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Gedicht, dem Hôkyo Zanmai, schreibt30:

       Like facing a jewel mirror; form and function behold each other.

       You are not it; but in truth it is you.

       Like a newborn child, it is fully endowed with five aspects:

       No going, no coming, no arising, no abiding;

       “Baba wawa” – is anything said or not?

       In the end it says nothing, for the words are not yet right.

      Ganz in Ruhe!

      27 807-869 n. Chr.; jap.: Tôzan Ryôkai.

      28 780-841 n. Chr.; jap.: Ungan Donjô.

      29 Vgl. Taigen Dan Leighton, in: „Just this is it – Dongshan and the Practice of Suchness“, 2015, S. 34, m.w.N.

      30 Vgl. dazu in: Finde tiefen Glauben in dir selbst – ZEN-Koans in heutiger Zeit, 2018, S. 356, m.w.N.

       05

       Lernen, einen Schritt zurückzutreten

      Das einmalige Ertönen der Klangschale gerade beinhaltete die Aufforderung: „Wendet euch bitte zur Mitte!“ Es ist der normale Ablauf der wöchentlichen Abendmeditation. Also brauchen wir diese Bitte nicht noch zusätzlich in Worte zu fassen.

      „Wendet euch bitte zur Mitte!“ Das ist ja nicht nur die Aufforderung, sich äußerlich zur Mitte dieses Meditationsraumes umzudrehen. Diese Aufforderung hat auch eine andere Richtung, eine andere Dimension im Blick: „Wende du dich zu deiner Mitte!“ Dieses zunächst ganz wörtlich, ganz körperlich! Und diese Bitte steht damit nicht erst am Schluss der Meditation, sondern schon ganz am Beginn: „Wende dich um!“

      Diese Bitte geht dabei noch eine „Etage“ tiefer, d.h. noch mehr nach innen, in den Bereich, den unsere Sinne und körperlichen wie geistigen Empfindungen nicht mehr ganz erfassen können, in den Bereich, der durch sie quasi hindurchführt.

      Was meine ich damit? Ich möchte es versuchen zu illustrieren – notwendigerweise nur begrenzt und unvollkommen möglich.

      „Ummon sagte den versammelten Mönchen: ‚Mitten im Universum gibt es zwischen Himmel und Erde einen einzigartigen kostbaren. Schatz. Verborgen liegt er in der Gestalt eines Berges.‘“ So beginnt ein Koan31.

      Mit der Gestalt eines Berges ist, wie Yamada Kôun Roshi kommentiert, unser Körper gemeint32. Meister Ummon spricht auf diese Weise von der wesenhaften Wahrheit. „Der einzigartige Schatz wohnt in der Form vieler Berge.“33

      Lasst uns schauen, was Dôgen Zenji dazu sagte. In seinen berühmten Allgemeinen Richtlinien für Zazen (Kapitel Fukanzazengi im Shôbôgenzô) heißt es: „Ihr solltet aufhören, nach rationalen Erklä-rungen zu suchen und Wörtern nachzulaufen. Lernt vielmehr, einen Schritt zurückzutreten, lenkt euer Licht [nach innen] und lasst es sich [dort] widerspiegeln.“34

      In einer seiner abendlichen Kurz-Unterweisungen mit dem Titel: “The Jewel Illuminating All Things” sagte er: „Unless we turn the light within to illuminate the self, how can we hold close the jewel when we are lost in the outlying countryside?”35 Und er beantwortete dies sogleich, indem er darauf verwies, dass wir nicht außerhalb suchen sollen, sondern dass es darauf ankommt, in einen Einklang, in die unmittelbare Wahrnehmung der Übereinstimmung zu kommen von Form und Inhalt, von Wahrnehmung und Sein36.

      Dies ergänzte Dôgen Zenji in der darauffolgenden Abend-Unterweisung: „ The sounding of the mind must be simply the sounding of emptiness. What we call the sounding of mind is actually the sounding of a bell37. If the windbell does not sound, the mind does not sound. How can we call this the mind’s sounds?”38

      Yamada Kôun schreibt zum Koan von Ummons kostbarem Schatz folgende wegweisende Sätze, die ich euch nicht vorenthalten möchte: „Sobald wir diese Ebene erreicht haben, ist die Trennung von ZEN und Christentum verschwunden. Es war Christus selbst, der gesagt hat: ‚Das Reich Gottes ist in euch.‘ Könnte es vielleicht tatsächlich so sein, dass das Reich Gottes nichts anderes ist als dieses Juwel, dieser kostbare Schatz? Die Christen, die hier im Zendo sind, möchte ich in allem Ernst bitten, durch ihr Sitzen das Reich Gottes in sich zu entdecken.“39

      Ja, ein buddhistischer Zen-Meister weist uns auf die biblische Botschaft hin und fordert uns auf, sie zu realisieren in der Entdeckung dessen, worum es Jesus ging. Darum, es uns als wunderbare Möglichkeit aufzuzeigen, dahin frei werden zu können, uns davon abzubringen, es dort oder dort zu suchen, und zu glauben, es in Raum und Zeit irgendwo finden zu können. „Man kann [auch] nicht sagen: Seht, hier ist es! Oder: Dort ist es!“ (Lk 17, 21).

      Als ich dies niederschrieb, schaute ich auf und sah die sich gerade geöffneten weißen Kirschblüten des alten, großen Kirschbaums, den ich als junger Familienvater im Jahre 1980 als kleines Stämmchen, welches kürzer war als ich, gepflanzt hatte.

      Was sehe ich da?

      Dôgen Zenji zitiert in seiner Abend-Unterweisung über das Juwel, welches alle Dinge erleuchtet, als Antwort auf seine eingangs gestellte Frage an seine Mönche: „Unless we turn the light within to illuminate the self, how can we hold close the jewel when we are lost in the outlying countryside?“ den chinesischen Mönch und Dichter Gaocheng Fazang, und das möchte ich zum Abschluss auch tun:

       „When the ear is in accord it is like the [receptive] spirit of the empty valley, and loud and soft sounds are never lacking. When the eye is in accord it is like the illumination of a thousand suns, and the ten thousand forms cannot escape their images.”

      Seine Unterweisung schloss er nach dem Zitat von Gaocheng Fazang so ab:

       „If we seek outside of sounds and colors, Bodhidharma’s coming from the west is a great fault.”40

      Wie können wir einen solchen Fehler vermeiden? Sollen wir in Tönen und Farben suchen? Vorsicht! Vorsicht!

       “Weiße Kirschblüten

       in einer Silberschale,

       welche blau sich wölbt.”

      Dieses Haiku kam mir in der Kirschblüte vor meinem Fenster.

      Erfreuen wir uns dieses Frühlings mit all unserer Lebenskraft und mit dem Wagnis des Aufbruchs.

      Die Kirschblüten wissen nicht, was aus ihnen alles wird. Macht nichts. Sie blühen einfach.

      Danke!

      31 Hekiganroku, Fall Nr. 62.

      32 Yamada Kôun, Hekiganroku, Band 2, 2002, S. 118.

      33 A.a.O.

      34 Shôbôgenzô, Band I, aus dem japanischen Urtext ins Deutsche übertragen von Ritsunen Gabriele Linnebach und Gudô Wafu Nishijama Roshi, 3. Auflage, 2013, S. 309; vgl. auch Dôgen‘s Extensive Records, 2010, Volume 8, S. 533 und Volume 4, S. 269; japanischer Urtext: „ekô hen shô“.

      35 Dôgen‘s Extensive Records, Volume 4, S. 268 f. (Dharma Hall Discourse Nr. 282 “The Jewel illuminating all Things).

      36 Vgl. A.a.O., S. 269.

      37 Dazu sei auf Koan Nr. 29: Nicht der Wind, nicht die Fahne und das Teisho dazu in: Finde tiefen Glauben in dir selbst – ZEN-Koans in heutiger Zeit, 2018, S. 219 ff. hingewiesen, wo auch Fall Nr. 18 Denkôroku mit Gayashata und der Windglocke behandelt wird.

      38 A.a.O., S. 269 (Dharma Hall Discourse Nr. 283).

      39 Yamada Kôun, a.a.O.,

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