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Hütte. Wir haben noch neun weitere freistehende Urlaubsdomizile, die liegen jedoch nicht an Ihrer Straße und sind alle besetzt, wir können uns über mangelnde Nachfrage nicht beklagen. Zum Glück! Abendessen gibt es von 19.00 Uhr bis 21.00 Uhr hier im Dorfkrug. Alles klar?“

      „Alles klar“, bestätigte ich und griff nach dem Schlüssel. „Ich bin pünktlich um 19.00 Uhr zum Abendessen da“, sagte ich noch abschließend und ging zu meinem Wagen.

      Ich stieg ein und fuhr los. Der Weg war wirklich einfach zu finden, nach gut zehn Minuten parkte ich vor meiner Hütte. Rundherum war ein Traum von Nichts. Außer der Hütte, die 500 Meter unter meiner lag, gab es weit und breit keine Menschenseele, genau das, was ich jetzt brauchte. Vor der Hütte stand unter dem verlängerten Dach eine Sitzecke aus Holz. Gemütlich. Auch drinnen war es heimelig, wie ich feststellte, als ich aufschloss. Die Hütte bestand aus nur drei Zimmern, das Hauptzimmer mit einer gemütlichen Sitzecke und einer integrierten Küche, ein geräumiges Schlafzimmer mit einem großen Doppelbett und ein Badezimmer mit einer großen Badewanne, die auf vorsintflutlichen Füßen stand. Hier ließ es sich leben, stellte ich fest.

      Schnell holte ich meinen Koffer aus dem Auto und warf ihn aufs Bett. Routiniert räumte ich die Kleidungsstücke in den Bauernschrank. Ganz unten lag mein Spielzeug, mit dem ich mir, anstelle eines Mannes, die Zeit vor dem Einschlafen versüßen wollte, mein Womanizer und die Liebeskugeln. Dass ich die Letzteren von meinem Verflossenen geschenkt bekommen hatte, tat nichts zur Sache. Sie kamen griffbereit in die Schublade der Kommode. Gemütlich rauchte ich noch eine Zigarette, bevor es so langsam Zeit wurde, zum Abendessen ins Dorf zu fahren.

      Dazu zog ich mir schnell meine enge Jeans und einen weißen, ebenfalls engen Pullover an. Weiße Turnschuhe vervollständigten meine Kleidung. Es war zwar erst Anfang August, aber am Abend wurde es hier in den Bergen doch schon empfindlich kühl. Ich setzte mich in mein Auto und fuhr die wenigen Kilometer hinunter ins Dorf. Die Anmietung der Berghütte beinhaltete ein Essen, sprich in diesem Fall, ein Abendessen. Für die restlichen Mahlzeiten waren die Mieter selbst verantwortlich. War mir aber auch lieb, nach der in die Brüche gegangenen Beziehung war mir nicht nach allzu viel menschlicher Gesellschaft. Neun Berghütten insgesamt vermietete der Hauswirt, und nach seinen Angaben waren alle derzeit belegt.

      Ich betrat das Gasthaus. Hier fiel man von der Tür in die Stube, stand direkt in der Gastwirtschaft mit der großen Theke. Ein Blick in die Runde, alle Tische waren belegt, hier an dem einen Tisch eine Familie mit zwei Kindern, dort ein Paar mit nur einem Kind, die anderen Tische waren zum Teil nur mit Paaren oder auch nur mit einer Person besetzt. Wo also, bitte schön, war mein Platz?

      „Frau Papadoupolus? Nana?“

      Ich zuckte zusammen, als ich so angesprochen wurde. Die junge Frau, nun im Dirndl, die mir bei meiner Ankunft den Schlüssel ausgehändigt hatte und unbemerkt zu mir getreten war, blickte mich entschuldigend an. Sie trug die Schleife ihrer Schürze links. Das hieß vergeben. Oder war es umgekehrt? Ach, war doch egal.

      „Ja?“, antwortete ich.

      „Ich bin die Anja, ich kümmere mich in der Zeit, wo du hier bist, um dich“, erklärte diese Anja weiter.

      Ich war ein wenig angezickt. So ohne weiteres geduzt zu werden, passte mir eigentlich nicht in den Kram. Schließlich hatte ich mit ihr ja wohl nicht im Sandkasten gespielt.

      „Nana? Du hast doch nichts dagegen, wenn ich dich duze? Wir sind hier oben alle eine große Familie“, fragte sie mich und nahm mir so den Wind aus den Segeln.

      „Nein, nein“, antwortete ich genervt. „Wo soll ich sitzen?“, fragte ich und schaute in die Runde. Ich wollte diese aufdringliche Person so schnell wie möglich loswerden.

      „Dort drüben, bei Herrn Durand. Bei Marc“, antwortete sie mir und wies mit dem Kinn zu einem Tisch in der Ecke, an dem schon ein großer, schwarzhaariger und recht düster aussehender Typ Platz genommen hatte. Er sah eigentlich gut aus, muskulös, breitschultrig, Haare etwas länger, als es derzeit modern war, an und für sich mein Beuteschema, wenn ich davon absah, dass ich gerade auf eine gescheiterte Beziehung zurückblickte.

      „Komm, ich mache euch kurz bekannt“, sprach Anja weiter und schritt auf den Tisch zu, ohne sich darum zu kümmern, ob ich nun mitkam oder nicht.

      Ich folgte ihr, mir blieb ja auch nichts anderes übrig. Wenn ich etwas essen wollte, musste ich mich wohl oder übel zu dem Typen setzen. Fürs Essen werde ich das ja wohl aushalten können, danach habe ich ja wieder meine Ruhe, dachte ich so bei mir.

      „Marc Durand? Marc?“, sprach Anja den Dunkelhaarigen an, als wir an dem Tisch angekommen waren.

      Der Mann hob seinen Kopf, hatte sich zuvor mit seinem Handy beschäftigt und scheinbar Nachrichten beantwortet.

      „Ja?“, fragte er eher gelangweilt.

      Arrogantes Arschloch, war meine erste Einschätzung.

      „Das ist Nana Papadoupolus. Sie hat die Hütte 500 Meter über der Ihren und ist für die Zeit Ihres Aufenthaltes Ihre Tischnachbarin.“

      „Wenn es denn so sein muss.“ Das klang nun echt gelangweilt.

      „Ihr rauft Euch schon zusammen“, überging Anja gut gelaunt seine ablehnende Haltung. „Es gibt abends immer Buffet“, informierte mich Anja, während ich mich setzte. „Drei Getränke nach Wahl gehören dazu, harte Spirituosen ausgenommen. Was darf es für dich sein?“, fragte sie mich.

      Ich bestellte ein Pils, während mein zukünftiger Tischnachbar sich einen Schluck Rotwein genehmigte.

      Dieser Marc lächelte süffisant und wurde mir so immer unsympathischer. Um noch kein Gespräch anfangen zu müssen, stand ich auf und ging hinüber zum Buffet. Ich nahm mir einen großen Teller und Besteck und nahm mir von jedem ein klein wenig, ein Stück Käse hier, ein bisschen Wurst da, ein wenig Fleischsalat, nichts Großes halt. Zu schnell hatte ich keinen Grund mehr, nicht zu dem Tisch zurückzumüssen.

      Mein Bier stand schon da, als ich den Teller abstellte und mich erneut setzte. Meine Handlung wurde von diesem Marc schweigend beobachtet. Er machte sich noch nicht einmal die Mühe zu verbergen, dass er mich genauestens taxierte.

      Selbstherrlicher Macho, dachte ich mir wieder, lächelte ihn dabei aber zuckersüß an.

      „Guten Abend, Herr Durand!“, begrüßte ich meinen Tischnachbar. „Meinen Namen kennen Sie ja schon. Hören Sie, ich bin auch nicht sonderlich begeistert, keinen Tisch für mich allein zu haben, aber da wir uns höchstens beim Essen begegnen, sollte es uns doch gelingen, in der kurzen Zeit wie zivilisierte Menschen miteinander umgehen zu können, meinen Sie nicht auch?“

      „An mir soll es nicht liegen, Süße“, antwortete dieser Marc arrogant.

      „Eines möchte ich hier klarstellen“, fauchte ich ihn jetzt an. „Wir waren nicht zusammen im Kindergarten, Herr Durand“, dabei betonte ich bewusst das „Herr“. „Es besteht also keinerlei Veranlassung für Sie, mich zu duzen.“

      Vor lauter Ärger nahm ich einen großen Schluck aus meinem Glas. Dann fing ich an, zu essen, vor lauter Wut nahm ich kaum wahr, was ich da so zu mir nahm. Die ganze Zeit über beobachtete mich der Kerl unverhohlen.

      Das erste Glas war leer. Drei Getränke waren frei und ich gedachte alles auszunutzen, was ich auch für lau bekommen konnte, ich bestellte also Glas Nummer zwei. Der schwarzhaarige Schnösel runzelte die Stirn. Passte ihm wohl nicht, mein Bierkonsum. Um ihn zu ärgern, prostete ich ihm noch zu, bevor ich das zweite Glas in Angriff nahm. Das kleine Teufelchen in mir schlug vor Freude Purzelbäume, als ich sah, dass sein Stirnrunzeln noch bedrohlicher wurde.

      „Was hast Du denn hier so vor?“, fragte Marc mich und missachtete bewusst, dass ich von ihm nicht geduzt werden wollte.

      Ich beschloss, das zu ignorieren, innerlich kochte ich hingegen inzwischen so richtig.

      „Ich wüsste zwar nicht, was Sie das eigentlich angeht, aber außer, dass ich mich hier

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