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geschlitzten Gewandes.

      Thorsten wußte nicht, wie ihm geschah; er trank das herrliche Bild förmlich in sich hinein, und etwas rührte zugleich sonderbar an sein Herz. Da richtete die ›Sonnenkönigin‹ ihre Augen auf ihn; er stand sehr nahe vor ihr und sah, daß sie tiefdunkelblau waren und wie von innen her leuchteten. Sie war noch sehr jung, wohl kaum mehr als achtzehn, schätzte Thorsten.

      Später, als sich der Tumult gelegt hatte, machte Monsieur Verrin Thorsten Hallberg mit der ›Sonnenkönigin‹ bekannt. Die meisten Zuschauer waren zu einem Cocktail geladen worden und standen zwanglos plaudernd herum.

      »Das ist der Mann, der die Sonne zum Strahlen gebracht hat; sehr poetisch, nicht wahr?« meinte Verrin lachend, glücklich über seinen neuen Erfolg. »Er heißt Thorsten Hallberg, ein Landsmann von Ihnen, Andrea!«

      Thorsten verbeugte sich vor dem Mädchen, das nun ein schlichtes eisblaues Kostüm aus leichter Wolle trug.

      »Guten Abend, ich heiße Andrea Eggerth«, sagte sie und reichte ihm die Hand. »Ich habe mich sehr gefreut, daß ausgerechnet ich das schönste Kleid tragen durfte.«

      »Es hätte zu niemandem besser gepaßt, Fräulein Eggerth«, erwiderte Thorsten. »Fast kommt es mir vor, als hätte ich an Sie gedacht, als ich den Stoff entwarf.«

      »An mich?« Sie lachte und warf den Kopf ein wenig zurück. »Aber Sie haben mich doch gar nicht gekannt!«

      »Manchmal erfindet man jemanden, Dichtern muß es mit ihren Personen genauso gehen, die dann zu leben anfangen. Wahrscheinlich habe ich von Ihnen geträumt.«

      Es klang nach einem leichten Kompliment, aber als Andrea Eggerth Thorsten Hallberg ansah und in seine sanften, braunen Augen blickte, spürte sie, es war ihm ernst mit dem, was er sagte. Ein wenig verlegen strich sie sich das Haar, das sie nun aufgesteckt trug, über den Ohren zurück.

      Monsieur Verrin war längst bei einer anderen Gruppe, nun kam er zu den beiden zurück, einen rotgesichtigen gewichtigen Herrn im Schlepptau.

      »Andrea, das ist Mike Hogart aus New York, er will Sie unter Vertrag nehmen«, sagte Verrin und tänzelte wieder davon.

      Hogart, der in Amerika eine angesehene Künstler-Agentur besaß und Manager der besten Mannequins und Fotomodelle – im ehrbarsten Sinn – war, redete gleich wie ein Wasserfall auf Andrea ein, nachdem er auch Thorsten Hallberg begrüßt hatte.

      »Sie bekommen den besten Vertrag und ein gigantisches Honorar, obwohl Sie doch erst Anfängerin sind. Sie werden nur für die allerbesten Firmen arbeiten, ihr Bild wird bald, hochbezahlt, von den internationalen Illustrierten lächeln. Sie werden…«

      Noch ehe er weiterreden konnte, machte Thorsten eine energische Handbewegung. Dann nahm er Andrea am Ellenbogen und hielt sie zwingend fest.

      »Mister Hogart, ich habe bereits Pläne mit Fräulein Eggerth; wir wollen sie heute abend besprechen. Bitte haben Sie die Freundlichkeit und gedulden Sie sich – bis übermorgen, würde ich sagen. Und jetzt entschuldigen Sie uns bitte.«

      »Wo kann ich Sie erreichen, Miß Eggerth?«

      »Über Monsieur Verrin«, erwiderte sie. Thorsten hielt sie immer noch am Ellenbogen fest, und sie wunderte sich ein bißchen über sich selbst, daß sie es so geschehen und ihn einfach über sich verfügen ließ.

      »Dann geben Sie mir wenigstens eine Option, denn wer weiß, wem Sie heute noch in die Hände laufen«, meinte der Agent.

      »Die haben Sie, bis wir über die Sache sprechen«, willigte Andrea ein.

      Hogart zog einen Notizblock aus seiner Tasche und hielt ihn ihr hin. »Geben Sie mir das bitte schriftlich!«

      »Sorry, Mister Hogart. Aber ich pflege zu halten, was ich verspreche.«

      »Na gut, Ihnen glaube ich.« Er grinste breit. Und kummervoll durch trübe Erfahrungen setzte er hinzu: »Obwohl man das in diesem harten Geschäft nie sollte!«

      Thorsten zog Andrea Eggerth beiseite.

      »Wäre es Ihnen recht, wenn wir irgendwohin gingen, wo wir ungestört miteinander reden können?«

      Sie wollte nein sagen, höflich ablehnen, aber als sie seine bittenden Augen sah, brachte sie es nicht fertig. Vom ersten Augenblick an, als dieser elegante, ein wenig verträumt wirkende und so überaus gut aussehende junge Mann an den Laufsteg gekommen war, hatte ihr Herz ganz unkontrolliert heftiger zu schlagen begonnen. Und das tat es immer noch, immer stärker in seiner Nähe!

      »Gut. Aber zuerst müssen wir noch ein Glas Champagner mit Monsieur Verrin trinken. Ich habe ihm viel zu verdanken«, sagte sie leise.

      Bei dieser letzten Bemerkung, die Thorsten falsch verstand, begann ihn Eifersucht zu quälen. Seine Finger gruben sich hart in Andreas Arm, und er schaute finster vor sich hin. Sie spürte, was in ihm vorging und lächelte.

      »Aber doch nicht so«, beruhigte sie ihn, »er war immer überaus korrekt zu mir!«

      André Verrin wollte mit Thorsten Hallberg einen Liefertermin für den Stoff des Modells ›Sonnenkönigin‹ vereinbaren, das er in einer größeren Stückzahl anfertigen wollte.

      »Es tut mir leid, Monsieur Verrin, aber dieser Stoff ist unverkäuflich!« erklärte Thorsten.

      »Unverkäuflich? Ich dachte, die Hallberg-Werke stellen Stoffe her, um mit ihnen zu handeln, eh?«

      »Im allgemeinen schon und jeden anderen können Sie haben. Aber diesen gibt es nur einmal. Ich möchte Sie bitten, mir das Kleid zu verkaufen, das Fräulein Eggerth getragen hat!« Thorsten lächelte erst Verrin, dann Andrea zu, er war äußerst charmant.

      Verrin war einen Moment irritiert, dann brach er in ein herzliches Gelächter aus. »Mon dieu, das ist aber schnell gegangen«, japste er. Dann wurde er ernst. »Das Modell, meine Idee, brauchen Sie mir nicht abzukaufen, Herr Hallberg. Auch ich verehre es Andrea, die dieses einmalige Gewand wie keine andere Frau zu tragen weiß! Bonne chance, euch beiden, viel Glück«, setzte er hinzu und ging davon.

      »Kommen Sie, Fräulein Eggerth, hier hat man keine Minute Ruhe, um miteinander zu reden«, sagte Thorsten und führte Andrea zur Tür.

      Sie war so verwirrt und sprachlos, daß man ihr das herrliche Kleid geschenkt hatte, daß sie ihm widerstandslos folgte. Sie fühlte sich zu dem charmanten jungen Mann hingezogen, wie noch nie zuvor zu einem anderen!

      *

      Der Abend, die Nacht, für beide waren sie wie ein Märchen. Zuerst fuhren sie auf einem der roten Ausflugsboote auf der Seine und betrachteten die in tausend Lichtern glitzernde Stadt, die zu den schönsten der Welt zählt.

      Andrea freute sich wie ein Kind. Sie deutete hierhin und dorthin, voll unverbildeter Aufnahmefähigkeit und natürlicher Gelöstheit, die Thorsten in der Welt, in der er sich bewegte, noch nie erlebt hatte. Er selbst mußte sie immerfort ansehen, wie sie im Fahrtwind saß, das lebendige honigbraune Gesicht vom Deckenlicht überflutet, die Augen sprühend und dunkel, vor Freude und Begeisterung.

      Als sie ausstiegen, mietete Thorsten ein Taxi und zeigte Andrea die schönsten Plätze der herrlichen Stadt.

      Sie fuhren durch den Bois de Boulogne, es duftete nach Verbenen, die hier mannshohe Sträucher bildeten, und nach den berühmten Rosen von Malmaison, die Napoleons Josephine so geliebt hatte. In einem Terrassencafé mitten im Park aßen sie und tranken dazu einen feurigen Burgunder. Thorsten hob Andrea Eggerth sein Glas entgegen.

      »Auf unsere Begegnung, Sonnenkönigin«, sagte er und sah ihr tief in die Augen. Sie hielt seinem Blick stand, bis ihre Lider zu zittern begannen und sich über die fragenden Augen senkten.

      »Am liebsten würde ich Ihnen alles zeigen, was ich selbst an dieser Stadt so liebe«, fuhr Thorsten fort. »Aber das können wir unmöglich in ein paar Stunden schaffen. Morgen ist ja auch noch ein Tag. Wann darf ich Sie abholen und wo?«

      Andrea schüttelte den Kopf. »Gar nicht, Herr Hallberg. Ich muß morgen vormittag nach Deutschland zurück.«

      »Sind

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