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Fürstenkrone 174 – Adelsroman. Elena von Wöhren
Читать онлайн.Название Fürstenkrone 174 – Adelsroman
Год выпуска 0
isbn 9783740956264
Автор произведения Elena von Wöhren
Жанр Языкознание
Серия Fürstenkrone
Издательство Bookwire
Sollte sich seine Vorhersage, die Leistungsfähigkeit Hurricans betreffend, nun auch als unerfüllbar erweisen? Seit Michael von Rötten, der Neffe und einzige Erbe der Fürstin, eisern darauf bestand, Hurrican selbst bei Turnieren zu reiten, hegte Philipp die schlimmsten Befürchtungen. Bereits beim ersten Trainingsritt war er mit Hurrican so schwer gestürzt, daß das Pferd seither das Bein nicht belasten konnte.
»Wie sieht es aus, Peter?« fragte Philipp, als er die Box des Hengstes erreicht hatte.
Der Bereiter schüttelte den Kopf. »Nicht gut, die Schwellung hat sich vergrößert.«
»Verdammter…«
»Mist!« ergänzte der Peter Helfrich grimmig. »Und nur, weil der verehrte Herr Graf wieder einmal seine Unfähigkeit beweisen mußte.«
Zärtlich strich Philipp über den edlen Pferdekopf, was der Hengst hingebungsvoll mit halbgeschlossenen Augen genoß. Neugierig suchten die weichen Nüstern nach einem Leckerbissen in Philipps Jackentaschen.
»Wie ein Lämmchen!« stellte Philipp fest. »Es ist kaum zu glauben, daß sich Hurrican noch vor wenigen Minuten so wild gebärdete. Hatten Sie auch den Eindruck, er würde gleich auf Graf Rötten losgehen?«
»Wundert Sie das, Chef?« entgegnete Peter Helfrich trocken. »Der Gaul hat Charakter. Aber mich soll das ab jetzt nicht mehr kümmern.«
Es dauerte einen Augenblick, bis Philipp diese Anspielung verstand. »Sie haben Ihre Kündigung doch nicht ernst gemeint?«
Peter Helfrich erhob sich aus der Hocke und sah Philipp von Hanbaum ernst an. »Ich bin es gewohnt, zu meinem Wort zu stehen und eine Entscheidung niemals rückgängig zu machen.« Er zuckte mit den Schultern. »Tut mir leid, Chef. Mit Ihnen habe ich gerne zusamengearbeitet und Sie waren auch der Grund, weshalb ich hier geblieben bin. Aber nach dem Vorfall…?« Er schüttelte den Kopf. »Nein, es geht nicht mehr.«
Philipp von Hanbaum nickte verstehend. »Wenn ich Ihnen bei der Suche nach einer neuen Stelle behilflich sein kann, so…«
»Danke, Chef. Aber ich habe seit mehreren Monaten ein Angebot von Köhler-Lenau, das werde ich jetzt annehmen.«
»Ausgerechnet zu unserem schärfsten Konkurrenten werden Sie gehen?« seufzte Philipp von Hanbaum. »Da sehe ich noch weniger Chancen für unsere Turniererfolge.«
»Oh, es gäbe ein ganz probates Mittel«, grinste Peter Helfrich. »Stellen Sie einen besseren Trainer ein. Mit dem da«, er deutete auf den Schimmel, »haben Sie Chancen, alle großen Turniere zu gewinnen.«
»Das wäre großartig, grenzt aber nach meinem Ermessen an ein Wunder«, gab Philipp von Hanbaum zu und tätschelte den Hals des Hengstes. »Wir sind uns wohl darin einig, daß Hurrican nach seinen unguten Erfahrungen mit Herrn von Rötten nicht mehr jeden Reiter akzeptieren wird. Bis er sich an einen neuen Herrn gewöhnt hat, ist die Turniersaison vorbei.«
*
»Du solltest diesen unberechenbaren Mustang so schnell wie möglich wieder verkaufen«, forderte Michael von Rötten beim Diner seine Tante, Magdalena Fürstin von Mannengen, auf. »Je länger du wartest, desto größer werden deine Verluste sein. Mit seinem ausgeprägten Eigensinn ist Hurrican für den Turniersport ungeeignet.«
Schweigend löffelte Fürstin Magdalena ihre Suppe. Sie war eine mittelgroße Frau, Anfang sechzig, schlank und durchtrainiert. Ihre dunklen graumelierten Haare trug sie in einem praktischen Kurzhaarschnitt. Besonders auffallend war ihre fast militärisch gerade Haltung, die sie größer erscheinen ließ, als sie tatsächlich war.
»Ich wüßte auch bereits einen Käufer für ihn. Er würde den Hengst sofort übernehmen. Auf eigenes Risiko natürlich«, fuhr Graf Rötten fort. »Du darfst nicht zögern. Sollten Hurricans Verletzungen nicht zufriedenstellend verheilen, wird er für dich wertlos sein.«
Noch immer schwieg die Fürstin mit einem vielsagenden Gesichtsausdruck.
»Michaels Vorschlag klingt vernünftig, n’est ce pas?« Gewinnend lächelte Graf Michaels Mutter, Elisabeth Gräfin von Rötten, die Fürstin und ihren Gatten an. »Vergiß nicht, daß dieses Untier unseren Sohn bereits zweimal abgeworfen hat. Wie entsetzlich! Ich wage mir nicht auszumalen, was alles hätte passieren können.«
»Wir sollten Magdalena in ihrer Entscheidung nicht vorgreifen, Elisabeth«, fühlte sich ihr Mann, Rainer Graf von Rötten, genötigt zu sagen. »Was meint eigentlich Philipp zu all dem?«
»Was wird Philipp schon sagen?« fragte Michael verächtlich. »Er wird kaum einen Fehler zugeben. Nach wie vor vertritt er die Meinung, der Kauf dieses Killerhengstes sei eine hervorragende Investition.« Er lachte spöttisch. »Nun, es war nicht sein Geld, das er zum Fenster hinausgeworfen hat.«
Er beugte sich zu seiner Tante hinüber und tätschelte über den Tisch hinweg deren Hand. »Wie immer wirst du gewiß die richtige Entscheidung zum Wohle des Gestüts fällen, ma chère tante.«
Mit einer ärgerlichen Bewegung entzog die Fürstin ihrem Neffen die Hand. Sie griff nach ihrer Damastserviette und tupfte sich den Mund ab. Ihrem Wink folgend räumte Crispin, der ihr treu verbundene Butler, das Geschirr ab.
»Es freut mich, daß du mir noch so viel klaren Verstand zutraust, um die Wirtschaftlichkeit meiner Entscheidungen zu beurteilen«, sagte sie schließlich mit ungnädig klingender Stimme.
»Aber geliebtes Tantchen, ich…«
»Bitte, unterlasse dieses Gesülze«, wies Magdalena ihren Neffen zurecht. Sie haßte solche in ihre Entscheidungsmacht eingreifenden Gespräche über alles, insbesondere bei den Mahlzeiten. In diesem Falle aber versagte sie es sich, Michaels abfällige Worte zu ignorieren.
»Wenn ein Reiter es nicht erträgt, vom Pferd zu fallen, sollte er das Reiten fähigeren Leuten überlassen und darüber hinaus tunlichst den Mund halten.« Abfällig musterte sie ihren Neffen. »Meines Erachtens machst du im Ledersitz deines Sportwagens eine weitaus bessere Figur als im Sattel.«
»Aber Magdalena, was redest du?« entrüstete sich Elisabeth über die Worte ihrer älteren Stiefschwester. »Nach allem, was dir zugestoßen ist, solltest du mehr Verständnis und Sorgfalt walten lassen.«
»Bitte, wärme die alten Geschichten nicht immer aufs Neue auf, Elisabeth. Reiten ist riskant, und Unfälle passieren immer wieder. Ich kannte die Gefahren, denen man sich bei Vielseitigkeits-Turnieren stellt, zur Genüge und basta«, konterte die Fürstin, ehe sie sich wieder Michael zuwandte. »Und was Hurrican betrifft, so vertraue ich dem Urteil meines zuverlässigen Verwalters Philipp von Hanbaum.«
Inzwischen servierte Crispin das Hauptgericht.
»Aber du wirst doch zugeben, daß es an ein Wunder grenzte, würden wir es schaffen, den Hengst in acht Wochen im ersten großen Turnier der Saison starten zu lassen.«
»Zu dieser Komplikation hast du dank deines unüberlegten Leichtsinns dein Scherflein beigetragen«, reagierte die Fürstin kühl. Mit einem leichten Kopfnicken bedankte sie sich bei Crispin für die servierte Hauptspeise, eine Geste des Respekts, die sie bei ihren Dienstboten selten unterließ.
Unsicher lachte Michael auf. »Nun, wenn ich mit Hurrican bei den diesjährigen Turnieren starte, ist es nur zu verständlich, daß ich ihn vorher trainiere und mich mit ihm vertraut mache.«
»Es stand nie zur Debatte, daß du den Hengst auf einem Turnier reitest«, widersprach ihm die Fürstin. »Diese Aufgabe hatte ich Herrn Helfrich oder Philipp zugedacht.«
»Aber liebste Magdalena, du wirst doch nicht in Erwägung ziehen, unser Gestüt durch Domestiken vertreten zu lassen?« Eine Mischung aus Entrüstung und ungläubigem Amüsement schwang in Elisabeths Stimme mit.
Akkurat legte Magdalena von Mannengen