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an einer bewaffneten Übernahme Berlins und blutige Straßenkämpfe brachen aus, die die Polizei völlig überrumpelten. Die alarmierte Regierung mobilisierte den Freikorps, der größtenteils aus Kriegsveteranen mit Kampferfahrung bestand, um den Aufstand zu durchbrechen und Liebknecht und Luxemburg zu ergreifen. Die beiden Anführer des Spartakusbunds wurden tatsächlich gefangen genommen und hingerichtet. Viele Soldaten und Zivilisten wurden in den Straßenkämpfen getötet und Truppenverstärkungen wurden dringend einberufen. Aber die Revolution war noch nicht überstanden. Die Kommunisten hatten Bayern unter ihre Kontrolle gebracht und München als ihre Hauptstadt ausgerufen. Sie benannten Minister und stellten den Kontakt mit den Bolschewiken in Russland her, woraufhin 9.000 Soldaten der Reichswehr und 30.000 Mitglieder des Freikorps entsandt wurden, um die Kommunisten zu bekämpfen. Nach tagelangen erbitterten Kämpfen konnte die Herrschaft über Bayern wieder an die Weimarer Republik zurückgegeben werden. Mehr als 1.700 Kommunisten waren getötet worden.

      Auch Albert war zu diesen Kämpfen gesandt worden und hatte dort seinen ersten Vorgeschmack eines Kampfes bekommen, auch wenn der Krieg offiziell beendet war.

      Deutschland war nun eine Republik und langsam kehrte Ordnung ein. Albert wurde in seine Kaserne zurück kommandiert und als seine Ausbildung abgeschlossen war, entschied er sich für eine Militärkarriere und Offiziers Laufbahn.

       Kapitel 2

      Kurze Zeit nach dem Aufstand wurde Albert in das Dienstzimmer des Kommandanten gerufen.

      „Es tut mir leid Ihnen mitzuteilen, dass Ihr Vater heute Morgen überraschend verstorben ist“, lautete die Nachricht.

      Er war sich sicher, dass sie den falschen Mann gerufen hatten, aber dann sah er das Telegramm, das seine Mutter geschickt hatte, und erstarrte urplötzlich. Wie war das möglich? Der Krieg war vorbei; sein Großvater hatte eine kleine Beinwunde, aber sein Vater war nicht einmal verletzt worden.

      Die Stimme des Kommandanten brachte ihn zurück in die Gegenwart. „Hier ist Ihr Passierschein für zehn Tage. Ziehen Sie bei der Beerdigung ihre Paradeuniform an; versuchen Sie, Ihrer Mutter zur Hand zu gehen, mein Beileid – weggetreten.“

      Als er in Göttingen ankam, wo seine Eltern lebten, war niemand da, um ihn am Bahnhof abzuholen. Er nahm den Bus in Richtung Zuhause.

      Seine Mutter öffnete die Tür. „Wird aber auch Zeit, dass du kommst“, sagte sie zur Begrüßung. „Dein Bruder ist mir eine große Hilfe gewesen.“

      „Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte“, antwortete er und schluckte seine Tränen herunter. „Jetzt erzähl mir bitte, was mit Vater passiert ist.“

      „Er hat Dir einen Zettel hinterlassen, aber es steht kaum etwas darauf.“

      „Er hat mir einen Zettel hinterlassen?“ Albert starrte seine Mutter an, die er, so lange er lebte, nie verstehen oder lieben konnte.

      Die Notiz lautete: „Mein geliebter Sohn, ich verlasse diese Welt. Mach etwas aus Dir.“

      „Er hat sich mit Deinem Schal erhängt!“, schrie ihn seine Mutter voller Vorwurf an. „Hat sich am Fensterkreuz erhängt und ich musste ihn finden! Weißt Du auch, dass er nicht auf dem Friedhof beerdigt werden darf, weil er sich umgebracht hat?“, tobte sie weiter. „Was für eine Schande für seine Familie, dass er außerhalb des Friedhofs beigesetzt wird!“

      „Aber warum, Mutter? War er krank, was hat ihn dazu gebracht, das zu tun?“

      „Woher soll ich das wissen?“, kreischte sie. „Dein Vater hat schon lange nicht mehr mit mir geredet, war wahrlich keine Freude ihn um sich zu haben. Vermutlich werde ich ihn nicht einmal vermissen.“

      Albert musste sich setzen. Selbstmord? Mit meinem Schal? Keine Beerdigung auf dem Friedhof? Das kann nur ein schlechter Traum sein.

      Sein Bruder Hans kam herein und sie schüttelten sich die Hände, beide versucht, die Tränen zu unterdrücken. Albert hatte seinen Bruder noch nie so gefühlvoll erlebt.

      „Gut, dass du da bist“, sagte Hans. „Ich habe einen Arzt gefunden, der eine andere Todesursache auf die Urkunde schreibt, damit wir ihn angemessen bestatten können.“

      „Ja, ja“, murmelte Albert, „hast Du das?“

      Hans nickte. „Ja, er hatte offiziell eine Kopfgrippe.“

      „Siehst du, wie viel mir Hans bedeutet?“ Die Schimpftirade seiner Mutter war noch nicht beendet. „Du warst fort, als ich zu einer hilflosen Witwe gemacht wurde“, zeterte sie weiter.

      „Und was für eine hilflose Witwe“, fauchte Albert. „Jetzt lass mich bitte in Frieden und gib mir Zeit, mich mit Hans zu unterhalten.“ Damit ergriff er den Arm seines Bruders und zog ihn durch die Tür. Sie setzten sich auf die niedrige Steinmauer am Hauseingang, und rauchten eine Zigarette.

      „Ich wünschte, ich hätte jetzt einen Schnaps“, meinte Hans.

      Albert nickte nur, immer noch benommen. „Ich verstehe das alles nicht. Kannst du mir erzählen, was passiert ist?“

      Hans zuckte die Schultern, „Du weißt, dass er von der Front als noch stillerer Mann zurückgekehrt war, und er und Mutter hatten oft heftige Auseinandersetzungen. Du kennst Mutter – sie will immer ausgehen und Spaß haben, jetzt, wo der Krieg vorbei ist; und Vater hatte noch nie viel Interesse an Tänzen und spaßigen Unternehmungen.“

      Albert wusste all das nur zu gut und fragte sich, wie sehr sein Vater wohl unter seiner grausamen Ehefrau gelitten haben musste. Meine Mutter, dachte er bitter. Ich kann kaum erwarten, wieder abzuhauen.

      Die Beisetzung war eine stille Trauerfeier. Albert Senior wurde auf dem Göttinger Friedhof im Beisein eines Pfarrers beigesetzt. Gusti hatte sich dramatisch in Schwarz gehüllt und einen Schleier über ihr Gesicht gezogen.

      Bestimmt, um ihr Grinsen zu verstecken, dachte Albert mit tiefer Verbitterung. Er hatte kaum bemerkt, dass Hans seine Verlobte mitgebracht hatte; er hatte nicht einmal gewusst, dass er verlobt war. Er wurde Renate vorgestellt und murmelte seine Glückwünsche; er wurde nicht zu ihrer Hochzeit eingeladen.

      Albert kehrte frühzeitig zu seiner Kompanie zurück. Kurze Zeit danach wechselte er zur Offiziersausbildung, und als die Kavallerie zugunsten von Panzern und Flugzeugen aufgelöst wurde, ließ er sich zum Berufspiloten ausbilden.

      Albert wurde für seine Ausbildung nach Erfurt versetzt. Er packte seine Ausrüstung und machte sich auf den Weg zum Bahnhof für seine Fahrt nach Erfurt.

      Er war froh, wieder nach Erfurt zurückzukehren, eine Stadt, in der er immer gern gewesen war. Er hoffte, Stephanie wiederzusehen, ein Mädchen, dass er vor einigen Wochen bei einer Tanzveranstaltung in einer Stadt unweit entfernt kennengelernt hatte, wo er zu militärischen Übungen stationiert gewesen war.

      An einem warmen Sommernachmittag saß er im Zug nach Erfurt. Albert lehnte sich auf der harten Holzbank in der dritten Klasse zurück und schloss die Augen. Die Erinnerungen an den noch nicht weit zurückliegenden Tod seines Vaters kamen zurück; er schluckte schwer. Ich kann jetzt nicht weinen, hier im Zug mit all diesen Leuten um mich herum, dachte er. Warum nur musste er so sterben? Er wachte mit einem Ruck auf, als der Zug Erfurt erreichte, und er beeilte sich, schnell auszusteigen. Er war immer noch tief in seine Erinnerungen vertieft, während er sich langsam auf den Weg zu seinem neuen Quartiert machte.

       Kapitel 3

      „Steffi, Steffi, bitte, wie oft müssen wir das noch diskutieren?”

      Albert hatte seinen Arm um Stephanies Schultern gelegt, versuchte an ihrem Ohr zu knabbern, und gab sein Bestes, ihre Gedanken von dem Thema Hochzeit abzulenken. Er konnte sich nicht erklären, warum sie immer wieder davon anfing. Sie war ein attraktives Mädchen, sicher – aber ein bisschen zu kokett für ihn. Sie traf weiterhin andere Männer, während er weg war, warum also sollte sie gerade ihn ausgewählt haben? „Ich dachte, du hast ein Auge auf Heinz geworfen?“

      „Naja, er hat mich ein paar Mal ausgeführt, aber ich denke, er könnte verheiratet

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