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Isola Mortale. Giulia Conti
Читать онлайн.Название Isola Mortale
Год выпуска 0
isbn 9783455009903
Автор произведения Giulia Conti
Жанр Триллеры
Издательство Readbox publishing GmbH
Seine ganze Aufmerksamkeit galt Carla, die neben Simon auf dem Sofa nah am Kamin saß und inzwischen auch noch ihre Uniformjacke abgelegt hatte. Aber die Polizistin reagierte kühl auf Hubers routinierten Charme, für den sie generell nicht sehr empfänglich war. Vermutlich, spekulierte Simon, war das der Grund, warum er, der Uncharmante, ihr sympathisch war. Huber gegenüber wirkte sie jedenfalls fast abweisend, ging jetzt auf seine Plauderei nicht mehr ein, sondern kam wie stets ohne Umschweife zur Sache. »Sie leben hier auf der Insel, Signor Huber?«
»Nein, ich bin eigentlich in München zu Hause, aber ich verbringe hier am See so viel Zeit, wie es eben geht.«
»Sie wissen, was passiert ist und warum wir hier sind?«
»Ja, natürlich. Sie würden sich zwar wundern, was auf dieser winzigen Insel alles geschieht, wovon man nichts erfährt. Aber ja, selbstverständlich habe ich mitbekommen, dass Leonie ermordet worden ist.« Er rückte sich in seinem Sessel zurecht, schlug mit einer entschlossenen Bewegung die Beine übereinander, griff zu einem Zigarillo und hielt Carla und Simon die Packung hin. Als sie beide ablehnten, entzündete er seines und nahm einen tiefen Zug.
»Sie waren vorgestern mit ihr verabredet?«, fragte Carla.
»Ja, sie ist hier vorbeigekommen, um ein paar Bücher abzuholen. Wir haben noch einen Tee zusammen getrunken.«
»Wann war das?«
»Gegen 17 Uhr ist sie gekommen und wohl eine Stunde geblieben. Dann hatte sie es auf einmal sehr eilig, als ob sie noch eine Verabredung hätte.«
»Und was war mit den Büchern?«
»Die hat sie mitgenommen.«
»Und was haben Sie danach gemacht?«
»Ich war natürlich hier. So viele andere Möglichkeiten gibt es ja auf der Insel nicht. Die ist ja ziemlich übersichtlich.«
»War noch jemand bei Ihnen?«
»Nein.«
»Sie haben also für den Tatzeitpunkt kein Alibi?«
»Nein, habe ich nicht. Brauche ich aber auch nicht. Ich habe mit ihrem Tod nichts zu tun.«
»Welche Beziehung hatten Sie denn zu Leonie? Kannten Sie sie schon länger? Aus München?«
»Nein, wir sind uns erst hier begegnet. Leider. Hätte ich sie schon vorher kennengelernt, hätte ich ihr diesen Unsinn ausgeredet.«
»Welchen Unsinn?«
»Dass sie Nonne werden wollte.«
»Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet.«
»Welche Beziehung ich zu ihr hatte? Welche Beziehung kann man schon zu einer Nonne haben? Ordensfrauen sind mit Gott verheiratet, ein Jammer, zumindest in ihrem Fall. Leonie war eine wirklich schöne Frau.«
»Aber sie war öfter bei Ihnen?«
»Ja, sie kam manchmal vorbei. Sie wissen ja wohl, dass das ein Schweigekloster ist, in dem sie hier auf der Insel zu Hause war. Und ich glaube, dass sie ganz froh war, mal mit jemandem sprechen zu können. Überhaupt und außerdem in ihrer Muttersprache. Und die Nonnen haben ihr wohl gewisse Freiheiten gelassen.«
»Was waren das für Bücher, die Sie Leonie für das Kloster übergeben haben? Waren die wertvoll?«
»Ja.«
»Wie wertvoll?«
»Es waren mittelalterliche Schriften. Drei Bände. Jeder davon dürfte einige Tausend Euro wert sein.«
»Wenn jemand davon wusste, hätte es sich also lohnen können, Leonie zu überfallen, um an die Bücher heranzukommen?«
»Ja. Aber es ist nicht so einfach, dafür einen Käufer zu finden. Das müssen Sie unter der Hand machen. Aber es gibt natürlich genauso wie bei Kunstwerken Liebhaber, die für so etwas viel Geld zahlen.«
»Wer wusste denn davon, dass Sie ihr die Bücher vorgestern übergeben haben?«
»Ich habe mit niemandem darüber gesprochen. Außer natürlich mit der Äbtissin. Wer sonst noch im Kloster davon wusste, keine Ahnung.«
»Und Sie schenken dem Kloster einfach mal so Bücher von so großem Wert? Warum? Sie machen nicht gerade den Eindruck eines sehr gläubigen Menschen …«
»Das geht Sie nichts an.«
»Hatten Sie vielleicht eine Schuld zu begleichen?«
»Nein. Und wie gesagt, das geht Sie nichts an. Man muss allerdings nicht gläubig sein, um großen Respekt vor der Leistung dieser Äbtissin zu haben und davor, wie sie den kulturellen Schatz des Klosters pflegt.«
»Kommen wir zu Leonie zurück.« Carla strich sich sichtlich genervt eine Haarsträhne aus der Stirn. An den Mann war schwer heranzukommen. Zu Simons Überraschung fiel das sogar Carla schwer. »Leonie war mit einem Boot auf dem Wasser«, fuhr sie nun fort, »und es sieht so aus, dass das Ihres ist.«
»Ja, das hat mir Ihr Kollege schon am Telefon angedeutet. Ich konnte ihm bestätigen, dass es mein Boot ist.«
»Haben Sie es ihr überlassen?«
»Nein, ich hatte keine Ahnung. Natürlich hätte ich ihr das Boot gegeben. Aber doch nicht nachts und bei diesem Wetter.«
»Also könnte sie es sich einfach genommen haben?«
»Ich weiß es nicht. Aber wenn Sie sie damit gefunden haben, muss es wohl so gewesen sein. Oder der Mörder hat sie in das Boot verfrachtet, um die Leiche loszuwerden. Ich selbst habe es seit Jahren nicht benutzt. Ich habe ein anderes Boot, eine größere Motorjacht, in meinem Bootshaus. Das Ruderboot liegt schon seit Ewigkeiten an dem öffentlichen Strand nebenan, und es kann sich eigentlich jeder nehmen. Was Leonie manchmal getan hat. Ohne mich zu fragen. Für Spritztouren. Sie war keine perfekte Nonne. Da gab es noch ein wenig, sagen wir mal: Hoffnung.« Er lachte süffisant auf.
»Und das gefiel Ihnen?«
»Nein, verstehen Sie mich nicht falsch. Ich hatte kein solches Interesse an Leonie, und im Übrigen habe ich es nicht nötig, Frauen hinterherzulaufen.«
Da war zum ersten Mal ein abweisender, ja arroganter Ton in seiner Stimme, und Simon spürte an einer leichten Regung Carlas, dass sie das ebenfalls mit Unmut registrierte.
»Kann es dann nicht doch sein, dass sie Sie zurückgewiesen hat und Sie wollen es nur nicht zugeben? Ein stolzer Mann wie Sie …?«
»Nein, wir hatten nichts miteinander, und ich habe nicht versucht, sie zu verführen. Das meinten Sie ja wohl?«
»Sie sind jedenfalls der Letzte, der mit ihr vor ihrem Tod zu tun hatte. Und sie war in Ihrem Boot unterwegs, tot oder lebendig. Sie haben außerdem für ihren Todeszeitpunkt kein Alibi. Es ist Ihnen wohl klar, dass Sie verdächtig sind, mit ihrem Tod etwas zu tun zu haben.« Carla sah Huber herausfordernd an. Der lächelte leise und schwieg. »Sie haben da ja eine Verletzung am Auge, Signor Huber. Woher haben Sie die?«
»Jetzt machen Sie mal einen Punkt. Ich habe mit Leonies Tod nichts zu tun.« Das war ernst. Max Huber hatte offenbar begriffen, dass etwas für ihn auf dem Spiel stand.
»Und die Verletzung?«
»Geht Sie eigentlich auch nichts an. Aber gut, ich kann einer schönen Frau leider nichts abschlagen. Ich habe mich im Garten an einem Ast gestoßen. Dass es da nicht sehr gepflegt, um nicht zu sagen ein bisschen wild zugeht, davon hat sich Ihr Kollege ja schon ohne mich ein Bild gemacht.«
»Ich muss Sie bitten, sich zu meiner Verfügung zu halten. Sie hatten ja nicht vor, in nächster Zeit