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Ich schenke dir den Tod. Ralf Gebhardt
Читать онлайн.Название Ich schenke dir den Tod
Год выпуска 0
isbn 9783958131125
Автор произведения Ralf Gebhardt
Жанр Языкознание
Серия Krimi
Издательство Bookwire
Noch immer brannte seine Hand von dem heftigen Schlag, den er sich mit dem Fleischklopfer verpasst hatte. Aber so war das eben, wenn man mal nicht aufpasste oder wenn ein Mädchen wie Jasmin auch noch mit in der Küche stand. Sie half ausnahmsweise mit, um die morgige Geburtstagsfeier im benachbarten Tanzsaal vorzubereiten, und mit ein bisschen Glück würde sie vielleicht sogar ein halbes Stündchen mitfeiern.
Wehmütig dachte Andre an seinen eigenen Geburtstag. In zwei Wochen schon würde er sechzehn sein. Und noch immer hatte er mit keinem Mädchen geschlafen. Es war zum Verrücktwerden, den ganzen Tag über dachte er nur an Mädchen, nackte Körper, Sex. Aber so durfte es jetzt nicht weitergehen, denn genau dann hätte er die Wette mit den Kumpels verloren. Nur diesen und den nächsten Freitag hatte er noch Zeit, Geld zu verdienen. Dann würde er sich neue Klamotten kaufen, in die Disko gehen, die Frauen beeindrucken. Und hoffentlich endlich mit einer schlafen.
Aus den Augenwinkeln sah er, wie Jasmin die Töpfe verrückte und Teller aus dem oberen Regal fischte. Dabei musste sie sich strecken, sodass ihr Kostüm verrutschte. Andre hielt erneut in seinen Bewegungen inne, betrachtete fasziniert ihre Waden und die Knie. Sie war 22, viel älter als er, und doch in seiner Fantasie genau das, wonach er sich am meisten sehnte.
Da wurde die Tür aufgerissen.
Andre zuckte so heftig zusammen, dass ihm fast das Messer aus der Hand gefallen wäre. Jasmin hingegen tat, als hätte sie nichts mitbekommen.
»He, Träumer, setz deine Mütze wieder auf und schneid weiter!«
Eine der beiden Küchenhelferinnen zwängte sich am Tisch vorbei. Wie die andere war sie alt, weit über 40, fett und auffallend geschminkt. Manchmal tanzten die beiden miteinander, hielten sich an den Händen, lachten und zogen sich den Lippenstift gegenseitig nach. Einmal hatten sie versucht, ihn von der Bank zu ziehen und in ihre Mitte zu nehmen. Aber weil er fluchtartig aus der Küche gestürmt war, hatten sie nur noch gelacht und ihn einen Feigling genannt.
Ein zweites Mal quetschte sich die Küchenhilfe jetzt an ihm vorbei. Andre setzte sich noch näher an den Tisch, zog sogar die Beine bis unters Holz. Trotzdem war ihm die Helferin so nah, dass er aus den Augenwinkeln jeden Fleck auf ihrem Kittel sehen konnte und ihren Knoblauchdunst und Schweißgeruch in die Nase bekam. Unter großer Selbstbeherrschung hielt er die Luft an. Versuchte, nicht unfreundlich zu sein, was in seinem Fall hieß, dass er sich ein Lächeln abrang und irgendetwas murmelte. Schließlich galt es später, mit ihnen das Trinkgeld zu teilen.
Endlich war sie weg, wahrscheinlich zurück in den Gastraum, zu der blöden anderen. Andre griff wieder zum Schälmesser. Schade, Jasmin war nicht mehr da. Sie war irgendwo im Gastraum, aber vielleicht musste sie gleich noch ein paar Teller mehr holen und sich wieder nach dem Regal strecken.
Statt Jasmin waren es leider die Küchenhelferinnen, die wenig später lärmend hereinkamen. Sie drehten die Musik sogar noch lauter und setzten sich zu ihm an den Tisch. Klar, ihre Schicht war vorbei und deswegen zogen sie wohl auch ihre Schuhe aus.
»Na Kleiner, wie geht’s?« Eine redete, die andere zwinkerte.
»Danke, gut, und selbst?«
»Prima, prima, lass uns was trinken.« Die Helferinnen grinsten sich an und stellten Apfelwein auf den Tisch. Dazu drei Steingutbecher.
»Der Chef ist schon los, aber keine Sorge, wir nehmen dich nachher mit dem Kleinbus mit.«
Andre prostete ihnen zu. Es tat gut, der Wein war angenehm kühl. Doch auf einmal hatte er allergrößte Mühe, die Augen offen zu halten.
Die beiden Frauen rückten näher. Eine beugte sich interessiert zu ihm vor.
»He Kleiner, was ist denn?«
Er wollte antworten, aber da war es bereits zu spät und er sackte weg.
Als er wieder aufwachte, spürte er nie gekannten Druck auf seinen Augen. Er versuchte sich zu konzentrieren, begriff schließlich, dass er auf dem Rücken lag. Sein Hals brannte schlimmer als die verletzte Hand. Vage erinnerte er sich an den Becher Apfelwein, als er neben sich ein undeutliches Kichern hörte. Ein paar Sekunden später riss ihm jemand das Klebeband von den Augen. André blinzelte, sah Waldboden und die Picknick-Decke, die sonst den Boden des Vans bedeckte. Neben ihm strahlte das fette Gesichtsrund der älteren Küchenhilfe. Ihr Oberkörper war nackt. Mit ihren runzligen Brüsten strich sie über seinen Arm, schob sich langsam näher, um mit ihrem mächtigen Busen schließlich sein Gesicht zu umschließen. Ihr Gewicht und der moderige Schweiß ihrer verfilzten Achselhaare nahmen ihm den Atem. Er begann zu würgen, dann sah er zwei Hände, die sich von hinten um die Quallenbrüste legten.
»He Schatz, lass mir was übrig, okay?«
Die Frauen küssten und streichelten sich. Irgendwann schob die Ältere Andres Arme nach oben und setzte sich darauf. Mit ihren Brüsten strich sie ihm jetzt links und rechts in rhythmischen Bewegungen über seine Ohren. Darauf zog sie ihre restliche Wäsche aus und saugte an seiner Nase. Ihr Geruch war sauer, die wenigen Zähne hatten die Farbe von erdigem Sand.
Seine Jeanshose wurde zerrissen. Dann die schwarzen, fettigen Haare der Jüngeren, die seinen Bauchnabel küsste. André zitterte, wollte schreien, doch sein Mund war verklebt. Die schwarzen Haare wanderten jetzt tiefer, Sabber tropfte auf seine Unterhose. André hörte, wie seine Peinigerin vor Vergnügen wohlig grunzte, bis sie mit einem gespielt hungrigen Schrei seine Shorts zerfetzte. Widerwillig spürte er, dass er reagierte, als sie ihn erst mit ihrer Zunge und dann dem Mund bearbeitete. Schließlich richtete sie sich auf, zog ihren Slip zur Seite und versuchte, sich langsam auf ihn zu setzen. Die Ältere riss ihm im gleichen Moment das Klebeband vom Mund, um sich direkt darüber in Position zu bringen. Andre wand sich wie ein Wahnsinniger, drückte dabei die Decke und sich selbst immer tiefer in den Waldboden. Doch die Frauen hielten ihn wie in einem Schraubstock umklammert und ließen keine Zweifel, dass sie ihn noch lange nicht freigeben würden.
Plötzlich knackte es. Er erstarrte und brüllte auf. Blut sickerte. Etwas Spitzes hatte sich aus dem Waldboden durch die Decke seitlich in seine Nieren gebohrt. Der Schmerz war so heftig, dass er das Bewusstsein verlor.
EINS
(Heute)
Das Telefon hatte den halleschen Kriminalhauptkommissar aus dem Schlaf gerissen. Er fühlte sich zu schwach, die Melodie, Highway to Hell, zu stoppen. Dabei war es der Hitze wegen ohnehin ein sehr ruheloser Schlaf gewesen. Draußen herrschten hochsommerliche Temperaturen, auch wenn es noch nicht einmal Pfingsten war.
Erst konnte er am Abend kaum einschlafen und dann hatte er sich nur unruhig hin und her gewälzt, wirres Zeug geträumt und war schließlich vom Telefonklingeln erlöst worden. Das Handy lag neben einer leeren Flasche auf der Schreibtischecke. Nein, ein Trinker war er gewiss nicht, aber er liebte das Samstagabend-Bier vor dem Fernseher, seine Ruhe, das Alleinsein. Niemand, der ihm sagte, was er zu tun oder zu lassen hatte. Keiner, der ihn von A nach B schickte und über seinen Tagesablauf bestimmte. Es war Sonntag, somit hatte Kriminalhauptkommissar Richard Störmer heute frei, eigentlich.
Die Nummer auf dem Display jedoch verriet nichts Gutes.
»Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd, Halle, guten Morgen, Herr Störmer.«
»Morgen.«
»Entschuldigen Sie, aber im Mansfelder Land wurden in einem Waldstück die Überreste einer Leiche gefunden. Die genauen Daten zum Fundort sende ich Ihnen gleich auf Ihr Handy. Ein Beamter wartet vor Ort auf Sie.«
»… weil …«
»Hm, Sie ahnen es, es ist von Fremdverschulden auszugehen. Es ist uns sowieso lieber, wenn gleich jemand dabei ist, na, Sie wissen schon …«
Kriminalhauptkommissar Richard Störmer war es in diesem Moment fast egal, ob Spuren aus Sorglosigkeit verwischt oder beschädigt wurden. Fakt war allein, dass es wieder jemandem gelungen war, über ihn zu bestimmen.
»Okay, rufen Sie ein Team der Spurensicherung, ich komme. In einer halben Stunde bin ich unterwegs.«
»Danke