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sich die gestreifte Weste auf und beschäftigte sich anschließend mit seinen recht altmodisch aussehenden Hosenträgern.

      »Ob ein Striptease ihn ablenken wird, wage ich allerdings zu bezweifeln«, sagte Rander nervös ironisch.

      »Ich hoffe, Sir, ein wenig improvisieren zu können«, entgegnete der Butler, der sich nicht weiter stören ließ. Er hatte sich inzwischen die Hosenträger abgeknöpft und befestigte die beiden langen Gummienden schnell und geschickt an zwei knorrigen Baumwurzeln, die hoch aus dem felsigsteinigen Boden ragten.

      Dann griff Parker nach einem handlichen Stein, der etwa die Größe einer Männerfaust besaß. Diesen Stein legte er in die behelfsmäßige Schlaufe, die vom Zusammenschluß der beiden Längsträger gebildet wurde.

      Rander beobachtete den Schützen, der sich völlig unbeobachtet und sicher fühlte.

      Der Mann in den Jeans und in der Lederweste war noch ein Stück höher auf den Baumstamm geklettert und nahm gerade mit seinem Gewehr Zielpunkt.

      Nicht ohne Grund, wie Rander mit Entsetzen feststellte.

      Die junge Frau war wieder aufgetaucht und schnappte nach Luft. Selbst aus der Entfernung war ihr deutlich anzusehen, daß sie bereits unter gewissen Konditionsschwierigkeiten litt. Die langen Tauchwege mußten sie etwas erschöpft haben.

      Sie sah ihren Mörder nicht.

      Der Schütze verschwand gegen den dunklen Hintergrund des nahen Waldes. Er konnte sein Opfer in aller Ruhe anvisieren.

      Die junge Frau wiegte sich in Sicherheit. Da sie den Schützen nicht mehr sah, glaubte sie sich wohl gerettet. Nachdem sie sich nach allen Seiten umgeschaut hatte, schwamm sie langsam und wesentlich ruhiger in Richtung Ufer. Zwar vom Schützen weg, aber doch ein sehr gutes Ziel bietend.

      »Achtung, Parker …! Er wird gleich schießen …!« rief Rander seinem Butler zu.

      Josuah Parker hatte die beiden Gummistränge der Hosenträger weit durchgezogen. Er verfügte jetzt über eine Art mittelalterlicher Steinschleuder. Es mußte sich zeigen, ob diese Behelfswaffe wirkungsvoll war.

      Parker visierte steil nach unten in Richtung Mordschütze. Er nahm sich für Randers Nerven sehr viel Zeit, korrigierte die Schleuderrichtung und strammte die beiden Gummistränge noch kräftiger.

      Dann katapultierte er den Stein.

      Rander verfolgte das Geschoß, das sich lautlos aus der improvisierten Schlaufe gelöst hatte und in einer Parabel nach unten zischte. Noch vermochte Rander den Stein zu verfolgen, doch dann löste er sich gegen den Hintergrund optisch auf.

      Der Schütze war sich seiner Sache vollkommen sicher.

      Auch er korrigierte den Lauf des Gewehrs, nahm Druckpunkt und wollte sanft den Schuß lösen.

      Doch genau in diesem Augenblick erhielt er einen äußerst harten Schlag gegen die linke Schulter. Irgend etwas schrammte und boxte gegen seine Kinnlade.

      Der Schütze verriß den Schuß, der sich prompt löste.

      Vom harten Schlag zurückgeworfen, verlor er das Gleichgewicht auf dem umgestürzten Baumstamm und warf hilfesuchend die Arme in die Luft. Dann fiel er nach hinten, stieß einen halblauten Schrei aus und verschwand anschließend in einem Verhau, der aus dichtem Unterholz, Dorngestrüpp und faulem Holz gebildet wurde.

      »Sagenhaft«, sagte Rander und atmete tief durch.

      »Ich hoffe, Sir, Sie sind mit meiner Wenigkeit zufrieden«, erwiderte Parker in seiner bescheidenen Art, »der Mordschütze dürfte vorerst und nach Lage der Dinge keine akute Gefahr mehr darstellen.«

      »Diese Hosenträger-Schleuder sollten Sie sich patentieren lassen«, gab Rander lächelnd zurück. Gleichzeitig hielt er Ausschau nach der Bikini-Schönheit.

      Sie war nicht mehr zu sehen.

      Sie mußte inzwischen das nahe Ufer gewonnen haben. Wahrscheinlich hatte sie sich bereits im Uferdickicht versteckt.

      »Ich denke, wir sollten uns den Schützen mal aus der Nähe ansehen«, sagte Rander unternehmungslustig. »Von der jungen Dame mal ganz abgesehen.«

      »Mit dem größten Vergnügen, Sir«, entgegnete Parker, »mir scheint, wenn ich es so ausdrücken darf, daß sich hier ein interessanter Fall anbahnt!«

      Der Schütze war verschwunden, aber er hatte einige deutliche Spuren hinterlassen. Einige Blätter waren blutverschmiert, an nadelspitzen Dornenranken hingen Stoffetzen, die von Jeans herrühren mußten.

      Rander suchte nach dem Gewehr des Schützen, konnte es aber nicht finden, Parker nach Fußspuren. Er hatte mehr Glück.

      Sie hielten auf den nahen und dichten Bergwald zu, lösten sich dann aber leider im weichen, federnden Moos auf.

      Rander und sein. Butler suchten anschließend nach der Frau, die sich immerhin in einem halbnackten Zustand befand. Keine geeignete Kleidung, um sich in dieser Wildnis aufzuhalten.

      Rander und Parker schlugen einen leichten Halbkreis durch einen Teil des Waldes und bauten sich anschließend in der Nähe des Bootsstegs auf. Die Nixe schien ihre Kleidung hier sehr gut versteckt zu haben. Sie war trotz eifriger Suche nicht zu finden.

      »Entweder wohnt sie ganz in der Nähe in einer Blockhütte«, meinte Rander, »oder irgendwo im Unterholz muß ihr Wagen stehen.«

      »Laut Karte, wie ich sie im Gedächtnis habe, Sir, ist in der Nähe dieses Waldsees keine befahrbare Straße eingetragen.«

      Bevor der junge Anwalt antworten konnte, waren plötzlich Schritte zu hören, die keineswegs von einem nackten Fuß herrührten.

      Kleine Zweige und Äste brachen offensichtlich unter derben Schuhen.

      War der Schütze zurückgekehrt?

      Rander und Parker gingen in Deckung und warteten ab. Von ihrem Standort aus konnten sie die kleine Lichtung vor dem Bootssteg genau überblicken.

      Es war ein junger Mann, der eine hüftlange, karierte Holzfällerjacke trug. Er trug ein Gewehr in der rechten Hand, eine Winchester, wie Parker sofort erkannte. Der junge Mann – er mochte achtundzwanzig Jahre alt sein – sah unverletzt aus. Er konnte nicht mit dem Mordschützen identisch sein.

      Dieser junge Mann, der ein glattes, frisches Gesicht hatte, in dessen Stirn halblanges, aschblondes Haar fiel, baute sich hinter einem Baumstamm auf und beobachtete nun seinerseits den Bootssteg.

      Wartete er auf die Rückkehr der Badenixe? War er mit ihr verabredet? Oder war er der Komplize des Mordschützen, der nun seinerseits eine Trefferchance witterte?

      Er brauchte nicht lange zu warten.

      Das Wasser am Ende des Stegs rauschte auf, zwei lange, nackte schlanke Arme schoben sich über die rohen Holzbohlen, dann schwang die Badenixe sich elastisch auf den Steg und sah sich vorsichtig wie ein scheues Reh nach allen Seiten um.

      Sie trug nach wie vor nur das knappe Unterteil des Bikinis und schien jetzt zu frieren. Der lange Aufenthalt im kalten Wasser des Bergsees mußte sie ausgekühlt haben. Sie verschränkte die Arme über der Brust und lief dann mit schnellen, kurzen Schritten zum Ufer.

      Rander beobachtete die junge Dame.

      Parker hingegen, stets pflichtbewußt und im Dienst, beobachtete den jungen, aschblonden Mann, der zu seiner Beruhigung das Gewehr gesenkt ließ. Er dachte aber nicht daran, sich bemerkbar zu machen. Auch er ließ seine Augen nicht von der halbnackten Frau, die jetzt das Ufer erreicht hatte.

      Die junge Dame verschwand hinter einem dichten Strauchverhau, um schon nach wenigen Minuten angekleidet zurückzukommen. Sie trug jetzt Jeans, sehr eng und die Linien unterstreichend, ein lässig zugeknöpftes Polohemd in bunten Pop-Farben und derbe Wildlederstiefel, die diesem Gelände durchaus angepaßt waren. Sie legte sich eine Wildlederjacke über den Arm und ging direkt auf den jungen Mann zu, der sich hinter dem schützenden Baumstamm plötzlich sehr schmal machte.

      Parker blieb auf der Hut.

      Noch

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