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Sterling Buck und Finlay O’Brian standen einander gegenüber.

      Und plötzlich flogen ihre Hände zu den Colts.

      Zwei Schüsse brüllten über die Friedhofshalde.

      Dann sah Stan Ripper zu seinem eisigen Entsetzen, wie nur drei Schritte neben ihm Sterling Buck nach rechts zusammenknickte und mit dem Gesicht in den heißen Sand schlug.

      Hastende Schritte waren das nächste, was Stan vernahm. Er wandte sich um und sah Finlay O’Brian eben noch um die Ecke des nächsten Hauses biegen.

      Und drüben im Tor der alten Hufschmiede erschien ein graubärtiger Mann in der grünen Schmiedeschürze.

      Er kam rasch näher, blickte auf den Mann am Boden und ergriff dann den rechten Unterarm des wie angewachsen dastehenden Stanlay Ripper.

      »Du elender Strolch!« röhrte die Stimme des Schmiedes wie aus weiter Ferne an Stans Ohr. »Du hast ihn erschossen.«

      Da kamen unten aus der Gasse zwei Frauen heran.

      Und hinter ihnen stürmten mit Riesenschritten der Sheriff den Hang zum Friedhofshügel herauf.

      Er blickte nur kurz auf Sterling Buck, dann wandte er sich an Stan.

      »Da gibt es ja nichts zu reden, oder?«

      Stan brachte die Zähne nicht auseinander. Eisiges Entsetzen hatte ihn regelrecht gelähmt.

      Da war kaum ein großer Mühlstein von seiner Seele gefallen und schon hatten die beiden ihm eine neue, doppelt so schwere Last auf die Seele gewälzt.

      »Komm mit, Bursche, da ist die Stadt ja rasch um zwei von euch Strolchen ärmer geworden. Der eine tot, der andere kommt an den Strick! Los, vorwärts!« Der Sheriff schob Stan Ripper vor sich her, die Gasse hinunter.

      Eine der Frauen kniete sich neben Sterling und wandte ihn auf den Rücken. Sie starrte in sein wächsernes Gesicht und sah den großen, dunklen Blutfleck auf seiner Brust.

      »Das ist Bucks Junge…«, sagte sie gedämpft.

      Niemand hatte die beiden Reiter beachtet, die von Westen her am Friedhof vorbei auf die Stadt zugeritten waren und jetzt neben der Schmiede hielten.

      Der eine von ihnen rutschte jetzt aus dem Sattel, nahm den Hut ab, klopfte sich den Staub aus dem schwarzen Anzug und ging auf die Gruppe um den Niedergeschossenen zu.

      Es war ein großer Mann mit einem gutgeschnittenen klugen Gesicht, das von einem eisblauen Augenpaar beherrscht wurde.

      Zu seinem schwarzen Anzug, der nach der neuesten St. Louis-Mode geschnitten war, trug er ein weißes, glattes Hemd und eine schwarze Samtschleife. Die leichte Weste war giftgrün und mit feinen schwarzen Stickereien besetzt. Unter seinem vorn offenstehenden langen Rock konnte man den breiten Waffengurt sehen, der zu den beiden Hüftseiten je einen schweren fünfundvierziger Revolver mit elfenbeinbeschlagenem Knauf hielt.

      Inzwischen hatten sich etwa ein Dutzend Menschen eingefunden. Der Fremde schob sie auseinander und bückte sich neben dem Jungen nieder. Seine Hände glitten über dessen Gesicht. Dann neigte er das Ohr zum Mund des Niedergeschossenen, öffnete ihm die Weste und das Hemd, legte ihn so, daß sein Gesicht zur Seite lag. Den Kopf bog er weit zurück.

      »Der Mann ist noch nicht tot«, sagte er, als er sich erhob.

      Die Menschen blickten den Fremden fragend an.

      »Wer sind Sie…?« stammelte eine Frau.

      »Doc Holliday!« rief der Schmied plötzlich. »Damned, ich hätte ihn unter der Staubschicht fast nicht erkannt. Es ist Doc Holliday! Zounds, wenn er sagt, der Bursche sei nicht tot, dann will ich skalpiert werden, wenn es nicht stimmt. Vorwärts, Leute, schafft ihn in mein Haus! Schätze, daß der Doc versuchen wird, ihm die Kugel herauszuholen.«

      Holliday stand allein auf dem Platz und blickte auf seine Hände. Sie zitterten von der Anstrengung des langen scharfen Rittes, der hinter ihm lag.

      Er hob den Kopf, und blickte zu seinem Gefährten hinüber, der drüben neben der Schmiede hielt.

      Es war ein großer, kräftiger Mann mit breitem Gesicht und hellen Augen. Links auf seiner verblichenen Weste war ein großer dunkler Fleck, auf dem ganz sicher lange Zeit ein sechszackiger Stirn im Ring gesessen hatte.

      Dieser Mann war Virgil Earp, der Bruder des berühmten Marshals Wyatt Earp.

      Die beiden Reiter hatten in wenigen Tagen über hundertneunzig Meilen durch den heißen Sand der Savannen von Arizona und New Mexico zurückgelegt.

      Virgil Earp war aus Tombstone gekommen und Doc Holliday gar aus Glendale. Beide waren von einer Depesche Wyatt Earps erreicht worden, die sie nach Dodge City rief. Und keiner von ihnen hatte auch nur eine Stunde gezögert, sich auf den Weg zu machen.

      Nach Santa Fé kam man am schnellsten, wenn man quer durch die Savanne nordostwärts ritt, das hatten sie nun geschafft. In Mogollon waren die beiden Reiter aufeinandergetroffen; von Santa Fé aus gedachten die beiden den Rest der Strecke in zwei Teilen mit der Bahn zu bewältigen.

      Virgil ließ die beiden Pferde im Schatten der Schmiede stehen und kam auf den Georgier zu, der immer noch auf dem gleichen Fleck stand und seine blutbefleckten Hände besah.

      »Er ist nicht tot?« fragte Virgil.

      Der Spieler schüttelte den Kopf. »Noch nicht.«

      Virgil nahm den Hut ab und wischte mit einem großen schwarzen Tuch durch das Schweißband.

      »Sie haben doch nicht etwa die Absicht, ihm die Kugel herauszuholen?«

      Da hob der Gambler den Kopf und blickte den Bruder Wyatt Earps mit großen Augen an.

      »Wollen Sie es tun, Virg?« kam es heiser über seine Lippen.

      »Ich? Wieso denn? Aber weshalb müssen Sie sich immer opfern? Sie sind heute siebzehn Stunden geritten, ebenso gestern und vorgestern! Ihre Hände werden zittern. Es wird doch in dieser verdammten Stadt noch einen anderen Doktor geben.«

      »Ja, das wird es sicher. Fragt sich nur, wie lange er sich und wie lange der Große Manitu dem Verletzten noch Zeit läßt.«

      Damit ging Holliday auf die Schmiede zu. Ehe er im Haus verschwand, rief er dem Tombstoner US-Deputy Marshal noch zu: »Ach, bitte, würden Sie mir meine Tasche bringen, Virg?«

      Virgil blickte der hochaufgerichteten Gestalt Hollidays nach.

      Damned, er mußte doch zum Umfallen müde sein, der Doc! Dieser Kerl war offenbar nicht kleinzukriegen. Jetzt konnte er es wieder nicht mitansehen, daß da einer mit einem Stück Blei in den Rippen herumlag und auf einen Arzt wartete.

      Virg ging rasch zu den Pferden, schnallte von Hollidays Rappen die schwarze Krokodilledertasche mit den Instrumenten ab und gab sie einer Frau.

      »Hier, bringen Sie das dem Doc, er benötigt sie!«

      Die Frau eilte mit der Tasche ins Haus des Schmiedes.

      Virgil blieb auf dem Vorbau stehen, gegen einen Pfeiler gelehnt, nahm eine Strohhalmzigarre aus der Tasche und blickte müde vor sich hin. Um ihn herum standen Männer und Frauen und tuschelten leise miteinander.

      Und drinnen in der Stube stand der Georgier ohne Rock mit hochgekrempelten Hemdsärmeln, eine Pinzette in der linken Hand und ein blitzendes Skalpell in der rechten Hand.

      Der Schmied und drei andere Männer, zwei Frauen und ein halbwüchsiger Bursche starrten auf diese nervigen braunen Hände, die jetzt völlig ruhig waren.

      Virg sah einen Mann mit einem Stern die Gasse heraufkommen.

      Er war grauhaarig, hatte hängende Schultern und einen zottigen Bart. Als er die Vorbautreppe hinaufstieg, blickte er Virg an, verhielt den Schritt, senkte den Kopf und dachte nach.

      Da sagte Virg, ohne ihn anzusehen: »Wenn ich Ihnen die Mühe ersparen darf, Sheriff – ich erinnere Sie an Wyatt Earp, stimmt es?«

      Tracy blickte hoch.

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