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Offenbarung als erstes erhalten (Offb 1,11).

      Gott macht damit nochmals deutlich, für wen und für was sein Herz schlägt: für die kirchliche Gemeinden. An sie schreibt er das Buch der Offenbarung. Sie sind seine erste Adresse. Dass sie gesund sind, ist ihm ein großes Anliegen. Noch konkreter: Sein Herz schlägt für die kirchliche Gemeinde, weil diese aus Menschen besteht, und Gott liebt Menschen über alles: Joh 3,16. Er nennt die Gemeinde sogar «seinen Leib» und sich selbst das «Haupt» der Gemeinde, welche «sein Leib ist» (Eph 1,22.23 / Kol 1,18). Für diese Menschen wurde das Buch der Offenbarung geschrieben. Für dich und mich. Gott will uns damit seelsorgerlich helfen, damit wir die dramatischen Ereignisse vor uns richtig einschätzen und gut versorgt durchstehen.

      Zurück zum Bild, welches vermittelt, dass die kirchliche Gemeinde der «Leib Jesu» ist: Wenn die einzelnen Glieder seines Leibes, egal welche, ob Auge, Hand oder Fuß, nicht gesund sind, schränkt das den Leib in seinen Aufgaben ein. Wenn die einzelnen Glieder zudem untereinander eine schlechte Koordination haben, gegeneinander arbeiten, streiten, nicht auf die Impulse und Ziele des Hauptes reagieren, sondern zerstreut irgendetwas tun, dann reden wir von einer schweren Behinderung. Exakt da setzen die beiden Kapitel 2 und 3 der Offenbarung ein: Die kirchliche Gemeinde vor Ort überlebt die Zeit bis zum Ende nur, wenn sie gesund ist. Deshalb analysiert Gott diese Gemeinden, lobt und ermahnt sie in sieben Briefen.

      Die Analyse kurz zusammengefasst: Gemeinde überlebt nur, wenn ihre einzelnen Glieder in ihrer Identität, in ihrer Ausrichtung auf Jesus Christus und in ihrem Auftrag gemäß den biblischen Vorgaben gesund sind. Alles andere wird nicht überleben und am Ende nicht dabei sein! Das klingt hart. Aber spätestens hier in der Offenbarung des Johannes sind viele Aussagen nicht mehr bewusst weich und behutsam, sondern schonungslos hart. Die Zeit drängt. Deshalb sind diese sieben Briefe an diese Gemeinden kurz, knapp, äußerst direkt, schonungslos, aber extrem hilfreich.

      In diesen Texten skizziert Gott je einen Grundtyp einer kirchlichen Gemeinde. Jede Gemeinde in der gesamten Kirchengeschichte kann einem dieser sieben Grundtypen zugeordnet werden. Du kannst somit deine kirchliche Gemeinde, in der du zuhause bist, mit den sieben Gemeindetypen vergleichen. Du kannst herausfinden, welche der sieben mit deiner am ehesten übereinstimmt, und dann die entsprechenden Analysen und Ermahnungen Gottes lesen. Achtung: Eine kirchliche Gemeinde besteht aus Menschen. Aus Menschen wie du und ich. Wir sind Gemeinde. Du und ich bestimmen mit, ob eine Gemeinde gesund oder krank ist. Ob sie aufblüht oder verwelkt. Ob sie lebendig oder tot ist.

      Noch etwas: jedes Wiederbeleben oder Gesunden einer kirchlichen Gemeinde ist eng gekoppelt ans Gebet für die Gemeinde. Deshalb schreibt Paulus in Kol 4,2: «Lasst euch durch nichts vom Gebet abbringen». Und in 1. Tim 2,1 ermahnt er uns, «vor allen Dingen zu beten.» Das Gebet des Einzelnen und das gemeinsame Gebet in der Gemeinde ist eines der großen Geheimnisse, um lebendige Gemeinde zu bauen. Dieses Beten zu vernachlässigen, beschleunigt den Tod einer kirchlichen Gemeinde.

      Ich werde die einzelnen Brieftexte an die sieben Gemeinden eher kurz erklären. Viele theologische Formulierungen und Bilder sind uns aus den Erklärungen zu Offb 1 schon vertraut. Es würde den Rahmen dieses Buches sprengen, wenn ich auf alle die Details eingehen würde. Damit sage ich nicht, dass diese wertlos sind. Ich sage nur, dass dies Gegenstand einer anderen Ausarbeitung sein müsste.

      Zum Adressaten der einzelnen Gemeinden: Alle sieben Briefe beginnen mit den Worten «Dem Engel der Gemeinde in … schreibe: …» Das griechische Wort, welches wir mit «Engel» übersetzen, muss vorerst einfach mal neutral mit «Bote» oder «Gesandter» übersetzt werden. Das muss nicht zwingend ein überirdisches Wesen sein, so wie wir das Wort «Engel» üblicherweise verstehen. Mit diesem neutralen Verständnis können wir davon ausgehen, dass ein Engel in diesen sieben Briefen der «Bote» oder «Gesandte» der entsprechenden Gemeinde ist. Man würde heute sagen: der Leiter, der Verantwortliche, der Abgesandte der entsprechenden Gemeinde. Auch in der Bibel werden Menschen manchmal als Engel bezeichnet. Siehe dazu meine Erklärungen zu Offb 1,10.16

      1. Offb 2,1–7: Die Gemeinde in Ephesus = die durch Aktivismus wirkungslose Gemeinde

      Lob und Ermutigung: In dieser Gemeinde gibt es viele Aktivitäten und Bemühungen. Sie haben ein breites Angebot. Sie bleiben geduldig und unermüdlich dran, prüfen konsequent und greifen wo nötig durch. Sie sind enorm leidensbereit und geben alles für den Betrieb ihrer Gemeinde.

      Ermahnung: Aber die Mehrheit dieser Gemeinde hat die «erste Liebe» zu Jesus Christus verloren. Es geht ihnen letztlich nicht mehr um ihre Liebe und damit ihren Dienst für Jesus Christus, sondern um ihre Aktivitäten, ihre Programme, ihre Systeme. Sie sollen nochmals an den Anfang in die Zeit der ersten Liebe zu Jesus Christus gehen, dort umkehren, neu anfangen, Buße tun.

      Kommentar: In dieser kirchlichen Arbeit in Ephesus wird vor lauter Aktivismus nicht mehr Jesus Christus gedankt und Jesus Christus angebetet. Die gemeinsamen Gebetszeiten mit dem auferstandenen Jesus sind verblasst. Das konsequente Fragen, was Jesus in dieser oder jener Situation tun würde, ist Nebensache.

      2. Offb 2,8–11: Die Gemeinde in Smyrna = die leidende Gemeinde

      Auch in dieser Gemeinde ist viel Aktivität, sind viele «Werke». Aber da ist auch auffallend viel Leiden, sind viele Schwierigkeiten und Prüfungen, viel Verachtung, Verfolgung, Gefängnis und Lästerung. Die Leute dieser Gemeinde fühlen sich durch diese Leiden oft arm und vergessen.

      Lob und Ermutigung: Ihr kommt euch oft arm vor, aber in Jesus Christus seid ihr reich beschenkt!

      Ermahnung: Bleibt treu bis in den Tod! Fürchtet euch nicht! Fixiert eure innere Blickrichtung immer wieder auf das große Endziel, den Himmel, die «Krone des Lebens».

      Kommentar: Eine Gemeinde, die sich bewusst ist, dass «Gott im Schwachen mächtig ist» (2. Kor 12,9) und dass Gott durch wenige Fische und Brote viele nähren kann (Matth 14,13–21), ist viel reicher und gesünder als eine überhebliche und stolze Gemeinde. Kommt dann noch Verfolgung dazu, ist das eine zusätzliche Herausforderung und schwer zu verstehen. Aber aus der Kirchengeschichte lernen wir, dass oft erst große Herausforderungen zu geistlichen Erweckungen führten.

      3. Offb 2,12–17: Die Gemeinde in Pergamon = die durch Irrlehre bedrohte Gemeinde

      Auch diese Gemeinde ist noch aktiv und hat ihre «Werke». Sie ist in einer Stadt beheimatet, die von der Macht des Bösen, von Satan, besonders besetzt ist. Dieses Umfeld wird zunehmend eine Gefahr für diese Gemeinde, denn es schleichen sich vermehrt Irrlehren aus diesem Umfeld in diese Gemeinde ein. Auf der Akropolis von Pergamon befand sich z. B. ein großer Zeus-Altar. Pergamon war auch ein Zentrum des Götzen Asklepios, des Gottes der Medizin.

      Lob und Ermutigung: Gott weiß, in welchem verführerischen Umfeld diese Gemeinde zuhause ist. Er sieht, dass diese Leute damit besonders herausgefordert sind. Gott sieht auch, dass sie trotz enormen Versuchungen an ihm als dem lebendigen Gott festhalten und ihn nicht verleugnen. Auch dann nicht, als Antipas, ein Mitarbeiter der Gemeinde, getötet wurde.

      Ermahnung: Die Irrlehre Bileams gewinnt zunehmend Einfluss in dieser Gemeinde. Dies ist eine Anspielung auf 4. Mo 22–25. Kurz zusammengefasst verführte Bileam das Volk Israel zu Unzucht und Götzenfesten. Damit lehrte Bileam letztlich, dass auch ein Gottesglaube voller Kompromisse für Gott gut genug ist. Auch die Irrlehre der Nikolaiten beeinflusst zunehmend. Die Nikolaiten lehrten Ähnliches wie Bileam: Sie verdrehten die Gnade Gottes in eine billige Gnade. Sie machten aus der in Jesus Christus geschenkten Freiheit eine «Lizenz zum Sündigen», da Jesus als gnädiger Gott ja immer wieder vergeben wird. Gott fordert diese Gemeinde dringend auf, umzukehren und damit Buße zu tun.

      Kommentar: Das Umfeld und die Zeit bestimmen eine Gemeinde mit. Die Frage ist nur, ob Umfeld und Zeit auch ihre Lehre bestimmen oder nur ihren Stil. Eine gesunde und damit wachsende Gemeinde sucht geradezu ihren Stil ihrem Umfeld und ihrer Zeit anzupassen, um «auf alle Weise etliche zu retten» (1. Kor 9,19–23). Aber sie muss ständig darauf achten, dass ihre Lehre und damit ihr Inhalt nicht vom Umfeld und der Zeit bestimmt ist, sondern vom ewiggültigen Wort Gottes. Ansonsten wird sie immer mehr von Irrlehren und damit

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