilt. Ich fahre noch etwa drei oder vier Kilometer weiter und drehe dann um. Ich habe genug gesehen, um zu wissen: Der Anstieg zum Ventoux ist unglaublich hart, aber einen ernsthaften Versuch wert. Wenn ich früh am Morgen starte, habe ich genug Zeit, um bis nach oben zu kommen. Zehn Minuten später bin ich wieder auf dem Campingplatz.

       »Ich kann das Zelt von Ruud haben«, fährt Karel fort, »und wenn wir uns am Steuer abwechseln, können wir in einem Tag in Bedoin sein. Ein Tag für die Hinfahrt, vier Tage Radfahren, ein Tag für die Rückfahrt, so müsste es gehen.« Sein Blick ist leicht amüsiert – er weiß, dass er mich längst am Haken hat, der Gauner.

      Wir haben schon früher einmal darüber gesprochen, denn nach neun Jahren kennen wir die Vogesen inzwischen in- und auswendig. Zwischen Hohwald und Giromagny gibt es nur wenige asphaltierte Straßen, die wir nicht bereits unter den Rädern hatten. Auf dem Schnepfenried hatte ich mir jedoch seinerzeit geschworen, mir den Ventoux aus dem Kopf zu schlagen. Während dieses Anstiegs wurde ich von der Hitze und von Massen von Fliegen gequält, die in meine Nase und hinter meine Brille krochen. Anschließend sagte ich mir: Wenn

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