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blonder Haarschopf tauchte wieder auf.

      »Schlechte Nachrichten: Der Brunnen ist ausgetrocknet.«

      Tina sah ihn betroffen an. Das hatte ihnen gerade noch gefehlt. »Wegen der Hitze?«.

      Ihr Bruder nickte: »Ja, entweder ist der Grundwasserspiegel gesunken oder die Quelle ist versiegt.«

      »Und jetzt?«, fragte Bibi ratlos. Eins war schon mal sicher: Da half auch keine Hexerei.

      Frau Martin seufzte. »Jetzt brauchen wir einen neuen Brunnen. Dafür haben wir kein Geld. Wir haben noch 500 Liter im Notwassertank. 60 Liter pro Duscheinheit, 40 Liter pro Tag für ein Pferd – macht?«

      Sie blickte auffordernd zu Tina, die allerdings die Augen verdrehte. »Oh Mutti, wir haben Sommerferien.« Auf Matheaufgaben konnte sie in den Ferien bestens verzichten.

      »Auf jeden Fall bestelle ich gleich einen neuen Tank«, beschloss Frau Martin.

      In diesem Sommer spielte das Wetter wirklich verrückt. Seit Tagen, wenn nicht Wochen, hatte es nicht geregnet, die Sonne brannte vom Himmel, die Temperaturen lagen dauerhaft weit über denen in den letzten Jahren und die Trockenheit machte allen zu schaffen.

      Bibi rief ihr hinterher: »Können wir irgendwas machen?«

      »Denkt euch was aus, wie wir Wasser sparen können«, antwortete Frau Martin.

       Denkhilfe

      Als Bibi und Tina den Stall betraten, um die Pferde zu begrüßen, erklärte Tina: »Wir haben zwar seit Wochen kaum Ferienkinder, aber dafür jede Menge Gastpferde.«

      Als Erstes kamen sie an Lotti vorbei, die trächtige Stute stand kurz vor der Geburt. Der goldfarbene Tricky wieherte ihnen aufgeregt zu und der nervöse

      Rappe Allegro musterte sie misstrauisch. Aber Bibi hatte erst mal nur Augen für Sabrina. »Meine Süße. Ich habe dich so vermisst.« Zärtlich streichelte sie die Schimmelstute, die zufrieden schnaubte.

      Tina war besorgt: »Aber ohne Wasser mit so vielen Tieren, das geht echt nicht.«

      Bibi nickte. Das stimmte natürlich. Aber was sollten sie tun? Es war so heiß, dass sie gar nicht richtig nachdenken konnte. Spontan hob sie ihre Arme zum Hexen. »Eene meene viel zu heiß, wir brauchen ganz viel Wassereis. Hex-hex!«

      Schon stand vor Sabrinas Box eine Schüssel voll mit Wassereis am Stiel. Erfreut griffen die Mädchen zu, als Frau Martin hereinkam.

      Strafend sah sie Bibi an. »Bibi …!« Die kleine Hexe sollte hier auf dem Martinshof nicht hexen – außer es war dringend nötig. So lautete die Regel.

      »Das war wirklich eine Ausnahme«, verteidigte sich Bibi. »Wir brauchen das zum Denken.« Lächelnd hielt sie Frau Martin ein Eis entgegen. Die gab sich geschlagen und griff zu. »Und? Hilft es?«

      Bibi überlegte. »Na ja, wir können das Schloss anzapfen. Wenn ich die Leitung herhexe …«

      »Auf keinen Fall«, protestierte Frau Martin. »Das bringt nur wieder Ärger und nachhaltig ist es auch nicht. Bibi, genau deswegen will ich nicht, dass du hext.«

      »Okay, verstanden«, sagte Bibi etwas kleinlaut.

      »Wegen des Wassers fällt uns was ein!«, versprach Tina aufmunternd.

      Aber warum schmunzelte Frau Martin plötzlich so? Als Bibi und Tina sich umdrehten, sahen sie, wie Sabrina gierig ihre Schnauze in die Schüssel mit dem Eis versenkte.

      Bibi lachte und schob Sabrinas Kopf weg. »Sabrina! Das ist doch nicht für dich.«

       Das Graue Gold des Nordens

      Bibi und Tina ließen sich wirklich etwas einfallen. Sie bastelten Transparente, auf denen »Wassernotstand!« und »Wir haben Durst« stand, und hängten diese ihren Ponys um. Dann machten sie sich auf den Weg.

      »Wir müssen Aufmerksamkeit schaffen und laut sein«, sagte Bibi voller Überzeugung. »Dann werden die Leute auch spenden.«

      Nicht weit vom Martinshof entdeckten sie auf der Weide am Wegrand eine junge, asiatisch aussehende Frau in einem eleganten gelben Hosenanzug, die schwungvoll mit einer Schaufel in die Erde stach. Was machte die da?

      Die beiden Mädchen wurden misstrauisch, ließen ihre Ponys stehen und liefen zu ihr.

      »Suchen Sie Regenwürmer?«, fragte Tina. »Die verkriechen sich bei der Hitze.«

      Die Frau erwiderte mit unbewegter Miene: »Ich suche nicht, ich finde!« Sie ließ den Inhalt eines Glasröhrchens auf ihre Hand rieseln. Dabei wirkten ihre Augen fast hypnotisch, als hätte sie eine dunkle Kraft.

      »Sand! Schön!«, bemerkte Bibi trocken.

      »Kies!«, korrigierte die Frau und fügte hinzu:

      »Feinkies. Fünf Millimeter Korngröße, als Sediment mit größeren Graupen. Das Graue Gold des Nordens.«

      Etwas verwirrt starrte Tina sie an. »Äh, okay?« Die Frau musterte sie interessiert. »Ist das Ihre

      Wiese?«

      Überrumpelt antwortete Tina: »Nein, die gehört Graf Falko. Aber meine Mutter hat den Hof gepachtet.« Sie wies in die Ferne. »Da drüben, der Martinshof.«

      Bevor Tina noch mehr preisgab, ergriff Bibi ihren Arm. Irgendwie war ihr diese Frau nicht geheuer. Und warum war sie so neugierig? Entschlossen zog Bibi Tina zu den wartenden Ponys.

      Die Frau mit dem Hosenanzug schaute ihnen hinterher, ohne eine Miene zu verziehen: »Man sieht sich.«

       Der junge Spanier

      Seit über einer Stunde standen Bibi und Tina nun schon mit ihren Ponys auf dem Marktplatz und riefen immer wieder lauthals: »Wer will noch mal? Wer hat noch nicht!? Ponyreiten gegen eine Spende für den Martinshof!«

      Doch auf dem Platz herrschte wegen der Mittagshitze gähnende Leere.

      In diesem Moment brauste ein Motorradfahrer heran. Rasant brachte Freddy, der »Sheriff« von Falkenstein, sein Maschinchen vor Bibi und Tina zum Stehen, nahm seinen Helm ab und beäugte erstaunt die Ponys mit den Transparenten. »Mädels! Macht ihr einen auf Mitleid? Da kommt man ja voll mies drauf.«

      »Du sorgst auch nicht grad für bessere Laune!«, erwiderte Tina schlagfertig.

      Bibi wischte sich den Schweiß von der Stirn. Sie mochte Freddy. Aber manchmal konnte er einem wirklich auf die Nerven gehen.

      »Mein Tipp: Macht ein bisschen mehr Action. Von nix kommt nix! Ach, ich hol mir ein Eis.« Gut gelaunt schlenderte er davon.

      Kaum war Freddy weg, entdeckte Bibi Alexander von Falkenstein, der gerade Mittagspause machte.

      Alex begrüßte Tina mit einem Kuss und Bibi mit einer herzlichen Umarmung. »Na, wieder hier!«

      »Danke für deine Radiobegrüßung«, lachte Bibi.

      Das brachte Tina auf eine Idee. »Genau! Du machst Werbung für uns!«

      Alex schüttelte bedauernd den Kopf. »Das geht nicht. Radio Flamingo ist werbefrei.«

      »Aber es ist wichtig!«, ließ Tina nicht locker. »Wir haben nämlich kein Wasser mehr.«

      Doch Alex hörte gar nicht richtig zu. Er schaute zum Brunnen, der mitten auf dem Marktplatz stand. Dort saß ein junger Typ mit Gitarre und stimmte einen coolen spanischen Song an.

      Tina wurde ein bisschen sauer, dass ihr Freund sich so ablenken ließ. »Wenn du mir zuhören

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