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zu räsonieren, und das ist kein übles Zeichen. Existiere ich überhaupt nur durch mein eignes Bewußtsein, so kommt es nur darauf an, daß dies Bewußtsein dem Bewußten die Hanswurstjacke ausziehe, und ich selbst stehe da als solider Gentleman. – O Gott! – ist aber ein genialer Friseur nicht schon an und vor sich selbst ein gesetzter Hasenfuß? – Hasenfüßigkeit schützt vor allem Wahnsinn, und ich kann Euch versichern, ehrwürdiger Herr! daß ich auch bei Nordnordwest einen Kirchturm von einem Leuchtenpfahl genau zu unterscheiden vermag.” – “Ist dem wirklich so”, sprach ich, “so beweisen Sie es dadurch, daß Sie mir ruhig den Hergang der Sache erzählen, wie Sie mich fanden und wie Sie mich herbrachten.” “Das will ich tun”, erwiderte Schönfeld, “unerachtet der geistliche Herr hier ein gar besorgliches Gesicht schneidet; erlaube aber, Bruder Medardus, daß ich dich als meinen Schützling mit dem vertraulichen Du anrede. – Der fremde Maler war den ändern Morgen, nachdem du in der Nacht entflohen, auch mit seiner Gemäldesammlung auf unbegreifliche Weise verschwunden. Sosehr die Sache überhaupt anfangs Aufsehen erregt hatte, so bald war sie doch im Strome neuer Begebenheiten untergegangen. Nur als der Mord auf dem Schlosse des Barons F. bekannt wurde, als die …sche Gerichte durch Steckbriefe den Mönch Medardus aus dem Kapuzinerkloster zu B. verfolgten, da erinnerte man sich daran, daß der Maler die ganze Geschichte im Weinhause erzählt und in dir den Bruder Medardus erkannt hatte. Der Wirt des Hotels, wo du gewohnt hattest, bestätigte die Vermutung, daß ich deiner Flucht förderlich gewesen war. Man wurde auf mich aufmerksam, man wollte mich ins Gefängnis setzen. Leicht war mir der Entschluß, dem elenden Leben, das schon längst mich zu Boden gedrückt hatte, zu entfliehen. Ich beschloß, nach Italien zu gehen, wo es Abbates und Frisuren gibt. Auf meinem Wege dahin sah ich dich in der Residenz des Fürsten von ***. Man sprach von deiner Vermählung mit Aurelien und von der Hinrichtung des Mönchs Medardus. Ich sah auch diesen Mönch – Nun! – dem sei, wie ihm wolle, ich halte dich nun einmal für den wahren Medardus. Ich stellte mich dir in den Weg, du bemerktest mich nicht, und ich verließ die Residenz, um meine Straße weiterzuverfolgen. Nach langer Reise rüstete ich mich einst in frühster Morgendämmerung, den Wald zu durchwandern, der in düstrer Schwärze vor mir lag. Eben brachen die ersten Strahlen der Morgensonne hervor, als es in dem dicken Gebüsch rauschte und ein Mensch mit zerzaustem Kopfhaar und Bart, aber in zierlicher Kleidung, bei mir vorübersprang. Sein Blick war wild und verstört, im Augenblick war er mir aus dem Gesicht verschwunden. Ich schritt weiter fort, doch wie entsetzte ich mich, als ich dicht vor mir eine nackte menschliche Figur, ausgestreckt auf dem Boden, erblickte. Ich glaubte, es sei ein Mord geschehen und der Fliehende sei der Mörder. Ich bückte mich herab zu dem Nackten, erkannte dich und wurde gewahr, daß du leise atmetest. Dicht bei dir lag die Mönchskutte, die du jetzt trägst; mit vieler Mühe kleidete ich dich darin und schleppte dich weiter fort. Endlich erwachtest du aus tiefer Ohnmacht, du bliebst aber in dem Zustande, wie ihn dir der ehrwürdige Herr hier erst beschrieben. Es kostete keine geringe Anstrengung, dich fortzuschaffen, und so kam es, daß ich erst am Abende eine Schenke erreichte, die mitten im Walde liegt. Wie schlaftrunken ließ ich dich auf einem Rasenplatze zurück und ging hinein, um Speise und Trank zu holen. In der Schenke saßen ***sche Dragoner, die sollten, wie die Wirtin sagte, einem Mönch bis an die Grenze nachspüren, der auf unbegreifliche Weise in dem Augenblicke entflohen sei, als er schwerer Verbrechen halber in *** hätte hingerichtet werden sollen. Ein Geheimnis war es mir, wie du aus der Residenz in den Wald kamst, aber die Überzeugung, du seist eben der Medardus, den man suche, hieß mich alle Sorgfalt anwenden, dich der Gefahr, in der du mir zu schweben schienst, zu entreißen. Durch Schleichwege schaffte ich dich fort, über die Grenze, und kam endlich mit dir in dies Haus, wo man dich und auch mich aufnahm, da ich erklärte, mich von dir nicht trennen zu wollen. Hier warst du sicher, denn in keiner Art hätte man den aufgenommenen Kranken fremden Gerichten ausgeliefert. Mit deinen fünf Sinnen war es nicht sonderlich bestellt, als ich hier im Zimmer bei dir wohnte und dich pflegte. Auch die Bewegung deiner Gliedmaßen war nicht zu rühmen, Noverre und Vestris hätten dich tief verachtet, denn dein Kopf hing auf die Brust, und wollte man dich gerade aufrichten, so stülptest du um, wie ein mißratner Kegel. Auch mit der Rednergabe ging es höchst traurig, denn du warst verdammt einsilbig und sagtest in aufgeräumten Stunden nur >Hu hu< und >Me … me …<, woraus dein Wollen und Denken nicht sonderlich zu vernehmen und beinahe zu glauben, beides sei dir untreu worden und vagabondiere auf seine eigene Hand oder seinen eignen Fuß. Endlich wurdest du mit einemmal überaus lustig, du sprangst hoch in die Lüfte, brülltest vor lauter Entzücken und rissest dir die Kutte vom Leibe, um frei zu sein von jeder naturbeschränkenden Fessel – Dein Appetit…” “Halten Sie ein, Schönfeld”, unterbrach ich den entsetzlichen Witzling, “halten Sie ein! Man hat mich schon von dem fürchterlichen Zustande, in den ich versunken, unterrichtet. Dank sei es der ewigen Langmut und Gnade des Herrn, Dank sei es der Fürsprache der Gebenedeiten und der Heiligen, daß ich errettet worden bin!” – “Ei, ehrwürdiger Herr!” fuhr Schönfeld fort, “was haben Sie denn nun davon! ich meine von der besonderen Geistesfunktion, die man Bewußtsein nennt und die nichts anders ist als die verfluchte Tätigkeit eines verdammten Toreinnehmers – Akziseoffizianten – Oberkontrollassistenten, der sein heilloses Comptoir im Oberstübchen aufgeschlagen hat und zu aller Ware, die hinaus will, sagt: >Hei … hei … die Ausfuhr ist verboten… im Lande, im Lande bleibt’s.< – Die schönsten Juwelen werden wie schnöde Saatkörner in die Erde gesteckt, und was emporschießt, sind höchstens Runkelrüben, aus denen die Praxis mit tausend Zentner schwerem Gewicht eine Viertelunze übelschmeckenden Zucker preßt… Hei hei … und doch sollte jene Ausfuhr einen Handelsverkehr begründen mit der herrlichen Gottesstadt da droben, wo alles stolz und herrlich ist. – Gott im Himmel! Herr! Allen meinen teuer erkauften Puder à la Maréchal oder à la Pompadour oder à la reine de Golconde hätte ich in den Fluß geworfen, wo er am tiefsten ist, hätte ich nur wenigstens durch Transito-Handel ein Quentlein Sonnenstäubchen von dorther bekommen können, um die Perücken höchst gebildeter Professoren und Schulkollegen zu pudern, zuvörderst aber meine eigne! – Was sage ich? Hätte mein Dämon Ihnen, ehrwürdigster aller ehrwürdigen Mönche, statt des flohfarbnen Fracks einen Sonnenmatin umhängen können, in dem die reichen, übermütigen Bürger der Gottesstadt zu Stuhle gehen, wahrhaftig, es wäre, was Anstand und Würde betrifft, alles anders gekommen; aber so hielt Sie die Welt für einen gemeinen glebae adscriptus und den Teufel für Ihren Cousin germain” – Schönfeld war aufgestanden und ging oder hüpfte vielmehr, stark gestikulierend und tolle Gesichter schneidend, von einer Ecke des Zimmers zur ändern. Er war im vollen Zuge, wie gewöhnlich sich in der Narrheit durch die Narrheit zu entzückend, ich faßte ihn daher bei beiden Händen und sprach: “Willst du dich denn durchaus statt meiner hier einbürgern? Ist es dir denn nicht möglich, nach einer Minute verständigen Ernstes das Possenhafte zu lassen?” Er lächelte auf seltsame Weise und sagte: “Ist wirklich alles so albern, was ich spreche, wenn mir der Geist kommt?” “Das ist ja eben das Unglück”, erwiderte ich, “daß deinen Fratzen oft tiefer Sinn zum Grunde liegt, aber du vertrödelst und verbrämst alles mit solch buntem Zeuge, daß ein guter, in echter Farbe gehaltener Gedanke lächerlich und unscheinbar wird, wie ein mit scheckigen Fetzen behängtes Kleid. – Du kannst wie ein Betrunkener nicht auf gerader Schnur gehen, du springst hinüber und herüber – deine Richtung ist schief!” – “Was ist Richtung”, unterbrach mich Schönfeld leise und fortlächelnd mit bittersüßer Miene. “Was ist Richtung, ehrwürdiger Kapuziner? Richtung setzt ein Ziel voraus, nach dem wir unsere Richtung nehmen. Sind Sie Ihres Zieles gewiß, teurer Mönch? – Fürchten Sie nicht, daß Sie bisweilen zu wenig Katzenhirn zu sich genommen, statt dessen aber im Wirtshause neben der gezogenen Schnur zu viel Spirituöses genossen und nun wie ein schwindliger Turmdecker zwei Ziele sehen, ohne zu wissen, welches das rechte? – Überdem, Kapuziner! vergib es meinem Stande, daß ich das Possenhafte als eine angenehme Beimischung, spanischen Pfeffer zum Blumenkohl, in mir trage. Ohne das ist ein Haarkünstler eine erbärmliche Figur, ein armseliger Dummkopf, der das Privilegium in der Tasche trägt, ohne es zu nutzen zu seiner Lust und Freude.” Der Geistliche hatte bald mich, bald den grimassierenden Schönfeld mit Aufmerksamkeit betrachtet; er verstand, da wir deutsch sprachen, kein Wort; jetzt unterbrach er unser Gespräch. “Verzeihet, meine Herren! wenn es meine Pflicht heischt, eine Unterredung zu enden, die euch beiden unmöglich wohltun kann. Ihr seid, mein Bruder, noch zu sehr geschwächt, um von Dingen, die wahrscheinlich aus Euerm frühern Leben schmerzhafte Erinnerungen aufregen, so anhaltend fortzusprechen; Ihr könnet
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