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unter vier Augen sprechen", sagte ich.

      Sie warf einen kurzen Blick zu ihrem Bodyguard hin und meinte dann: "Rico hat keine Ohren."

      "Hören Sie, ich möchte mir den Umstand ersparen, Sie mit in unser Hauptquartier zu nehmen..."

      Sie zuckte die Achseln.

      "Okay, Rico", sagte sie dann. Der Leibwächter entfernte sich und nestelte dabei nervös am Bügel seiner pechschwarzen Sonnenbrille herum.

      Ich trat etwas näher.

      Mrs. Parisi wich meinem Blick aus.

      Sie bemühte sich um äußerliche Haltung. Aber es war nicht zu übersehen, dass sie unter dem Schock des Geschehenen stand.

      "Mrs. Parisi, ich nehme an, Sie wissen ganz genau wer für dieses Attentat als Auftraggeber in Frage kommt."

      "Kann es Ihnen nicht gleichgültig sein?"

      "Nein. Es ist unser Fall."

      "Na, und?"

      "Ihr Mann stand nach unseren Erkenntnissen einer syndikatsähnlichen Organisation vor, die ihr Geld mit illegaler Giftmüllentsorgung verdiente..."

      "Haben Sie oder Ihre Kollegen aus der Justiz jemals irgendwelche gerichtsverwertbaren Beweise vorlegen können?", unterbrach sie mich. "Soweit ich mich erinnere hat es nie zu einer Verurteilung gereicht, was sollen dann also diese Behauptungen..."

      "Etwas zu wissen und etwas so hieb- und stichhaltig beweisen zu können, das man Staatsanwälte und Geschworene davon überzeugen kann sind zweierlei Paar Schuhe, Mrs. Parisi..."

      "Was Sie nicht sagen..."

      "Jedenfalls gibt es in der Branche, in der Ihr Mann - und vermutlich auch Sie - tätig waren in letzter Zeit erhebliche Konkurrenz."

      "Ich wüsste nicht, wovon Sie sprechen."

      "Von den Ukrainern..."

      Sie schluckte. Ihre Hände hatten sich unwillkürlich zu Fäusten geballt.

      Ich fuhr fort: "Aber es gibt auch Leute in Ihrer eigenen Organisation, die Ihnen vielleicht ans Leder wollen - und die möglicherweise Ihren Mann auf dem Gewissen haben."

      "Seien Sie still", sagte sie.

      "Einer Ihrer Angestellten hier arbeitete für den Mann auf dem Schlauchboot."

      "Das ist Unfug, Mister Trevellian."

      "Es ist die einzig logische Erklärung." Ich deutete in Richtung des Meeres. "Der Killer musste sichergehen, dass sie auch wirklich hier sind. Denn das ist von da draußen nicht zu sehen."

      "Ihre Theorie?"

      "Einer Ihrer Leute hat ihm einen Hinweis gegeben."

      "Und wie?"

      "Mit einem Minisender zum Beispiel. Da ist nun wirklich das einfachste, was man sich vorstellen kann. Der Angriff war genau getimt, daran gibt es für mich keinen Zweifel."

      Sie sah mich etwas überrascht an. Dann schüttelte sie den Kopf. "Das glaube ich nicht..."

      "Es kommt jeder in Frage, der mitgekriegt hat, dass Sie sich auf der Terrasse befinden... Den Butler würde ich als einzigen mit ziemlich großer Sicherheit ausschließen. Schließlich ist er selbst schwer verletzt worden. Wenn er etwas damit zu tun gehabt hätte, hätte er sich vermutlich in Sicherheit gebracht."

      Sie wirkte nachdenklich. Dann hob sie das Kinn. "Das sind Ihre Schlüsse, Mister Trevellian. Nicht meine."

      "Sie wollen uns nicht helfen..."

      "Ich habe keinen Grund dazu."

      "Ist Ihr Interesse, am Leben zu bleiben, kein Grund? Ihren Mann können wir nicht mehr verhaften. Und Sie können ihm nicht mehr schaden, gleichgültig, was Sie uns sagen..."

      "Guten Tag, Mister Trevellian."

      11

      Unsere Verstärkung traf ein. Wir nahmen jeden unter die Lupe, der zum Zeitpunkt des Anschlags auf dem Grundstück gewesen war, durchsuchten sie und nahmen Aussagen und Personalien auf. Den Minisender entdeckte einer unserer Spurensicherer in einem Mülleimer.

      Außerdem stellte sich heraus, dass einer der Leibwächter fehlte.

      Einer seiner Kollegen gab das zu, nachdem wir ihm ein bisschen Druck machten und deutlich werden ließen, dass er selbst in die Sache hineingezogen werden könnte.

      Der Verschwundene hieß Morgan Jessup.

      Vermutlich hatte er sich unbemerkt aus dem Staub gemacht, während Milo und ich den Mann im Schlauchboot gejagt hatten.

      Morgan Jessup war mit großer Wahrscheinlichkeit unser Mann.

      Wenn wir ihn fanden, führte uns das vielleicht zu dem Auftraggeber dieses Anschlags.

      Milo und ich kehrten sehr spät in die Zentrale zurück. Der Mann aus dem Schlauchboot war schon Stunden zuvor dorthin transportiert und von unseren Vernehmungsspezialisten befragt worden. Er hatte auch ihnen gegenüber bisher nicht einen Ton gesagt. Er blieb eiskalter Profi. Auch jetzt, in dieser ausweglosen Situation.

      "Kann auch sein dass er genau weiß, wie lang der Arm seiner Auftraggeber reicht", vermutete Milo. "Er wäre nicht der erste Häftling, der auf mysteriöse Weise in der Untersuchungshaft stirbt, bevor er vor Gericht den Mund aufmachen kann..."

      12

      Janet Carino fühlte den kalten Griff ihrer Pistole, als sie in die weiten Taschen ihres dünnen Mantels griff.

      Neben ihr stand Kelly, der sich mit einer fahrigen Bewegung die dunklen Locken zurückstrich.

      Es war spät.

      Beinahe Mitternacht.

      Sie befanden sich in einem düsteren Hinterhof, irgendwo zwischen abbruchreifen Ruinen in der Bronx, die darauf warteten, dass sich endlich einer die Mühe machte, sie niederzureißen.

      Schritte ließen Janet aufhorchen.

      Auch Kellys Haltung wurde etwas angespannt. Kelly trug eine MPi an einem Riemen über der Schulter. Er fasste die Waffe mit beiden Händen.

      Links neben Janet stand ein kleiner Aktenkoffer auf dem Boden.

      Janet lächelte.

      Der Mond stand hoch am Himmel. Dieser Teil der Bronx war so schlecht beleuchtet, dass man ihn gut sehen konnte. In anderen Teilen New Yorks war das schwieriger. Zwei Gestalten schälten sich aus der

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