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mochten suchen, wie wir wollten, rechts und links, oben und unten, es fand sich kein Zugang, keine Spaltung. Ich fühlte mich sehr herabgestimmt und wollte die Wirklichkeit des Hindernisses nicht gelten lassen. Ich bückte mich nieder, schaute oben über den Felsblock. Kein Zwischenraum, überall dieselbe Schranke von Granit. Hans beleuchtete mit der Lampe die Wand allerwärts, aber sie zeigte nirgends eine Lücke. Man mußte darauf verzichten, hier weiter zu kommen.

      Ich hatte mich auf den Boden gesetzt; mein Oheim ging mit großen Schritten auf und ab.

      »Aber wie ging’s denn Saknussemm? rief ich.

      – Ja, sagte mein Oheim, ist er durch diesen Felsen gehemmt gewesen?

      7 15.000 Kilometer

      – Nein, nein, fuhr ich lebhaft fort. Dieses Felsstück hat, sei’s in Folge eines Erdbebens oder einer magnetischen Einwirkung, den Gang plötzlich versperrt. Offenbar hat diese Galerie früher der Lava einen Weg zum Abfluß gegeben, und die Auswurfgegenstände hatten darin Spielraum. Sehen Sie, es sind frische Ritzen da an der Granitdecke; diese sind durch ungeheure Steine, die sich durchzwängten, entstanden, als wenn Riesen daran gearbeitet hätten; eines Tages hat ein stärkerer Druck diesen Block hineingedrängt, und mit demselben, wie mit einem Gewölbeverschluß, den ganzen Weg versperrt. Dieses Hinderniß, welches Saknussemm nicht vorfand, ist später dahin gekommen. Wir müssen es beseitigen, sonst verdienen wir nicht das Ziel des Mittelpunkts zu erreichen!«

      So sprach ich; des Professors Seele war ganz in mich eingedrungen. Der Entdeckungstrieb beseelte mich; ich vergaß darüber die Vergangenheit, verachtete die Zukunft. Es existierte für mich nichts mehr auf der Erdoberfläche; Städte und Land, Hamburg und die Königsstraße zogen mich nicht mehr an, und mein armes Gretchen mußte glauben, ich sei im Schoße der Erde für immer vergraben!

      »Nun! fuhr mein Oheim fort, wir wollen mit Spitzhaue und Steinbrecher uns Bahn machen! Die Wand sprengen!

      – Sie ist zu hart dafür und zu dick!

      – Aber …

      – Wir haben ja Pulver! Machen wir eine Mine und zersprengen den Block!

      – Ja Pulver!

      – Es handelt sich nur darum, ein Loch in den Fels zu hauen!

      – Hans! Ans Werk!« rief mein Oheim.

      Der Isländer holte alsbald von dem Floß eine Spitzhaue, womit er das Loch für die Mine aushauen konnte. Es war das keine geringe Arbeit. Es handelte sich um eine Öffnung, die fünfzig Pfund Schießbaumwolle fassen konnte, deren Treibkraft viermal so stark ist, als die des Kanonenpulvers.

      Ich war erstaunlich aufgeregt. Während Hans die Arbeit verrichtete, war ich meinem Oheim behilflich, eine lange Lunte zu fertigen.

      »Wir werden durchdringen! sagte ich.

      – Ja durchdringen«, wiederholte mein Oheim.

      Zu Mitternacht war unsere Minenarbeit fertig, die Ladung mit Baumwolle in die Höhlung gebracht, und die durch die Galerie laufende Lunte endigte außen.

      Ein Funke war im Stande, die fürchterliche Vorrichtung in Tätigkeit zu versetzen.

      »Auf Morgen«, sagte der Professor.

      Ich mußte mich wohl fügen, und noch fünf volle Stunden warten!

      Einundvierzigstes Kapitel

      Eine Explosion

      Der folgende Tag, 27. August, war für diese unterirdische Reise von der größten Bedeutung. Ich kann nicht an denselben zurückdenken, ohne daß mir vor Entsetzen das Herz bebt. Von diesem Moment an hatte unsere Vernunft, unser Urteil, unser Erfindungstalent nichts mehr bei der Sache mitzusprechen, wir sollten ein Spielball der in der Erde wirkenden Naturkräfte sein.

      Um sechs Uhr waren wir bei der Hand. Der Moment war gekommen, mittels Pulver einen Weg durch die Granitrinde zu bahnen.

      Ich bat mir die Ehre aus, die Mine anzuzünden. Darauf sollte ich zu meinen Gefährten auf das gar nicht abgeladene Floß eilen, um das Weite zu suchen. So suchten wir den Gefahren der Explosion auszuweichen, deren Wirkungen sich über das Innere des Granitkerns hinaus weiter erstrecken konnten.

      Die Lunte mußte zehn Minuten lang, unserer Berechnung nach, brennen, bevor das Feuer zum Pulver kam. Ich hatte also Zeit genug, um wieder auf das Floß zu kommen.

      Ich rüstete mich, meine Rolle auszuführen, nicht ohne Herzklopfen.

      Nachdem wir rasch ein Mahl eingenommen, begaben sich mein Oheim und der Jäger auf das Floß, während ich am Ufer zurückblieb. Ich war zum Behuf des Anzündens mit einer brennenden Laterne versehen.

      »Geh, lieber Junge, sagte mein Oheim, und komme gleich wieder zu uns.

      – Seien Sie ruhig, versetzte ich, ich werde mich unterwegs nicht aufhalten.«

      Alsbald ging ich zur Mündung der Galerie, öffnete die Laterne und faßte das Ende der Lunte.

      Der Professor hielt seinen Chronometer in der Hand.

      »Fertig? rief er mir zu.

      – Fertig! war die Antwort.

      – Nun denn! Feuer, mein Junge!«

      Rasch zündete ich die Lunte und eilte in vollem Lauf zum Ufer.

      »Einsteigen! rief mein Oheim, und abfahren!«

      Hans stieß uns mit einem kräftigen Druck vom Ufer ab; das Floß kam in eine Entfernung von zwanzig Klaftern.

      Es war ein ängstlicher Augenblick. Der Professor begleitete mit dem Auge den Zeiger des Chronometers.

      »Noch fünf Minuten! sprach er. Noch vier! drei!«

      Mein Puls schlug die halben Sekunden.

      »Noch zwei! Eine! … Stürze zusammen, Granitbau!«

      Was begab sich darauf? Das Donnergetöse vernahm ich gar nicht. Aber die Form der Felsen sah ich plötzlich vor meinen Augen sich ändern; sie gingen wie ein Vorhang auseinander. Ich gewahrte eine unergründliche Schlucht, die am Ufer klaffte. Das Meer, im Wirbel gedreht, türmte sich auf zu einer ungeheuren Woge, auf deren Rücken das Floß senkrecht sich erhob.

      Wir wurden alle Drei niedergeworfen. Das Licht wich tiefster Dunkelheit. Ich fühlte, daß der zuverlässige Grund mangelte, nicht meinen Füßen, sondern dem Floß. Ich meinte, es werde untersinken. Doch kam es dazu nicht. Ich hätte gern mit meinem Oheim gesprochen, aber das Tosen des Wassers hätte ihn gehindert, mich zu verstehen.

      Trotz dem Dunkel, dem Getöse, der Überraschung, der Gemütsaufregung begriff ich, was vorgegangen war.

      Hinter dem Felsen, der eben zersprengt ward, befand sich ein Abgrund. Die Explosion hatte in diesem zerklüfteten Boden eine Art von Erdbeben verursacht, der Schlund sich geöffnet, und das in einen reißenden Strom umgewandelte Meer riß uns mit fort hinein.

      Ich hielt mich für verloren.

      Eine, zwei Stunden – ich weiß nicht – verflossen dergestalt. Wir schlossen die Ellenbogen an einander, reichten uns die Hände, um nicht aus dem Floß geworfen zu werden. Es setzte die ärgsten Stöße, wenn es an die Wand stieß. Doch traten solche Stöße selten ein, woraus ich schloß, daß die Galerie beträchtlich weiter ward. Es war dies ohne Zweifel Saknussemm’s Weg; aber anstatt denselben allein hinabzusteigen, hatten wir aus Unvorsichtigkeit ein ganzes Meer zur Begleitung.

      Diese Gedanken, begreift man, drangen in unbestimmter, unklarer Form in meinen Geist. Es hielt mir schwer, während dieser schwindelhaften Fahrt, die einem Hinabsturz glich, sie in Verbindung zu bringen. Nach dem Luftstrom, der mir ins Angesicht blies, zu urteilen, übertraf die

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