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nächster Nähe sehen zu dürfen.

      Tilda Halldy trat ein und nickte ihm wie selbstverständlich zu. Die kleine, weißhaarige und fast zierliche Dame wirkte erstaunlich frisch und elastisch.

      „Sie sind Tante Ethel!?“ Rander war noch immer verblüfft.

      „Ein weiteres Verstellen wäre albern“, räumte Tilda Halldy ein, „ich bin Tante Ethel … Früher oder später wären Sie ja wohl doch hinter mein Geheimnis gekommen.“

      „Sie haben sich den Namen nur ausgeliehen?“

      „Richtig, Mister Rander … Die alte Dame im Rollstuhl ist absolut unschuldig. Aber ihr Vorname Ethel gefiel mir für meine Zwecke.“

      „Mein Kompliment“, lobte der junge Anwalt, „Sie haben da eine tolle Gangster-Organisation aufgezogen. Hatten Sie entsprechende Vorbildung?“

      „Mein Mann war früher einmal in dieser Branche tätig. So etwas färbt ab.“

      „Ich begreife nicht, wie eine Frau zu einem Gangster werden kann!“

      „Geld stinkt nicht“, meinte Tilda Halldy und lächelte auf charmante Weise, „es stinkt vor allen Dingen dann nicht, wenn man es leicht verdient.“

      „Mit der Philosophie werden Sie bald auf der Nase liegen“, gab Mike Rander zurück, „aber das ist wohl Ihr Bier … Räumen Sie sich eigentlich nach den letzten Vorfällen noch eine Chance ein?“

      Schwester Gwen und die beiden Mitschwestern hielten sich respektvoll im Hintergrund und sahen ihre Chefin bewundernd an.

      Tilda Halldy hatte sich eine Zigarette angezündet und lehnte sich gegen die Zimmerwand.

      „Was hat sich geändert?“ gab sie zurück. „Wollen Sie mir das einmal sagen? Gut, das Altersheim fällt als Basis aus … Aber das ist für uns doch kein Beinbruch, mein lieber Rander … Wir haben noch andere Stützpunkte hier in der Stadt.“

      „Man wird Sie suchen … Wenn Sie nicht ins Altersheim zurückkehren, machen Sie sich doch völlig verdächtig!“

      „Tilda Halldy wird bald sterben.“ Die zierliche, weißhaarige Dame lächelte versonnen. „Ich habe auch schon ein passendes Double, wenn Sie das meinen, Mrs. Ethel Flanders wird meine Rolle übernehmen und während einem bedauerlichen Brand leider umkommen.“

      „Eine Person bleibt dann immer noch auf der Suchliste.“

      „Mrs. Flanders! Aber doch nicht ich … Sonst noch Fragen, Mister Rander, die Sie bedrücken?“

      „Natürlich … Falls ich Ihnen nicht auf die Nerven falle!“

      „Fragen Sie nur, wir haben ja Zeit.“

      „Wie haben Sie’s geschafft, diese heißen Katzen anzuheuern? Frauen neigen eigentlich nicht zu solch harten Verbrechen.“

      „Sie haben vergessen, daß ich durch meinen verstorbenen Mann entsprechend geschult wurde. Mitarbeiterinnen findet man schnell, man muß nur wissen, wo man sie zu suchen hat.“

      „Und Sie haben sich ausschließlich auf Brände spezialisiert?“

      „Das wissen Sie doch inzwischen längst, Mister Rander … Wir verkaufen Feuer, wenn man es so ausdrücken will. Gegen anständige Beteiligung sorgen wir dafür, daß Interessenten an Versicherungsgelder kommen. Ein risikoloses Unternehmen, finden Sie nicht auch?“

      „Sieht vorläufig noch so aus, Mrs. Halldy. Oder ist Ihnen der Name Tante Ethel lieber?“

      „Ich denke, wir streichen ihn jetzt. Er war ohnehin nur als Kontaktname gedacht. Er ist austauschbar!“

      „Sie arbeiten doch offensichtlich mit Zeitzündern und besonderen Brandmischungen, Mrs. Halldy. Woher beziehen Sie das alles? Basteln Sie diese Dinge etwa zusammen?“

      „Sie werden es wohl glauben, daß ich dafür einen Spezialisten habe …“

      „Paul Wake war ihm hart auf der Spur, nicht wahr?“

      „Allerdings, deshalb mußte Wake auch so überraschend sterben. Wie Sie, Mister Rander, falls Sie mir nicht endlich die Memoiren ausliefern.“

      „Angenommen, ich würde das tun, Mrs. Halldy … Würden Sie mich danach wirklich laufenlassen?“

      „Warten Sie’s doch ab.“

      „Darauf lasse ich es lieber nicht ankommen.“

      „Rander, Sie werden reden. So oder so! Sie haben mich bisher vielleicht unterschätzt … Sie werden schnell anderer Meinung sein, verlassen Sie sich darauf. Ich kann sehr hart sein, wenn es sein muß!“

      „Ich weiß … Morde bedeuten Ihnen nichts.“

      „Morde bedeuten mir wirklich nichts“, entgegnete Tilda Halldy und nickte langsam, „aber der Tod wird Ihnen später wie eine Erlösung Vorkommen, Rander. Überlegen Sie sich’s genau … Reden Sie lieber freiwillig, oder Sie werden einige Höllen durchwandern müssen!“

      Pete Ralder und sein Partner Jerry Cloud saßen auf dem Bett und entfernten vorsichtig diverse Reißzwecken aus ihren nackten Fußsohlen.

      Parker hatte sich neben der Tür aufgebaut und sah den beiden Gangstern zu.

      „Ich denke, Sie haben sich nun lange genug mit Ihren Bagatellwunden beschäftigt“, meinte er schließlich verweisend, „kommen wir doch zur Sache, meine Herren. Ich möchte wissen, wo sich Mister Mike Rander zur Zeit befindet.“

      „Keine Ahnung“, brummte Pete Ralder.

      „Von uns erfahren Sie nichts! Weil wir nämlich nichts wissen.“ Jerry Cloud sah den Butler wütend an.

      „Ich fürchte, daß ich nun gezwungen werde, jene Saiten aufzuziehen, die man im sprichwörtlichen Sinne ‚andere‘ nennt!“ Parker wollte gerade hinüber zum Bett gehen, als er schnelle Schritte auf dem Korridorgang hörte.

      Wenig später wurde die Tür aufgedrückt. Die beiden ahnungslosen Kleiderschränke stürmten herein und bauten sich leicht gereizt vor dem großen Doppelbett auf, auf dem Pete und Jerry saßen.

      „Was soll der verdammte Krach?“ erkundigte sich der erste Kleiderschrank.

      „Hört doch mit der blöden Quasselei auf“, schlug der zweite Kleiderschrank vor, „man hört ja fast jedes Wort!“

      „Was ich übertrieben finde“, ließ Parker sich vernehmen. Die beiden Schläger wirbelten herum. Sie hatten den Butler hinter der Tür völlig übersehen.

      „Bitte, keine unnötigen Bewegungen“, warnte Parker. Er hielt eine jener Schußwaffen in der Hand, die er im Zimmer erbeutet hatte. „Nehmen Sie Platz, meine Herren. Ich denke, Sie dürfen und können sich an der allgemeinen Unterhaltung beteiligen.“

      Die beiden Kleiderschränke mußten passen, was ihnen überhaupt nicht gefiel. Aber sie nahmen vor dem Bett Platz, wie Parker es ihnen mit einer entsprechenden Handbewegung verordnet hatte. Von hier sahen sie den würdevollen Butler haßerfüllt an.

      „Nehmen wir das zu behandelnde Thema also wieder auf“, begann der Butler, „wo finde ich Mister Mike Rander? Beziehungsweise, um die Frage entsprechend auszuweiten, wo könnte ich ihn unter Umständen finden?“

      „Was wollen Sie denn machen?“ fragte Pete Ralder und grinste. „Wollen Sie uns der Reihe nach umpusten, wenn wir nicht reden? Das nehme ich Ihnen nicht ab, Parker. Damit können Sie mich nicht bluffen!“

      „Dies sehe ich durchaus ein.“ Parker holte eine seiner Spezialzigarren aus dem Etui und verdrehte die beiden unsichtbaren Hälften dieses schwarzen Torpedos gegeneinander.

      Die vier Gangster sahen ihm dabei amüsiert zu. Noch ahnten sie nicht, was auf sie zukommen sollte.

      „Bitte, meine Herren, passen Sie genau auf“, erklärte der Butler nun, „beachten Sie das Holz des Kleiderschrankes … Sie werden dort eine beachtliche Veränderung feststellen können.“

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