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betrifft die Natur der Philosophie und lautet: Die Philosophie ist ein System der Erkenntnis der Wirklichkeit. Philosophie ist die Untersuchung der gesetzlichen Grundlage der Wirklichkeit. Sie will die Gesetzlichkeit aufdecken, die die Ordnung in der Welt bestimmt. Die Philosophie untersucht also denjenigen Faktor, der die Ordnung der gesamten Welt bestimmt und ausdrückt. Wie die Welt selbst nicht ein Aggregat, sondern ein einheitliches Ganzes ist, so bildet auch die Erkenntnis der Welt ein einheitliches System. Der Begriff der systematischen Einheit der Erkenntnis ist nicht eine willkürliche Erfindung, sondern er stellt einen notwendigen Gedanken dar: Der Einheit der Welt entspricht die Einheit eines allumfassenden Erkenntnissystems.2

      Die Gedankengänge in diesem Buch basieren auf einer systematischen Grundlage, die ich bereits in dem umfassenden Werk „Das System der Philosophie“ dargelegt habe. Die drei Teile dieses Werkes, aus denen ich einige Abschnitte in dieser Arbeit zitiert habe, sind die folgenden:

      – DAS SYSTEM DER PHILOSOPHIE: DIE SYSTEMATISCHE GRUNDLAGE ZUR ERKENNTNIS DER WIRKLICHKEIT UND ZUR BESTIMMUNG DER STELLUNG DES MENSCHEN IN IHR, FRANKFURT AM MAIN 2012 (ZITIERT: SYSTEM I)

      – DER MENSCH UND SEINE WELT: ZUR ERKENNTNISTHEORETISCHEN KLÄRUNG DER STELLUNG DES MENSCHEN IN DER WELT UND DER BEDINGUNGEN DER VERWIRKLICHUNG SEINER FREIHEIT – DAS SYSTEM DER PHILOSOPHIE II, FRANKFURT AM MAIN 2013 (ZITIERT: SYSTEM II)

      – DIE GRENZEN DER ERKENNTNIS UND DAHINTER: ZUR KLÄRUNG DER ERKENNTNISTHEORETISCHEN GRUNDLAGE DES RELIGIÖSEN GLAUBENS – DAS SYSTEM DER PHILOSOPHIE III, FRANKFURT AM MAIN 2014 (ZITIERT: SYSTEM III).

      Die Philosophie als System, das die Grundlagen der Erkenntnis der Wirklichkeit thematisiert, hat ihre Wurzeln schon in der frühen griechischen Philosophie und wurde zum Philosophie-Verständnis des christlichen Abendlandes und der europäischen Kultur. Die Philosophie wie das monotheistische Religions-Verständnis, konkurrieren seit ihren Anfängen mit einander um die Bestimmung der gültigen Orientierung des Menschen in der Welt.

      Die kulturelle Entwicklung, die zur Entstehung des Aufklärungsgedanke wie auch der modernen Naturwissenschaft führte, verlangte – und verlangt weiterhin – die Klärung des Beziehungsgeflächt zwischen Religion, Wissenschaft, Aufklärung und der Erkenntnis der Wirklichkeit, um eben die Möglichkeit zu erlangen, eine gültige Orientierung in unserer Welt zu bestimmen.

      Da diese Entwicklung die europäische Geschichte umfassend prägte, werde ich in meinen Überlegungen die Begrifflichkeit der Kultur, der Philosophie und der Religion, wie sie im Rahmen der abendländischen Geschichte vorkommen, verwenden, was die Allgemeingültigkeit dieser Überlegungen nicht beeinträchtigt. So verstehe ich unter „Philosophie“ ein geschlossenes System der Philosophie, gleich in welcher Prägung. Unter „Religion“ verstehe ich eine monotheistische Religion, gleich in welcher Prägung, wobei ich mich in dieser Arbeit ausdrücklich auf das Judentum und das Christentum beschränke, da mir diese beiden Religionen besser vertraut sind.

      Zu besonderem Dank bin ich meinem Sohn Jonathan verpflichtet, der mir bei der sprachlichen Gestaltung des Manuskripts eng zur Seite stand. Für die Betreuung der Publikation meines Buches möchte ich mich bei Herrn Mirko Esquivel und beim Produktionsteam des „tredition“-Verlags herzlich bedanken.

      1 Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? In: Was ist Aufklärung? Hrsg. Von Ehrhard Bahr, Stuttgart 1974, S. 9

      2 Vgl. dazu System I S. 16f.

      EINLEITENDES

      1. Die Auseinandersetzung mit der Frage nach der Rationalität des religiösen Glaubens und der Religion überhaupt ist genau so alt wie das methodisch-systematische Denken. Die Schriften unterschiedlicher Religionen spielen dabei eine entscheidende Rolle: Sie geben dem religiösen Gefühl die Möglichkeit, sich konkret zum Ausdruck zu bringen und verschaffen so dem Glaubenden die lebendige Verbindung mit dem Göttlichen. Diese Schriften ermöglichen auch die Bildung einer klaren religiösen Weltanschauung.

      Eine Frage, die im Laufe der Geschichte immer deutlicher und ausdrücklicher formuliert wurde, ist die Frage nach der Gültigkeit der religiösen Inhalte der Religion - im Allgemeinen und jeweils einer bestimmten Religion im Besonderen. Die Radikalität dieser Frage ist keiner theoretischen Art, sondern sie hat ihre Wurzeln in der Tatsache, dass die Religion, sprich das Göttliche, eine bestimmte Lebensführung anweist, die alle Lebensbereiche umfasst.

      Diese Tatsache schafft eine Abhängigkeit des Glaubenden von den religiösen Institutionen und von den Gelehrten, die diese Schriften auslegen und so die Realisierung der religiösen Inhalte ermöglichen. Erst mit der Aufklärung kam die ausdrückliche Forderung, die eigene Fähigkeit des Menschen, sich selbst, das eigene Leben wie auch alles, was in diesem Leben wichtig ist, der verstandesmäßigen Prüfung zu unterziehen.

      Die Entwicklung der modernen Wissenschaft hat die Möglichkeit der objektiven Erkenntnis der Natur mit sich gebracht, was den Eindruck weckte, dass die religiösen Inhalte bloß Glaubensinhalte und so subjektiv in ihrer Gültigkeit seien, also ohne jeglichen tatsächlichen Wirklichkeitsbezug sind. Der Anspruch der Religion, dass ihre Inhalte die Wahrheit der Wirklichkeit widerspiegeln, stand so einer andere Sichtweise gegenüber, die das Individuum und seine Erkenntnisfähigkeit, wie die allgemeine Gültigkeit der von ihm erlangten Erkenntnisse betonte.

      In diesem Zusammenhang spielt es gar keine Rolle, wie sich eine konkrete Religion versteht: Ob als eine mythisch bestimmte Religion, als Naturreligion oder als eine monotheistische Religion. Die zwei oben genannten Wahrheitsansprüche verankern die Gültigkeit dieser Ansprüche in zwei vollkommen andersartigen letzten Instanzen: Zum einen im Göttlichen und in seinem Wort, und zum zweiten im Denken des Menschen, der so ins Zentrum der Welt gerückt wird.

      Die Betonung der Bedeutung des Individuums und seiner verstandesmäßig bestimmten Weltanschauung führt dazu, dass die Religion als etwas gesehen wird, was in der Gültigkeit seines Inhalts nicht direkt nachvollziehbar und daher fragwürdig ist.

      Das bedeutet, dass sich die Gültigkeit religiöser Inhalte eventuell als fiktiv erweisen kann. Das zeigt uns schon eine der ersten registrierten Stellungnahmen diesbezüglich: Der Pre-Sokratiker Xenophanes von Kolophon hat sich vehement gegen das anthropomorphe Verständnis der Götter gestellt, die nicht nur zweifelhafte menschliche Eigenschaften trugen, sondern darüberhinaus in ihrem Leben auch von eigentümlichen menschlichen Bedürfnissen und Empfindungen getrieben wurden. Hinzu kommt noch die Tatsache, dass es dem Menschen nicht möglich ist, zu wissen, wie die Götter wirklich aussehen und welche Gestalt sie tragen. Daraus folgert er, dass die Götter bloß Produkte persönlicher menschlicher Einbildungskraft sind.

      Die Überzeugung, dass Gott selbst bzw. die Götter nur ein Produkt menschlicher Einbildungskraft sind, führte zu einem rational motivierten Zweifel an der Gültigkeit der Inhalte des religiösen Glaubens. Hier geht es nicht um Ausdruck von willkürlich persönlichem Zweifeln. Das Bedürfnis sich Gott einzubilden, scheint eine fundamentale Veranlagung der menschlichen Natur zu sein, was auf die immanente Motivation hinweist, Gottes Bestehen anzuzweifeln.

      Als Vertreter einer solchen Auffassung können wir den Philosophen Ludwig Feuerbach nehmen. Als Vertreter einer philosophischen materialistischen Haltung müsste er sich mit dem Phänomen der Religion und des religiösen Glaubens auseinandersetzen. Wenn alles Wirkliche entweder Materie oder Verhältnisse zwischen materiellen Sachen ist, dann ist es notwendig, einen ausdrücklich nicht materiellen Faktor wie Gott, besonderer kritischer Betrachtung zu unterziehen. Seine Überlegungen galten zwar dem Christentum, sind aber von allgemeiner Bedeutung. Er gelang zu der Überzeugung, dass Gott nur als Projektion des menschlichen Wesens verstanden werden kann. Das zu verstehen, würde als die größte Wende der Menschheitsgeschichte gelten. Dabei macht er klar, was das konkret bedeutet: Der Mensch selbst, der seiner Meinung nach das Erste und das Echte ist, gilt als Grundlage eines ursprünglichen Humanismus.

      „Unser Verhältnis zur Religion ist […] kein nur verneinendes, sondern kritisches. Wir scheiden nur das Wahre vom Falschen – obgleich allerdings die von der Falschheit ausgeschiedenen Wahrheit immer eine neue, von der alten wesentlich unterschiedliche Wahrheit ist“.3

      Eine ganz andere Art der Betrachtung der Religion findet man in Aussagen und

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