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Akquisitionen später, Bestand hat. Dieser Erfolg brachte dem Konzernfinanzvorstand die Beförderung zum Konzernvorstandsvorsitzenden ein. Uns jungen Mitarbeitern verschaffte er einen hervorragenden Ruf und entsprechend attraktive Beförderungen.

      Die Arbeit machte mir in dieser Zeit einen Heidenspaß. Mir fiel der Part zu, das gesamte Controlling-Konzept und die dazu gehörigen Richtlinien so zu gestalten, dass sie zum Speditionsgeschäft passten. Die Kombination aus konzeptioneller Arbeit, praktischer weltweiter Umsetzung und Organisation unseres Arbeitsbereichs lag mir. Was mir an der Arbeit am meisten gefiel, war die Gründlichkeit, mit der wir die Dinge damals angehen konnten. Kein ‚Quick and dirty‘-Verfahren, sondern es war noch möglich an den Details zu feilen. Ich habe oben von der Irritation und Frustration berichtet, die ich in meiner Ausbildungszeit empfunden hatte und die aus dem Umstand resultierte, dass die Organisation damals nichts ändern wollte, sondern auf kollektives Durchwursteln setzte. Genau das Gegenteil erlebte ich jetzt.

      Der Anspruch an meine Arbeit, die Dinge gründlich, langfristig, kompetent und praktisch relevant anzugehen, ist für mich zum unverrückbaren Prinzip geworden. In dieser Beziehung habe ich einen gewissen Fanatismus entwickelt. Kurzfristiges, schlampiges, inkompetentes, für die praktische Arbeit der Organisation irrelevantes Durchwursteln war und ist mir zutiefst verhasst. Bestärkt wurde ich in dieser Auffassung, als ich 1994 die Chance hatte, dem „Managerial Effectiveness Seminar“ von Fredmund Malik beizuwohnen. Malik hat die Inhalte dieses Seminars im Jahr 2000 in seinem Buch „Führen, Leben, Leisten“4 zusammengefasst. Jahrelang lag dieses Buch auf meinem Nachttisch und es ist bis heute mein Leitfaden in Sachen Management.

      Maliks Mission ist es, die Idee vom guten und richtigen Management zu verbreiten. Dabei stützt er sich auf die Gedanken von Peter Drucker, dem Erfinder des modernen Unternehmensmanagements.

      Richtiges und gutes Management ist laut Malik erlernbar und basiert auf sechs zentralen Grundsätzen:

      (1) Beim Management kommt es nur auf die Resultate an. Ein Management ohne Resultate ist wertlos. Das heißt nicht, dass der Zweck alle Mittel heiligt. Resultate sind selbstverständlich unter Einhaltung aller gültigen Regeln einschließlich denen von Anstand und Respekt zu erzielen. Darin liegen die Aufgaben und die zentrale Verantwortung eines Managers.

      (2) Gutes Management leistet einen Beitrag „zum Ganzen“. Entsprechend ist bei jeder Entscheidung und Handlung darauf zu achten, dass das „Ganze“, d.h. die gesamte Organisation oder das Unternehmen an sich dadurch besser wird. Dieser Grundsatz wendet sich gegen die verbreitete Tendenz einzelner Unternehmensbereiche oder Abteilungen, nur sich selber optimieren zu wollen, ggf. auch zu Lasten anderer Unternehmensbereiche und Abteilungen. Er wendet sich auch gegen egoistisches Karrierestreben und schädliche Profilierung. Idealerweise nimmt ein guter Manager auch persönliche Einbußen in Kauf, wenn es der Sache als Ganzem dient.

      (3) Gutes Management konzentriert sich auf wenige, wichtige Dinge. Nur wer sich auf Weniges, Wichtiges konzentriert ist zum Erzielen konkreter Resultate in der Lage. Je schwieriger die Herausforderung, desto wichtiger die Konzentration. Im Getümmel des Alltags besteht die große Gefahr der Verzettelung. Die Fähigkeit an den richtigen Stellen „nein“ sagen zu können unterscheidet den Könner vom Anfänger.

      (4) Herausragende Resultate, d.h. solche, die notwendig sind, um im globalen Wettbewerb zu überleben, lassen sich nur erreichen, wenn man sich auf seine Stärken konzentriert. Die Beseitigung von Schwächen befähigt allenfalls zu durchschnittlichen Leistungen. Insofern ist Stärkenorientierung ein wichtiges Prinzip von gutem Management. Malik schreibt dazu: „Wenn man der Frage nachgeht, wie wirklich große Leistungen tatsächlich zustande gekommen sind oder erbracht wurden, fallen immer wieder zwei Dinge auf: Das erste ist eine klar erkannte Stärke und das zweite die kompromisslose Konzentration darauf.“5 Also aus der Kombination des 3. und 4. Grundsatzes.

      (5) Gutes Management basiert auf Vertrauen. Gute Manager sind verlässliche, kompetente und anständige Menschen. Keine selbstsüchtigen Karrieristen, keine Lügner und falschen Hunde. Nur wer in seinem Umfeld Vertrauen schafft, ist in der Lage, die volle Leitungsfähigkeit seiner Kollegen und Mitarbeiter abzurufen.

      (6) Gutes Management erfordert positives Denken. Malik definiert positives Denken als das Gebot „….in den Problemen die Chancen wahrzunehmen, als auch …, wo immer möglich und vor allem, wo immer nötig, sich selbst zu motivieren ….“6. Diese Erkenntnis sei zwar einfach, sagt Malik, doch die Umsetzung verlange einem einiges ab. „Man steckt in Problemen, hat Schwierigkeiten und leistet sich nicht den Luxus, diese zu ignorieren. Aber man erduldet sie auch nicht einfach, sondern tut etwas, damit die Lage sich ändert. Meiner Meinung nach sprechen genügend Indizien dafür, dass genau diese Haltung bei anderen den Eindruck hervorruft, es mit einer reifen Persönlichkeit zu tun zu haben.“7

      Als ich diese Grundsätze 1994 zum ersten Mal vernahm, ließen sie mich enthusiastisch werden. Die Begeisterung für diese sechs Grundsätze ist mir bis zum heutigen Tag erhalten geblieben, denn sie entsprechen haargenau meinen persönlichen Wertvorstellungen. Auch wenn diese Grundsätze alle sehr einfach und einleuchtend klingen, so ist ihre Umsetzung jedoch ungemein schwierig. Davon kann ich ein Lied singen. Denn wie sich jugendlicher Überschwang und ein naives Verständnis der Ideale des Managements zu schwerwiegendem Fehlverhalten führen können, durfte ich bei meinem nächsten Karriereschritt in aller Deutlichkeit und Härte erfahren.

      4 Fredmund Malik, Führen, Leisten, Leben, Deutsche Verlag-Anstalt GmbH, Stuttgart / München, 2000

      5 ebenda, S. 133

      6 ebenda, S. 155-156

      7 ebenda, S. 156

       Hongkong

      Anfang 1995 wurde ich zum Finanzchef der Region Greater China befördert, die die Landesorganisationen von China, Hongkong und Taiwan umfasste. Zusammen mit meiner Frau Catherine und unserem vier Monate alten Baby zogen wir nach Hongkong um. Für unsere junge Familie war dies ein aufregendes Erlebnis. Die asiatische Metropole, die aufgrund ihrer Geschichte als englische Kronkolonie, ihrer einzigartigen geografischen Lage und ihrer daraus resultieren enormen Wirtschaftskraft eine herausragende Stellung einnahm, ließ uns mit ihren fremdartigen Gerüchen und Geräuschen staunen und machte auf vieles neugierig.

      Beruflich war es für mich jedoch ein hartes Erwachen. Denn ich hatte beim Antritt der Stelle die kindliche Vorstellung, Maliks Managementprinzipien zügig in der Praxis umzusetzen und die Veränderung im Unternehmen mit demselben Schwung weiter voranzutreiben, wie ich sie in der Zentrale in Basel im Finanzbereich angegangen war. Doch anstatt mit meinem Schwung einen nachhaltigen Durchbruch zu erzielen, krachte ich voll gegen eine Wand aus eingeschliffenen Gewohnheiten. Der Region Greater China stand ein älterer Herr vor, der seit über zehn Jahren das Geschehen des Unternehmens in Hongkong verwaltete. Seine Aufgabe bestand im Wesentlichen darin, in Europa verkauftes Fernostgeschäft so kostengünstig, wie es eben ging, abzuwickeln. Dazu beschäftigte er eine Truppe Hongkong-Chinesen, die er wie eine Kindergruppe überwachte. Eigenes kommerzielles Engagement war in seiner Rolle kaum gefordert. Trotzdem bescherte dieses Modell dem Unternehmen reiche Gewinne, denn Luft- und Seefracht warfen in Hongkong damals fette Margen ab. Allerdings begann dieses eher passive Modell zu Beginn der 90er Jahre zu kippen. Denn die Konkurrenz wurde aggressiver, und die fetten Margen schmolzen ab. Außerdem erwachte China.

      Hongkong hatte aufgrund des von den Engländern geschaffenen Wirtschaftssystems und der hervorragenden, modernen Infrastruktur eine Sonderstellung in der Region. Es war das Tor in den Fernen Osten, wodurch die dort ansässigen Transportunternehmen großartig profitierten. Nun begannen die Chinesen überall eigene Verkehrsinfrastrukturen auszubauen. Flug- und Seehäfen wurden neugebaut oder modernisiert. Hongkong begann seine Sonderstellung zu verlieren. Es wurde erforderlich, dass Speditionsunternehmen wie das unsere, in allen großen chinesischen Städten eigene Büros einrichteten. Aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen in China war dies damals schwierig. Außerdem stand dringend an, das Geschäftsmodell zu erneuern. Hatten wir uns in Hongkong bis zu diesem Zeitpunkt fast ausschließlich auf die Verkaufsleistungen der Kollegen in Europa und USA gestützt, wurde es nun zunehmend wichtig, Transportleistungen an asiatische Kunden zu verkaufen.

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