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wir uns unterhalten und er sich plagt, find’ ich nicht sehr schön.«

      »Laß mal, ich helf ihm schon«, erwiderte Biggi, die mitbekommen hatte, daß Heidi ihre Art, Rainer die Arbeit alleine erledigen zu lassen, gar nicht gut fand.

      »Dann koch’ ich uns einen Kaffee«, erwiderte Heidi, »und wenn alle da sind, können wir in der Küche gemütlich Kaffee trinken. Ist das recht?«

      Biggi nickte. »Ja, natürlich. Bis gleich also.«

      Rainer hatte, bis auf zwei Taschen und die derben Wanderschuhe bereits alles nach oben getragen.

      »Wenn du den Rest nach oben getragen hast«, sagte Biggi, »dann kannst du auf die anderen warten und ihnen sagen, sie sollen in die Küche zum Begrüßungskaffee kommen. Ich geh’ schon mal. Also, bis gleich.«

      Ulla und Jürgen Heinen kamen nur wenige Minuten danach. Sie waren seit einem guten Jahr verheiratet und beide Biggis Kollegen. Bei ihnen war Josie Marker, eine Studentin der Informatik, die in Rainers Firma schon mal in den Semesterferien arbeitete.

      Ulla und Jürgen stiegen ebenso vergnügt aus dem Wagen wie Josie, die gerade mal zweiundzwanzig war und ausgesprochen apart aussah.

      »Wo sind die beiden denn?« fragte sie, während sie sich suchend umsah.

      »Wahrscheinlich reden sie irgendwo mit Heidi und Luise«, antwortete Ulla.

      Sie hatte dunkle Haare, war Sportlehrerin und sah auch sportlich aus, während Jürgen schlaksig wirkte und aussah, als ob er keinen Spaß auslasse.

      Die Begrüßung mit Heidi war überaus herzlich und Josie sagte, sie freue sich, mal drei Wochen ausspannen zu können, sie habe gehört, daß dies auf dem Bergerhof möglich sei.

      »Hier ist vieles möglich«, erwiderte Heidi, wobei sie überaus vieldeutig lächelte.

      Dann kam Luise hinzu, und das Fragen und Erzählen wollte gar kein Ende nehmen.

      Als Heidi auf die Uhr sah, erschrak sie.

      »Jetzt müssen wir unsere Runde leider aufheben«, sagte sie, »die ersten unserer Hausgäst’, und zu denen zählt ihr auch, kommen in einer Stund’ zum Abendessen. Also, bis später dann.«

      Als alle gegangen waren, räumte Heidi das Geschirr weg, und Luise begann schweigend das Abendessen vorzubereiten.

      »Und?« fragte Heidi. »Was ist dir aufgefallen? Dir ist doch was aufgefallen, sonst würdest doch net so beredt schweigen.«

      »Die Biggi gefällt mir heuer gar net«, erwiderte die Seniorchefin des Bergerhofs.

      »Und warum net?«

      »Sie hat was, was sie voriges Jahr noch net hatte.«

      »Und was ist das?«

      »Was Besserwisserisches«, antwortete Luise. »Sie hat auf alles eine Antwort und sie weiß alles besser. Vor allem Rainer bekommt bei ihr kein Bein auf die Erde. Ich prophezei’ dir mal was.«

      »Was denn?«

      »Am Ende des Urlaubs sind Rainer und sie nimmer zusammen«, antwortete Luise.

      Daraufhin sah Heidi ihre Schwiegermutter betroffen an. »Ist das dein Ernst?«

      Luise nickte. »Mein voller Ernst!«

      *

      Ambros Kramer bewirtschaftete die Lohmühle am Ende des Weißbachtals. Früher war es ein Mühlenbetrieb gewesen, wo Rinde zum Gerben und wo aus Buchen Öl gewonnen wurde. Dies war lange vorbei, und vor einigen Jahren hatte Ambros das wunderschön gelegene Anwesen zu einem kleinen Speiserestaurant umgebaut.

      Luise vom Bergerhof und Ambros aus der Lohmühle waren befreundet, und der eine hatte vom anderen profitiert, wobei Luise zwar eine andere Küche als

      Ambros befürwortete, aber voller Respekt von ihm berichtete.

      »Die Lohmühle ist wirklich besuchenswert«, sagte sie am Abend, als Biggi wissen wollte, wo man auch zum Essen hingehen könne.

      Biggi war eindeutig die Wortführerin der Urlauber aus Stuttgart, wobei sie allen gegenüber sehr freundlich war – bis auf Rainer. Der saß an jenem Abend still da und sah vor sich hin, an der Unterhaltung der anderen beteiligte er sich nicht.

      »Wir werden morgen also in diese Lohmühle gehen«, sagte Biggi, »ich bin mal gespannt, was sie uns da auftischen werden.«

      Währenddessen steckten Ulla und Jürgen die Köpfe zusammen, tuschelten einen Moment und standen dann auf.

      »Wir gehen zu Bett«, sagte Ulla, »es war eine anstrengende Fahrt, und ich möcht’ endlich mal ausschlafen.«

      Als die beiden verschwunden waren, stand auch Rainer auf, wünschte eine »Gute Nacht« und war gleich darauf ebenfalls verschwunden. Biggi sah ihm nicht mal hinterher, es war offensichtlich, daß sie und Rainer erhebliche Probleme miteinander hatten.

      Da Josie schon vor einer halben Stunde gegangen war, saßen Heidi, Luise und Biggi daraufhin alleine da.

      »Bei dir und Rainer stimmt was net«, ließ die Seniorchefin des Bergerhofs nicht lange auf ihren Kommentar warten. »So wie ihr heuer miteinander umgeht, seid ihr voriges Jahr net miteinander umgegangen.«

      Biggi nestelte eine Zigarette aus der Packung, die sie erst aus ihrer Jacke zog, als die anderen gegangen waren. Dann zündete sie die Zigarette an und blies den Qualm gegen die Decke.

      Luise sah sie erstaunt an. »Du rauchst? Ich erinnere mich daran, daß du im vergangenen Jahr eine glühende Rede gegen das Rauchen gehalten hast.«

      Biggi lachte kurz auf und winkte dann ab. »Oje, das ist lange her.«

      »Was stimmt denn bei euch net?« Luise sah die attraktive junge Frau neugierig an. »Ihr seid doch noch die gleichen wie im vorigen Jahr und trotzdem ist was grundlegend anders. Was ist passiert inzwischen?«

      Biggi sog hastig an ihrer Zigarette, schien dabei nachzudenken, und zuckte schließlich mit den Schultern. »Ich weiß nicht, was du meinst.«

      »Aber, Madel…!« Luise lächelte mütterlich. »Du machst mir doch nix vor. Irgendwas ist nimmer so wie im vergangenen Jahr.«

      Biggi zuckte mit den Schultern. »Nichts ist mehr so wie im vergangenen Jahr.«

      »Na ja, wie du meinst«, erwiderte Luise und erhob sich ebenfalls. »Ich werd’ dann mal schauen, daß ich meine Arbeit fertig bekomm’.« Gleich darauf war sie verschwunden.

      Biggi und die Bergerhof-Heidi saßen daraufhin alleine in der alten Gaststube. Eine ganze Weile sagte keine ein Wort. Bis Biggi sich räusperte. Sie hatte ihre Zigarette inzwischen ausgeraucht und eine neue angezündet.

      »Ist… ist es so deutlich zu spüren, daß bei Rainer und mir was nicht stimmt?« fragte sie dann.

      Heidi nickte. »Ja, sehr deutlich.«

      Biggi stand auf und ging in der alten Gaststube auf und ab, bis sie vor Heidi stehenblieb und nickte.

      »Ja«, sagte sie, »es stimmt in der Tat einiges nicht. Es kriselt schon länger, obwohl ich es nicht wahrhaben will.«

      »Nicht wahrhaben wollen hilft nichts«, erwiderte Heidi. »Im Gegenteil, es verschleppt das, was man modern Krisenmanagement nennt.«

      Biggi ging zu einem der Fenster und sah hinaus. Eine Weile stand sie still da, schließlich kam sie zurück zum Tisch und setzte sich wieder, wobei sie Heidi ansah.

      »Wie wär’s mit einem Schnaps?« fragte sie dann. »Ich glaub’, es ist der Moment gekommen, wo ich mir mal was losreden sollt’. Und das geht besser, wenn ich einen Schnaps getrunken habe.«

      Heidi stand auf, und als sie zurückkam, brachte sie einen hausgebrannten Obstler.

      »Du trinkst nicht mit?« Biggi sah Heidi enttäuscht an.

      Die schüttelte den Kopf. »Ich sollte einen klaren Kopf behalten, auch um dir gescheit

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