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mir nicht mit dem Papi zusammen sein? Wir können auch in ein Internat gehen, dann stören wir nicht.«

      Nicki begann am ganzen Körper zu zittern.

      »Maren, was redest du da für einen Unsinn, bitte höre sofort damit auf. Es stimmt nicht, und das, was mit eurem Vater und mir ist, das hat …«

      Sie brach ihren Satz ab, weil sie fürchtete, sich immer mehr in etwas zu verstricken, Worte auszusprechen, die sie hinterher bereuen würde.

      »Maren, ich setze mich jetzt sofort in mein Auto und komme in den Sonnenwinkel. Wir zwei müssen unbedingt reden, und wenn Tim daheim ist, mit dem spreche ich auch, und vor allem mit eurem Vater.«

      Maren antwortete nicht sofort, und Nicki hatte schon Angst, sie habe aufgelegt.

      »Maren …«

      »Ich bin noch da, also gut, dann komm jetzt«, sagte sie, erst dann legte sie auf.

      Da hatte sie sich etwas eingebrockt. Sie war auf überhaupt nichts vorbereitet und wagte sich in die Höhle des Löwen.

      Sie hatte keine Angst vor einem Gespräch mit Peter, nein, es machte sie panisch nicht zu wissen, was sie Maren und Tim sagen sollte. Sie wollte die beiden nicht verletzen, sie wollte auch nicht, dass die Schuldgefühle hatten. In ein Internat, wie schräg war das denn. Das war auch überhaupt keine Lösung. Sie musste Maren solche spinnerten Gedanken unbedingt ausreden. Aber würde Maren ihr denn überhaupt noch vertrauen?

      Es war alles ganz schrecklich!

      Nicki war ziemlich gleichgültig, wie sie aussah. Sie hatte eine olle Jeans an, die es eigentlich schon hinter sich hatte, einen ausgeleierten Pullover. So lief sie gern zu Hause herum, weil das gemütlich war. Normalerweise ging sie so allerdings nicht auf die Straße. Egal. Sie schlüpfte in ein Paar bequeme Schuhe, riss ihre Jacke vom Haken, schnappte sich ihre Tasche, dann verließ sie ihre Wohnung. Und weil der Fahrstuhl nicht direkt kam, rannte sie die Treppen hinunter.

      Es ging ihr überhaupt nicht gut.

      Sich von einem Mann zu trennen, von einem Mann verlassen zu werden, das war bitter. Trennungen waren immer schmerzhaft, weil sie auch eine Form des Versagens waren, weil man es nicht geschafft hatte. Doch Erwachsene konnten damit ganz anders umgehen als Pubertierende. Ganz besonders konnte man es nicht, wenn man das Gefühl des Verlassenwerdens hautnah erlebt hatte. Und das war bei Maren und Tim der Fall. Erschwerend kam bei den beiden hinzu, dass es ihre Mutter gewesen war, die gegangen war. Mütter waren für ihre Kinder die wichtigsten und engsten Bezugspersonen überhaupt. Zumindest sollte es so sein und war es zum Glück auch.

      Oh Gott! Oh Gott!

      Was hatte sie bloß wieder angerichtet?

      Warum hatte sie nicht ihren Verstand gebraucht, sondern einzig und allein ihre eigenen Befindlichkeiten gesehen?

      Es war kaum auszuhalten!

      Zum Glück musste Nicki jetzt ihren Wagen nicht aus der Tiefgarage holen. Aus lauter Bequemlichkeit hatte sie den direkt vor der Haustür geparkt. Sie sprang hinein und fuhr mit quietschenden Reifen los, wie man es normalerweise nur bei Verfolgungsjagten in Krimis im Fernsehen sah. Das brachte Nicki so manches Kopfschütteln ein, allerdings auch eine Anzeige, weil sie viel zu schnell fuhr und die angezeigte Begrenzung deutlich überschritt. So etwas ärgerte sie normalerweise, weil es vermeidbar war.

      Heute bekam sie es nicht einmal richtig mit, weil ihre Gedanken davongaloppierten wie eine Herde aufgescheuchter Wildpferde.

      Wie sollte sie sich verhalten?

      Was sollte sie sagen?

      Sich eine Geschichte ausdenken oder bei der Wahrheit bleiben?

      Wie bekam sie es hin, dass die Kinder ihren Glauben an das Gute nicht ganz verloren?

      Wie enttäuscht musste insbesondere Maren von ihr sein, die doch so große Stücke auf sie hielt, die ihr vertraute. Und sie hatte das Vertrauen mit Füßen getreten.

      Sie hätte abwarten müssen. Es war überhaupt nicht gut gewesen, klammheimlich die Sachen aus dem Haus zu holen und den Schlüssel in den Briefkasten zu werfen. Das war nicht durchdacht gewesen, sie hatte nur sich gesehen, nicht die Folgen, die ein derartiges Verhalten hatte.

      Sie hatte wieder einmal alles falsch gemacht, weil sie ihren Verstand nicht gebraucht hatte, sondern ihren Emotionen gefolgt war, auf die, das wusste sie aus Erfahrung, leider keine guten Ratgeber waren.

      Zu spät!

      Nickis Augen füllten sich mit Tränen.

      Sie hatte den Kopf in den Sand gesteckt. Sie hatte gewartet. Worauf eigentlich? Sie hätte sich melden müssen. Nun war das Kind in den Brunnen gefallen!

      Nicki war eigentlich eine rücksichtsvolle Fahrerin, davon war heute nichts zu spüren, sie benahm sich wie ein Verkehrsrowdy.

      Insgeheim atmete sie erleichtert auf, als sie Hohenborn erreichte. Jetzt war es nicht mehr so weit. Sie entspannte sich ein wenig, wenn das überhaupt möglich war.

      Und dann hatte sie das Haus der Bredenbrocks erreicht. Peters Auto stand vor der Tür, also war er daheim. Seit seinem Heiratsantrag, den sie abgelehnt hatte, hatten sie nichts mehr voneinander gehört, und die Karte aus Ägypten hatten auch nur Maren und Tim unterschrieben, von Maren war sie gekommen.

      Schmollte er?

      War er beleidigt?

      Würde er überhaupt noch mit ihr sprechen?

      Diese Gedanken waren unerträglich, und am liebsten wäre sie jetzt zurückgefahren. Aber das ging überhaupt nicht. Sie zwang sich, auszusteigen, und dann ging sie langsam durch den Vorgarten, auf das Haus zu, und sie bemerkte sofort, dass sie Haustür nur angelehnt war.

      Hatte Maren die Tür für sie geöffnet?

      Wollte sie vermeiden, dass Nicki vor der geschlossenen Haustür stehen bleiben musste, weil man ihr nicht öffnen wollte? Wenn bloß nicht all die Gedanken wären!

      Sie ging die Steinstufen hoch, blieb stehen, atmete tief durch, dann ging sie ins Haus.

      Als sie Stimmen aus der Wohnküche hörte, ging sie auf diese zu.

      Es war nicht zu verkennen, dass das Haus Ricky und Fabian Rückert gehörte. Es sah hier beinahe so aus wie in der Auerbach-Villa, alles nur in kleiner. Vor allem die große Küche war damals für Ricky ein Muss gewesen. Und das war etwas, was alle nachfolgenden Mieter auch sehr geschätzt hatten, auch die Bredenbrocks.

      Warum ging ihr das eigentlich ausgerechnet jetzt durch den Kopf? Nicki hatte keine Ahnung, vielleicht wollte sie sich durch Normalität ablenken, ihre Gedanken beruhigen. Damit war es allerdings vorbei, als sie die Küche betrat.

      Peter, Maren und Tim waren um den großen Küchentisch versammelt und blickten ihr entgegen. Und Nicki wurde das Gefühl nicht los, jetzt vor einen Richtertisch getreten zu sein.

      »Hallo«, ihre Stimme klang dünn. Das wurde wenigstens erwidert, und Peter forderte sie auf, sich doch zu setzen. Zum Glück, konnte man nur sagen, denn Nicki hatte ganz weiche Knie und war froh, sich setzen zu dürfen.

      Maren sprang auf, brachte ihr unaufgefordert ein Glas Wasser, ehe sie sich wieder hinsetzte.

      Alle blickten sie erwartungsvoll an, und Nicki wusste, dass es jetzt an ihr war, sich zu erklären.

      Sie begann, von sich zu erzählen, wie ihr Leben bisher verlaufen war, wie schön es war, ihnen zu begegnen.

      Sie blickte die Bredenbrocks der Reihe nach an.

      »Ihr müsst mir glauben, dass es eine Bereicherung für mich war, ich habe die Wochenenden genossen, ich liebe euch alle. Aber kein Mensch kann über seinen Schatten springen. Ich kann auf Dauer kein Teil von euch werden, weil ich die Verantwortung nicht tragen kann. Ich komme nicht einmal mit mir selbst zurecht, wie soll ich es dann mit anderen können? Man kann Fremdsprachen lernen, kochen, nähen, meinetwegen auch Möbel restaurieren. Menschen sind keine Gebrauchsgegenstände, sie sind nicht in einen Topf zu werfen. Familie kann man nicht

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