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der Koch.

       ‚Wie schade‘, sagte der Hauptmönch. ‚Den ganzen Weg hierher in seinem freigestellten Jahr, und er hat nichts gelernt.‘

       ‚Vielleicht nächstes Jahr‘, sagte Baso. ‚Übrigens, morgen kommt noch ein freigestellter Lehrer hierher.‘

       ‚Um den Sinn des Buddhismus herauszufinden?‘ fragte der Hauptmönch.

       ‚Ja‘, sagte Baso. ‚Ich schicke ihn zu euch rüber.‘

       ‚Vielleicht probiert er meine Suppe‘, sagte der Koch.“

       „Man stelle sich vor!“, fährt Kennedy fort. „Der Besucher befand sich in der lebendigen und leibhaftigen Gegenwart Meisters Baso persönlich, und er wendete sich ab, nach einer ‚Antwort‘ suchend. Der Hauptmönch enthüllte dem Gast den Zustand seines Geistes und Körpers, aber der Gast wendete sich ab, nach einer ‚Antwort‘ suchend. Der Koch bot dem Gast eine dampfende Schüssel köstlicher Suppe an, doch der Gast wendete sich ab, nach einer ‚Antwort‘ suchend. Ich würde lachen, hätte ich nicht dasselbe in Kyoto getan.

      

       Das Koan über Meister Baso legt Christen50 nahe aufzuhören, ‚Gräser zu fegen‘ auf der Suche nach anderen, die uns Antworten geben. Das Koan deutet an, dass niemand jemals einem Zen-Lehrer mit einer Antwort kommen sollte. Jede Antwort, an der wir festhalten und die wir nach Hause nehmen, würde uns einschränken und einsperren und es uns unmöglich machen, frei und schöpferisch in Reaktionen auf neue Situationen zu handeln. Der Weg liegt nicht im Wissen von Antworten.

      …

       Zen öffnet [vielmehr] unsere Augen für das Gute, das wir jetzt besitzen und vorher ignorierten.

      …

       Was … das Koan offenbart, ist, wie freundlich, aber bestimmt Meister Baso mit Reisenden umgeht, die fragen und über Theorien von Zen schreiben. Er stößt die Tatsache des vor ihnen liegenden Dharmas an – und bittet sie, nicht die Theorie, sondern die Suppe zu kosten.“51

      Damit ist – um keine Unklarheiten oder Missverständnisse aufkommen zu lassen – das Original-Koan nicht voll ausgeschöpft. Aber ich denke, wir können schon auf den Geschmack gekommen sein, den Geschmack der Suppe eines authentischen Lebens52, und ahnen, wie diese Suppe aussieht, dass sie und wie sie und womit sie zu löffeln ist. Also: Guten Appetit! Und wenn sie mal oder andauernd nicht so gut schmeckt, trotzdem löffeln, wenn sie warm ist. Nicht zaudern. Erkaltet schmeckt die Suppe normalerweise noch weniger.

      Es gibt eben Gegenstände, die theoretischen oder rein intellektuellen Zugriffen nicht zugänglich sind, bei denen jegliche Theorien, (Glaubens-)Systeme oder auch nur (Glaubens-)Sätze an ihre Grenzen kommen (müssen), wo jegliches Nachgrübeln nicht weiterführt, wo jegliches Verstehen- und Deutenwollen uns mit dem Kopf gegen eine Wand laufen lässt.

      Dies mit Nachsicht und Liebe und aber auch konsequent ausgedrückt zu haben, können wir Baso, seinem Hauptmönch und last not least dem Koch bescheinigen.

      Es ist einfach dies: „Chisôs Kopf ist weiß, Kais Kopf ist schwarz.“

      Oder einfach: „Schwarz – – – Weiß!“53

      Danke!

      46 Robert E. Kennedy, Zen Spirit – Mystische Wege zu Gott, 1997.

      47 Hekiganroku Nr. 73.

      48 A.a.O., S. 112.

      49 A.a.O., S. 111.

      50 Ich darf hinzufügen: „auch Christen“.

      51 A.a.O., S. 112 ff. und S. 117.

      52 Vgl. auch a.a.O., S. 116

      53 Yamada Kôun, Hekiganroku, Band II, S. 205.

       08

       Ins tiefe Wasser hinein

      An dem letzten Abend vor 14 Tagen habe ich ein Koan von einem Zen-Meister Baso in der Fassung eines zeitgenössischen amerikanischen Zen-Lehrers, Robert E. Kennedy, vorgetragen. Es ging um die „letzte“ Wahrheit, und es ging um Suppe. Und es ging darum, dass der Suchende die Wahrheit der Suppe nicht erfasste und ihren Geschmack so verpasste. Sehr einprägsam!

      Heute möchte ich Kennedy noch einmal heranziehen, weil er in einem weiteren Kapitel sehr gut herausarbeitet, was Zen eigentlich ist und worum es dabei für den Übenden und den Lehrenden in Wirklichkeit geht. In dem Kapitel „Lehren“ schreibt er:

       „Zen ist keine spezielle Art des Lebens. Es ist das Leben selbst, wie der einzelne es auf seine notwendigerweise begrenzte Art lebt. Genau dieser Geist, der verwirrt ist und nicht versteht, ist der Buddha-Geist. Es gibt keinen anderen.

      …

       Weil Zen das Leben selbst ist, führt der Lehrer den Schüler von jeder Antwort auf das Leben weg. Wenn der Schüler das Absolute betont, erinnert ihn der Lehrer an das Relative. Wenn der Schüler vom Außergewöhnlichen spricht, antwortet der Lehrer in verstandesmäßigen Begriffen. Der Lehrer ist sich dessen bewusst, dass der Schüler oft nach einer Antwort sucht, einem sicheren Hafen, einem Paket, das er auswickeln, mit nach Hause und in ein Wandregal stellen kann. Und wenn das Thema des Schülers Heiligkeit ist, betont der Lehrer das Weltliche, wenn es das Weltliche ist, betont er die Heiligkeit. Der Lehrer stößt den Schüler immer heimlich von der Oberfläche in die Mitte des Lebens.“54

       Ja. Genauso ist es! So und nicht anders.

      Kennedy fährt fort:

       „In gewisser Weise erinnert mich die Geschichte der Zen-Lehrer, wie sie heimlich ihre Schüler von sicheren Häfen in die Hauptströ-mung des Lebens stoßen, an Jesus. Als Jesus seine Jünger rief, sagte er: ‚Fahret hinaus ins tiefe Wasser und werfet eure Netze zum Fang aus‘ (Lk 5, 4) Diese Worte Jesu sind heute an uns gerichtet:

       ‚Fahre hinaus ins tiefe Wasser …‘

       ‚Danke, Herr, für deine Einladung. Ich schätze es wirklich, aber sieh, ich bin ein oberflächlicher Typ Mensch. Ich mag das Vertraute, die Dinge in der Nähe meines Heims. Ich bin ein Gewohnheitsmensch, glaube ich. Aber ich bin dankbar, dass du an mich gedacht hast.‘

       ‚Fahre hinaus ins tiefe Wasser …‘

       ‚Herr, du hörst nicht zu. Ich erkläre dir, dass tiefes Wasser nichts für mich ist. Sieh, ich habe es einmal versucht, ganz jung und voller Idealismus, und es war schrecklich. Ich kann keinen Misserfolg mehr ertragen. Bitte, beauftrage jemand anderen.‘

       ‚Fahre hinaus ins tiefe Wasser …‘

       ‚Hör auf! Hör auf, mich zu quälen! Siehst du nicht, dass ich es nicht tun kann? ich bin nicht gut genug. Lass mich in Ruhe!‘

       ‚Fahre hinaus ins tiefe Wasser …‘

       Und so werden uns alle großen Lehrer aller Traditionen keine vorgefertigte Antwort oder einen behaglichen Hafen liefern.“55

      Ich möchte das Bild des tiefen Wassers noch intensivieren und dazu eines der „Vermischten Koans“ heranziehen, welches so lautet:

       „In der See von Ise, 10.000 Fuß tief, liegt ein Stein auf dem Grund; ich würde ihn gerne heraufholen, ohne meine Hände nass zu machen.“

      Dies ist ein Koan, mit dem ein Schüler oder eine Schülerin, der den Koan-Weg geht, in seiner Schulung, nachdem er das Grund-Koan „Jôshûs MU“ bewältigt hat, konfrontiert wird. Ein solcher Zen-Schüler,

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