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Edgar Wallace: 69 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Edgar Wallace
Читать онлайн.Название Edgar Wallace: 69 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band
Год выпуска 0
isbn 9788027204168
Автор произведения Edgar Wallace
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Leider hatte er keine guten Nachrichten – Mrs. Bell war nicht zurückgekehrt.
»Gehen wir doch an Bord«, sagte er. »Ich habe so eine Ahnung …«
Sie ließen sich zur ›Seabreaker‹ hinüberrudern? und in der Kajüte erklärte ihnen der Kapitän, was ihm eingefallen war.
»Ich muß vorausschicken, daß es nur ein Verdacht ist«, begann er, »aber irgendwie habe ich das Gefühl, daß meine Beobachtung mit dem Verschwinden Mrs. Bells zusammenhängt. Es handelt sich um folgendes: Wie Sie sich denken können, kenne ich durch meine ständigen Fahrten so ziemlich jedes neue Gebäude, das am Themseufer errichtet wird. Vor drei Monaten nun habe ich gesehen, daß zwischen Tilbury und Barking ein neues Bootshaus gebaut wurde. Ich fand das seltsam, da meiner Meinung nach dieser Liegeplatz für ein Vergnügungsboot nicht sehr günstig gewählt ist.«
»Was verstehen Sie unter einem Vergnügungsboot?« erkundigte sich Gold.
»Nun, eben ein Motorboot, das nur für Vergnügungsfahrten benutzt wird. Dieses Motorboot ist aber etwas Besonderes. Es hat einen ungewöhnlich starken Motor und ist meiner Meinung nach auf kürzeren Strecken ohne weiteres seetüchtig. Ich will damit sagen, daß das Boot für irgendeinen bestimmten Zweck gebaut worden sein muß. Einmal habe ich es im Wasser gesehen – der Besitzer machte eine Probefahrt damit; seit dieser Zeit aber liegt es in einem Schuppen an Land und wird nur ab und zu von einem Mann kontrolliert. Eines Tages lagen wir in der Nähe, um auf Mrs. Bell zu warten, und mein Sohn unterhielt sich ein wenig mit diesem Mann, einem arbeitslosen Mechaniker, Dabei erfuhr er, daß das Boot genügend Brennstoff und Vorräte an Bord hat, um sich einige Wochen lang auf hoher See zu halten.«
»Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen«, meinte Gold nachdenklich. »Das wäre für Helder eine Möglichkeit, England zu verlassen, wenn er eine Katastrophe für sich herannahen sieht. Ich muß sagen, ich halte es für sehr wahrscheinlich, daß Helder jetzt auf diese Weise zu entkommen versucht.«
»Ganz richtig«, warf Captain Lauder eifrig ein. »Der Mann, der mit meinem Sohn sprach, erzählte nämlich noch, daß der Besitzer des Bootes ein Amerikaner sei.«
»Schön«, sagte Bell. »Dann wird es am besten sein, wir fahren sofort zu diesem geheimnisvollen Bootshaus. Finden wir dort nichts Verdächtiges vor, dann lassen wir einen Beobachtungsposten zurück und dampfen nach London.«
Der Kapitän lief zur Kommandobrücke, und einige Minuten später hatte die ›Seabreaker‹ die Anker gelichtet und keuchte den Strom hinauf.
Die Nacht war sehr dunkel. Drei große Schiffe passierten sie, die mit der Ebbe zur offenen See hinausfuhren, aber sie sahen nichts von dem Motorboot, bis sie an Tilbury vorbeikamen.
Captain Lauder hatte die schärfsten Augen. Er stieß einen lauten Ruf aus und legte gleichzeitig das Steuer herum, sodaß der Schlepper eine scharfe Kurve beschrieb.
»Dort!« rief der Kapitän und deutete auf den Fluß. Ein langgestrecktes, schnittiges Motorboot war in voller Fahrt an der ›Seabreaker‹ vorübergeglitten. Deutlich hörten sie das Dröhnen seiner schweren Maschine.
Die kleine hintere Kabine des Motorbootes war hell erleuchtet, aber plötzlich erloschen die Lichter.
»Es fährt ein wenig zu schnell für unser Schiff«, knurrte der Kapitän, »Wenn wir aufs offene Meer hinauskommen, wird sich das aber schon ändern – wir haben ziemlichen Wellengang.«
Bell hatte sich einen Feldstecher geholt und schaute unentwegt zu dem schwarzen Schatten hinüber, der vor ihnen dahinglitt. Captain Lauder ließ das Letzte aus den Maschinen herausholen, und die ›Seabreaker‹ brachte es fertig, daß sich die Entfernung etwas verringerte.
»Natürlich könnte es auch irgendein anderes Fahrzeug sein«, meinte Gold. »Eigentlich glaube ich das aber nicht – es ist schon verdächtig genug, daß es mit vollständig abgeblendeten Lichtern fährt.«
»Ich glaube …«, begann Comstock Bell eben, als über das Wasser herüber zwei schrille Schreie drangen. Sie konnten von dem Motorboot kommen«.
In der Kabine flammte plötzlich wieder Licht auf, und zwei Gestalten hoben sich einen Augenblick silhouettenhaft gegen die Kabinenfenster ab.
Comstock Beil konnte durch sein Fernglas deutlich einen Mann und eine Frau unterscheiden, die an der Reeling miteinander rangen – im nächsten Augenblick trennten sie sich, und die eine Gestalt fiel mit einem Aufschrei in das dunkle Wasser.
»Es ist eine Frau …«, sagte er mit heiserer, erstickter Stimme.
21
Auf einer verlassenen Strecke der Cambridge Road mußte Helder die Geschwindigkeit seines Wagens abbremsen. Vor sich auf der Straße sah er ein Auto, das offensichtlich Panne gehabt hatte. Mit dem Vorderteil stand es quer zur Fahrbahn, so daß Helder gezwungen war, einen Bogen um das Hindernis zu machen und ganz langsam zu fahren. Seine Scheinwerfer leuchteten dabei in das Innere des Wagens – einer Frau direkt ins Gesicht; die allein auf dem Rücksitz saß; offensichtlich war der Chauffeur fortgegangen, um Hilfe zu holen.
Die Frau war Mrs. Bell.
Helder bremste scharf, sprang aus dem Wagen und riß die Tür des andern Autos auf. Soviel Glück hatte er nicht erwartet.
»Sie werden mich begleiten müssen, Mrs. Bell«, sagte er hastig.
Sie gab ihm keine Antwort, sondern schaute schnell die Straße entlang, ob niemand in der Nähe sei, den sie um Hilfe bitten konnte. Weit und breit war kein Mensch zu entdecken. Ihr war klar, daß sie sich in großer Gefahr befand.
Helder hielt bereits die Tür seines Wagens auf und befahl ihr mit einer drohenden Geste, einzusteigen.
»Ich fahre auf keinen Fall mit Ihnen«, erklärte sie entschlossen.
»Steigen Sie sofort ein!« schrie Helder wütend.
Sie schrak zurück, aber er packte sie roh am Arm und zerrte sie in den Wagen.
»Nehmen Sie Mrs. Bell in die Mitte«, befahl er seinen Begleitern, »und wenn sie schreit, dann bringen Sie sie zum Schweigen!«
Der Wagen fuhr an den ihm entgegenkommenden Fahrzeugen in einem Höllentempo vorbei. Spät am Abend erreichten sie London. Helder vermied die verkehrsreichen Gegenden und suchte seinen Weg hauptsächlich durch die stillen Vororte. Er fuhr immer weiter nach Osten, bis die Stadt wieder hinter ihnen lag und sie durch das Flachland von Essex kamen.
Helder hatte sich schon seit langer Zeit auf eine Flucht vorbereitet. Er kaufte und mietete an allen möglichen Orten kleine Landhäuser, denn er kannte den Wert eines sicheren Schlupfwinkels.
Zehn Meilen von Barking entfernt zieht sich ein öder, flacher Landstrich bis an die Flußufer hin. Einige düster aussehende Fabriken, ein Flugplatz und große Kohlenlager befanden sich an der Flußseite.
Helder lenkte seinen Wagen dorthin. Er schien den Weg genau zu kennen.
»Hier steigen wir aus«, sagte er plötzlich.
Es war kein Haus in der Nähe zu entdecken. Sie schienen die einzigen lebenden Wesen in dieser feuchten, unwirtlichen Gegend zu sein. Verity konnte nur noch die aufgeschichteten Kohlenhaufen sehen. Einen Augenblick fürchtete sie für ihr Leben.
Helder packte sie am Arm und zog sie hinter sich her.
»Es geschieht Ihnen nichts, wenn Sie vernünftig sind«, flüsterte er.
Sie ließen das Kohlenlager links liegen und gingen ungefähr eine Viertelstunde lang über unebenes Gelände;