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»Melde gehorsamst, Herr Feldkurat, daß ich hier bin.«

      »Und was wollen Sie – hier?«

      »Melde gehorsamst, daß ich Sie abholn soll, Herr Feldkurat.«

      »Sie solln mich also abholen – und wohin gehn wir?«

      »In Ihre Wohnung, Herr Feldkurat.«

      »Und warum soll ich in meine Wohnung gehn, bin ich denn nicht in meiner Wohnung?«

      »Melde gehorsamst, Herr Feldkurat, daß Sie am Gang in einem fremden Haus sind.«

      »Und – wie – bin – ich hergekommen?«

      »Melde gehorsamst, Sie waren zu Besuch.«

      »Zu – zu – Besuch war ich – nicht. – Da – i-irren Sie sich.«

      Schwejk hob den Feldkuraten auf und stellte ihn an die Wand. Der Feldkurat taumelte von einer Seite zur andern, wälzte sich auf Schwejk und sagte: »Ich fall um.«

      »Fall um«, wiederholte er nochmals, blödsinnig lachend. Schließlich gelang es Schwejk, den Feldkuraten an die Wand zu drücken, worauf dieser in der neuen Position abermals zu schlummern anfing.

      Schwejk weckte ihn.

      »Was wünschen Sie?« sagte der Feldkurat mit dem vergeblichen Versuch, an der Wand hinabzugleiten und sich auf die Erde zu setzen. »Wer sind Sie eigentlich?«

      »Melde gehorsamst«, antwortete Schwejk, den Feldkuraten wieder an die Wand drückend, »ich bin Ihr Putzfleck, Herr Feldkurat.

      Ich hab keinen Putzfleck«, sagte der Feldkurat mühsam, mit einem neuen Versuch, auf Schwejk zu fallen, »ich bin kein Feldkurat.

      Ich bin ein Schwein«, fügte er mit der Aufrichtigkeit des Säufers hinzu, »lassen Sie mich los, mein Herr, ich kenn Sie nicht.«

      Der kleine Kampf endete mit dem völligen Sieg Schwejks. Schwejk nützte seinen Sieg dahin aus, daß er den Feldkuraten über die Treppe in den Hausflur schleppte, wo der Feldkurat Widerstand leistete, um nicht auf die Straße gezogen zu werden.

      »Ich kenne Sie nicht, mein Herr«, sagte er zu Schwejk während des Kampfes ununterbrochen: »Kennen Sie einen gewissen Otto Katz? Das bin ich.

      Ich war beim Bischof«, grölte er, während er sich am Haustor festhielt. »Der Vatikan interessiert sich für mich, verstehn Sie?«

      Schwejk ließ das: »Melde gehorsamst« beiseite und sprach mit dem Feldkuraten in rein vertraulichem Ton.

      »Laß los, sag ich«, rief er, »oder ich hau dir eins über die Pratzen. Wir gehn nach Haus und basta. Kein Wort mehr.« Der Feldkurat ließ die Türe los und umklammerte Schwejk: »Gehn wir also irgendwohin, aber zu ›Schuha‹ geh ich nicht, dort bin ich schuldig.«

      Schwejk drängte und trug ihn aus dem Hausflur hinaus und schleppte ihn übers Trottoir in der Richtung der Wohnung.

      »Was ist denn das für ein Herr?« fragte jemand von den Zuschauern auf der Straße.

      »Das is mein Bruder«, antwortete Schwejk, »er hat Urlaub bekommen, so is er mich besuchen gekommen und hat sich vor Freude besoffen, weil er geglaubt hat, daß ich tot bin.«

      Der Feldkurat, der irgendein Operettenmotiv vor sich hin pfiff, das niemand erkannt hätte, hatte die letzten Worte gehört, richtete sich auf und wandte sich an die Vorübergehenden: »Wer von euch tot ist, soll sich binnen drei Tagen beim Korpskommando melden, damit seine Leiche eingesegnet werden kann.«

      Dann verfiel er in Schweigen, bemüht, mit der Nase aufs Trottoir zu fallen, während Schwejk ihn unter den Armen nach Hause schleppte.

      Den Kopf nach vorn geneigt, die Füße nachschleppend, die er verwechselte, wie eine Katze mit zerschlagenem Rückgrat, summte der Feldkurat vor sich hin: »Dominus vobiscum – et cum spiritu tuo. Dominus vobiscum.«4

      Auf einem Droschkenplatz setzte Schwejk den Feldkuraten an die Mauer und ging zu einem Droschkenkutscher, um mit ihm wegen der Heimfahrt zu verhandeln.

      Einer der Droschkenkutscher erklärte, er kenne diesen Herrn sehr gut, er habe ihn einmal gefahren und werde es nie wieder tun.

      »Alles hat er mir bekotzt«, drückte er sich unverblümt aus, »und nicht mal für die Fahrt bezahlt. Über zwei Stunden hab ich ihn gefahren, bevor er seine Wohnung gefunden hat. Erst nach einer Woche, als ich vielleicht dreimal bei ihm war, hat er mir für alles fünf Kronen gegeben.«

      Nach langem Verhandeln entschloß sich einer von den Droschkenkutschern, ihn heimzufahren.

      Schwejk kehrte zu dem schlafenden Feldkuraten zurück. Den harten schwarzen Hut (er pflegte gewöhnlich in Zivil zu gehen) hatte ihm jemand vom Kopf genommen und fortgetragen.

      Schwejk weckte den Feldkuraten und beförderte ihn mit Hilfe des Droschkenkutschers in die Droschke. In der Droschke verfiel der Feldkurat in völlige Stumpfheit, hielt Schwejk für Oberst Just vom 75. Infanterieregiment und wiederholte einigemal hintereinander: »Sei nicht bös, Kamerad, daß ich dich duze, ich bin ein Schwein.«

      Eine Zeitlang schien es, als sei er durch das Rattern der Droschke zu Vernunft gekommen. Er setzte sich grade hin und begann ein Lied zu singen. Mag sein, daß es nur seiner Phantasie entsprungen war:

       Ich denk der schönen Tage,

       wo ich ihm am Schoße saß,

       ja, es klingt wie eine Sage:

       In Merklin bei Taus war das.

       Bald verfiel er jedoch wieder in vollständige Stumpfheit, und während er sich an Schwejk wandte, fragte er ihn, das eine Auge schließend: »Wie geht es Ihnen heute, gnädige Frau?

      Fahren Sie irgendwohin auf Sommerwohnung?« sagte er nach einer kurzen Pause, und alles doppelt sehend, fragte er: »Sie haben schon einen erwachsenen Sohn?« Dabei zeigte er mit dem Finger auf Schwejk.

      »Wirst du sitzen bleiben!« schrie Schwejk ihn an, als der Feldkurat auf den Sitz klettern wollte, »glaub nicht, daß ich dich nicht Ordnung lernen wer!«

      Der Feldkurat verstummte und schaute mit kleinen Schweinsäuglein aus der Droschke, ohne zu begreifen, was eigentlich mit ihm vorging.

      Er mengte alle Begriffe durcheinander und sagte, zu Schwejk gekehrt, beklommen: »Geben Sie mir erste Klasse, Frau.« Er machte den Versuch, die Hosen herunterzulassen.

      »Gleich knöpfst du dich zu, Schweinkerl!« schrie Schwejk ihn an, »alle Droschkenkutscher kennen dich schon, einmal hast du dich schon bekotzt, und jetzt noch das! Glaub nicht, daß du wieder was schuldig bleiben wirst wie das letztemal!«

      Der Feldkurat stützte den Kopf melancholisch auf die Hände und begann zu singen: »Mich hat schon keiner lieb …« Er unterbrach aber augenblicklich seinen Gesang und bemerkte: »Entschuldigen Sie, lieber Kamerad, Sie sind ein Trottl, ich kann singen, was ich will.«

      Er wollte offenbar irgendeine Melodie pfeifen, aber statt dessen strömte ein so mächtiges Prrr! von seinen Lippen, daß die Droschke stehenblieb.

      Als sie dann über Schwejks Aufforderung den Weg fortsetzten, versuchte der Feldkurat, sich die Zigarettenspitze anzuzünden.

      »Es brennt nicht«, sagte er verzweifelt, als er eine Schachtel Streichhölzer verbraucht hatte, »Sie blasen mir hinein.«

      Er verlor jedoch sofort wieder den Faden zur Fortsetzung und begann zu lachen: »Das ist ein Jux, wir sind allein in der Elektrischen, nicht wahr, Herr Kollege?« Er begann seine Taschen zu durchsuchen.

      »Ich hab die Karte verloren!« schrie er, »halten Sie an, die Karte muß sich finden!«

      Er winkte resigniert mit der Hand. »Fahren Sie nur …«

      Dann plapperte er: »In den meisten Fällen. – Ja, in Ordnung. – In allen Fällen. – Sie sind im Irrtum. – Zweiter Stock? Das ist eine Ausrede. – Es handelt

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