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was man gemeinhin die Szene nennt?«

      »Was will die? Ach so, jetzt kapier’ ich.« Dan Lemmick lächelte wieder flüchtig. »Klar, die wollen uns aushöhlen. Aber wir werden verdammt gut aufpassen.«

      »Mylady beschäftigt eine Frage«, schickte der Butler in gewohnt höflicher Form voraus, doch er kam nicht mehr dazu, die Frage fortzusetzen.

      »Und ob mich eine Frage beschäftigt«, erklärte die ältere Dame geistesgegenwärtig. »Ich erwarte darauf eine Antwort, junger Mann.«

      »Mylady fragt sich, warum die Mafia nicht für klare Verhältnisse sorgt, was den Zeugen John McGivern betrifft«, fuhr Parker fort. »Falls Mister McGivern das sprichwörtliche Zeitliche segnen würde, könnte er unmöglich Mister Marty Stillson belasten.«

      »Dann wissen Sie nicht, wer McGivern ist«, entgegnete Lemmick.

      »Mylady und meine Wenigkeit warten auf einen entsprechenden Hinweis, Mister Lemmick.«

      »John McGivern ist der jüngere Bruder von Hale McGivern, der drüben in den Staaten ein Spitzenmann der Mafia sein soll. Die hier werden sich hüten, so ’ne Nummer aus dem Verkehr zu ziehen. Sie können sich ja denken, was das in den USA für ’nen Wirbel geben würde.«

      »Falls Sie erlauben, Mister Lemmick, möchte meine Wenigkeit Sie auf einen Wirbel hinweisen, der in wenigen Minuten hier seine Spuren hinterlassen wird.«

      »Wirbel? Hier? Wieso?« Lemmick blickte den Butler verständnislos an.

      »Es erschienen gerade zwei neue Gäste, die sich für diesen Tisch hier zu interessieren scheinen, Mister Lemmick.«

      »Lady, drücken Sie mir den Handbeutel noch mal auf die Nase«, verlangte Lemmick umgehend. »Ich kann mir keinen Ärger leisten.«

      »Sie möchten noch mal meinen Pompadour kennenlernen?« erkundigte sich die ältere Dame erfreut.

      »Und zwar ganz schnell, Lady«, wiederholte Lemmick.

      »Nichts lieber als das.« Agatha Simpson kam dem Wunsch umgehend und sehr realistisch nach.

      *

      Die Nase des Dan Lemmick hatte sich neu orientiert und nach links bewegt. Lemmick saß völlig konsterniert erneut auf dem nicht gerade sauberen Fußboden und fingerte erneut an seinem Riechorgan. Er hatte eindeutig nicht mit der Konsequenz der älteren Dame gerechnet. Was sie tat, besorgte sie stets sehr gründlich.

      »Das ist für Ihre Beleidigungen, junger Mann«, herrschte Agatha Simpson den Breitschultrigen an. »Eine Lady Simpson läßt sich so etwas nicht bieten.«

      Parker interessierte sich nicht weiter für Dan Lemmick, der sich gerade ein Alibi verschafft hatte. Parker hatte seinen Universal-Regenschirm ein wenig gehoben. Die Spitze des Regendaches hatte er durch kurzes Wegdrücken seitlich kippen lassen. Nur ein aufmerksamer Beobachter hätte feststellen können, daß dadurch so etwas wie eine Mündung sichtbar geworden war.

      Die beiden neuen Gäste im Pub hatten sich kurz orientiert, dabei tauschte einer der beiden schlanken und mittelgroßen Männer einen schnellen Blick mit einem der Gäste am Tresen. Dieser Mann war untersetzt, dicklich und hatte ein gerötetes, rundes Gesicht. Butler Parker nahm diesen Blickkontakt zur Kenntnis und prägte sich das Aussehen des Dicklichen genau ein.

      Die Neuankömmlinge schoben sich durch den Pulk der Gäste vor dem Tresen und nahmen Kurs auf den Tisch, an dem Lady Agatha und Parker saßen. Dan Lemmick hatte sich in den Hintergrund zurückgezogen und ließ sich von einigen Freunden betreuen.

      Parker handelte. Ihm kam es darauf an, die Dinge nicht eskalieren zu lassen. Man befand sich immerhin in einem Lokal, in dem Mylady und er Fremdkörper waren. Ein Umschlagen der Stimmung konnte jeden Augenblick erfolgen.

      Der Butler drückte auf einen unterhalb des Schirmgriffs versteckt angebrachten Knopf und gab damit einen Blasrohrpfeil frei, der kaum länger und dicker war als eine normale Stricknadel. Oben am Schaft gab es bunte Federn, die zur Stabilisation des kleinen Flugkörpers dienten.

      Angetrieben wurde der Blasrohrpfeil von komprimierter Kohlensäure, die aus einer entsprechenden Druckpatrone stammte. Sie war im unteren Teil des bleigefüllten Bambusgriffs untergebracht. Parker hatte sich diese seltsame, aber ungemein effektive Konstruktion ausgedacht und sie in seinem privaten Labor gebaut.

      Unhörbar jagte der Pfeil durch die Luft und landete im rechten Oberarm des ersten Neuankömmlings, der zusammenzuckte, als wäre er von einem elektrischen Schlag getroffen worden. Der Mann blickte auf die schmerzende Stelle und sog dann scharf die Luft ein. Solch ein Geschoß kannte er wahrscheinlich nur vom Hörensagen und dachte sicher gleich an einen Giftpfeil.

      Der zweite Neuankömmling war natürlich aufmerksam geworden, blickte auf das bunt gefiederte Ding im Oberarm seines Begleiters und erschien etwas ratlos. Dann drehte er sich wieder um und maß Lady Simpson und Butler Parker, die ausgesprochen unbeteiligt und friedlich am Tisch saßen. Parker hatte seinen unverdächtigen Regenschirm längst wieder abgesenkt.

      Der Getroffene hatte sich endlich überwunden und den Pfeil aus dem Oberarm gezogen. Er hielt ihn in einer Mischung aus Ekel und Anklage hoch.

      »Hoffentlich ist das kein Giftpfeil?« machte Josuah Parker sich bemerkbar. »Falls dem so sein sollte, müßten Sie unbedingt einen entsprechenden Arzt aufsuchen und sich ein Gegengift verabreichen lassen.«

      »Gi... Gi... Giftpfeil?« stotterte der Betroffene und hechelte.

      »Wenn meine Wenigkeit sich nicht täuscht, zeigt Ihr Gesicht bereits erste Farbveränderung‘.«

      »Mann, machen Sie keinen Unsinn«, brüllte der Getroffene.

      »Sollen sich erst Lähmungserscheinungen ankündigen, ist äußerste Vorsicht angebracht«, warnte der Butler in seiner höflichen Art.

      Der zweite Mann schob sich näher an den Tisch heran. Seine Hand hatte unter’s Jackett gegriffen. Wahrscheinlich umspannten die Finger das Griffstück einer entsprechenden Waffe.

      Im Pub war es laut und chaotisch geworden. Man schrie und rief sich Fragen zu, erhielt aber kaum verständliche Antworten. Der Geräuschpegel stieg steil an, die Gäste wirbelten durcheinander. Weitere Giftpfeile wurden vermutet.

      »Mitkommen, sonst knallt’s!« verlangte der Mann vor dem Tisch. »Ich hab’ ’ne Kanone in der Hand.«

      »Was sagten Sie?« erkundigte sich Lady Agatha und hielt die Hand hinter’s rechte Ohr.

      »Mitkommen, oder ich ziehe durch«, drohte der Mann, nun bereits wesentlich lauter.

      »Ich verstehe kein Wort«, behauptete die Detektivin und erhob sich in ihrer ganzen majestätischen Größe. »Drücken Sie sich gefälligst etwas deutlicher aus.«

      Sie winkte den Mann mit der linken Hand näher heran, und der Ahnungslose folgte dieser Aufforderung spontan. Er beugte sich vor, um sich besser verständlich machen zu können. Doch damit geriet er in den gefährlichen Bereich von Myladys rechter Hand, die darauf wartete, Ohrfeigen zu verabreichen.

      Der Mann wurde voll erwischt und sah nur noch Sterne. Er schnappte nach Luft, verdrehte die Augen und legte sich seitlich über einen angrenzenden Tisch. Dabei störte er einige handfeste Gäste, die sich belästigt fühlten.

      Sie reagierten auf ihre unverwechselbare Art und bedachten den wütend um sich schlagenden Mann mit gezielten Boxhieben. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis das Tohuwabohu ausbrach.

      »Darf man sich erlauben, Mylady ins Freie zu geleiten?« erkundigte sich Parker bei Agatha Simpson. Dabei langte er mit dem bleigefüllten Bambusgriff seines Schirmes kurz und gezielt zu, um eine schmale Gasse zu bahnen.

      »Muß ich wirklich schon gehen?« bedauerte die ältere Dame, die sich sehr angesprochen fühlte.

      »Mylady denken an den Gesamtfall«, meinte Parker. »Den Episoden am Rand konnten Mylady noch nie einen besonderen Reiz abgewinnen.«

      »Das stimmte allerdings«, räumte sie zögernd ein. Dann trat sie gegen

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